02.03.2018 Aufrufe

Festschrift zum 127. Deutschen Fleischer-Verbandstag 2017

  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

44 Verbandsarbeit Deutscher <strong>Fleischer</strong>-<strong>Verbandstag</strong> <strong>2017</strong><br />

verlieren, denn sie wissen, dass manches<br />

einfach nicht stimmen kann.<br />

Dabei wäre das alles gar nicht nötig.<br />

Es ist doch in der Branche unbestritten,<br />

dass die ganz überwiegende<br />

Mehrheit der Landwirte völlig einwandfrei<br />

arbeitet, und zwar unabhängig<br />

von der Größe. Ebenso anerkannt<br />

ist, dass vielerorts echte Fortschritte in<br />

der Tierhaltung erreicht wurden, und<br />

zwar sowohl hinsichtlich der Kosteneffizienz<br />

und der Qualität als auch<br />

hinsichtlich des Tierschutzes. Es wird<br />

Zeit, dass hier insgesamt ehrlicher dargestellt<br />

wird. Wer Vertrauen gewinnen<br />

und behalten will, dem hilft nur<br />

Transparenz, Offenheit und Ehrlichkeit.<br />

Also: Ställe auf. Lasst die Leute reinschauen.<br />

Es gibt unterschiedliche Haltungsformen,<br />

aber keine davon muss<br />

man verstecken. Und wenn doch,<br />

dann sollte sie schleunigst geändert<br />

werden, denn man soll sich nicht einbilden,<br />

dass sich die kritische Haltung<br />

des Verbrauchers in Zukunft abmildern<br />

wird.<br />

„Wachse oder Weiche“<br />

Neben unzureichender Transparenz<br />

gibt es möglicherweise noch einen<br />

anderen hausgemachten Grund für<br />

die Distanz zur Landwirtschaft: Die<br />

derzeitige marktpolitische Ausrichtung.<br />

Wirtschaftliche Zwänge sollen<br />

nicht geleugnet werden. Aber vielleicht<br />

war es doch nicht so ganz optimal,<br />

der Losung „Wachse oder Weiche“<br />

in dieser Wucht zu folgen.<br />

Größe bringt natürlich betriebswirtschaftliche<br />

Vorteile. Sie bringt aber<br />

auch neue Herausforderungen und<br />

Abhängigkeiten. Große Einheiten verschärfen<br />

eben auch den Wettbewerb,<br />

denn das Angebot wird anonymer<br />

und der Preis wird immer wichtiger.<br />

Durch Export erschließt man zwar tolle<br />

Absatzmärkte, aber wer dabei die<br />

heimischen Regionen vergisst, der<br />

braucht sich nicht wundern, wenn er<br />

irgendwann davon abhängig ist, ob<br />

die Chinesen gerade Lust auf deutsches<br />

Schweinefleisch haben.<br />

Industrielle Landwirtschaft und industrielle<br />

Schlachtung bringen größten<br />

Kostendruck. Klar, dass man bei solchen<br />

Strukturen nur wenig finanziellen<br />

Spielraum für Weiterentwicklungen<br />

in der Tierhaltung hat. Jetzt versucht<br />

man, mit einer eigenen Initiative<br />

mehr Geld für mehr Tierwohl zu bekommen.<br />

Ob das hilft, darf man kritisch<br />

sehen, denn ein Freikaufen des<br />

Handels ohne direkten Bezug <strong>zum</strong> angebotenen<br />

Fleisch könnte als weiterer<br />

Versuch der Verschleierung gewertet<br />

werden.<br />

Es wäre besser gewesen, die Landwirtschaft<br />

hätte großflächiger als jetzt<br />

auf Partner gesetzt, die bereit sind, einen<br />

fairen Preis zu zahlen, der auch<br />

sehr gute Haltungsbedingungen ermöglicht.<br />

Dort, wo die Partnerschaft<br />

zwischen Bauern und <strong>Fleischer</strong>n noch<br />

gut funktioniert, hat man sich meist<br />

bestens arrangiert. Sind die Preise<br />

niedrig, zahlt der <strong>Fleischer</strong> einen Mindestpreis,<br />

mit dem der Bauer noch gut<br />

zurechtkommt. Sind die Preise hoch,<br />

gibt es im Gegenzug einen Höchstpreis.<br />

So funktioniert das seit Jahrzehnten<br />

und zwar ohne Siegel, die<br />

keiner versteht.<br />

Offenheit und Rückbesinnung<br />

Um das lädierte Image der Landwirtschaft<br />

aufzupolieren, bräuchte es also<br />

zweierlei.<br />

Erstens: Absolute Offenheit und größtmögliche<br />

Transparenz. Man muss endlich<br />

aufhören, den Verbrauchern etwas<br />

vormachen zu wollen, denn das spielt<br />

denjenigen in die Hände, die aus ideologischen<br />

Gründen auch die Arbeit von<br />

guten und sorgfältigen Betrieben<br />

schlechtreden.<br />

Zweitens: Es braucht die Rückbesinnung<br />

auf regionale Strukturen. Ohne<br />

breiten Rückhalt in der Gesellschaft ist<br />

Nutztierhaltung in Deutschland nicht<br />

möglich. Den gewinnt man aber nur,<br />

wenn man weiß, was die Leute wollen.<br />

Das <strong>Fleischer</strong>handwerk kann hier<br />

Antworten liefern, denn hier gibt es<br />

tagtäglich viele hunderttausend ganz<br />

persönliche Kundenkontakte.<br />

So viel Idealismus sei erlaubt: Solange<br />

das <strong>Fleischer</strong>handwerk der wichtigste<br />

Partner der Landwirtschaft war, gab<br />

es für die Bauern auskömmliche Preise,<br />

stabile Märkte, Hochachtung für<br />

Tierhalter und Verarbeiter sowie Wertschätzung<br />

für Fleisch und <strong>Fleischer</strong>zeugnisse.<br />

Man muss die Uhr nicht<br />

zurückdrehen wollen, aber man kann<br />

die Zukunft auf Grundlage dieser Erkenntnis<br />

gestalten.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!