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SPORTaktiv April 2018

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Gefahr schließen. Noch ein Punkt: Wer<br />

Risikosituationen kennt und in Spannungssituationen<br />

erfahren ist, kann<br />

besser damit umgehen – zum Beispiel<br />

sich bewusst entspannen. Und er weiß,<br />

auf seine Intuition zu vertrauen. Hier<br />

wirken die im Sport gemachten Erfahrungen<br />

auf andere Lebensbereiche.<br />

„Wir sollten uns von der Illusion einer<br />

umfassenden Berechenbarkeit und Kontrollierbarkeit<br />

verabschieden“, fordert der<br />

Experte. „Trotzdem müssen wir nicht<br />

in Angststarre verfallen, denn gute Entscheidungen<br />

sind in jedem Fall möglich.<br />

Je berechenbarer eine Situation ist, desto<br />

sinnvoller ist die Anwendung von statistischem<br />

Denken. Je unberechenbarer,<br />

desto mehr brauchen wir Intuition aus<br />

Erfahrung.“<br />

Entfaltung der Kräfte<br />

Gebetsberger zitiert den Psychoanalytiker<br />

Erich Fromm: „Ungewissheit zwingt<br />

den Menschen zur Entfaltung seiner<br />

Kräfte.“ Doch wie funktioniert das<br />

genau? Jeder Mensch handelt und trifft<br />

Entscheidungen aufgrund von gemachten<br />

Erfahrungen und abgespeicherten<br />

Eindrücken. Diese Eindrücke sind uns<br />

nur teilweise bewusst – viel mehr sind<br />

im Unterbewusstsein gespeichert. Gerade<br />

die Letzteren sind bei der intuitiven<br />

Entscheidungsfindung von Bedeutung.<br />

Der Naturfreunde-Experte verweist auf<br />

Forschungen, laut denen Top-Manager,<br />

die sehr komplexe Sachlagen beurteilen<br />

müssen, viel mehr Entscheidungen intuitiv<br />

als rational fällen.<br />

Zurück zum Risiko: Je früher man damit<br />

konfrontiert werde, umso besser lerne<br />

man damit umzugehen. Je größer der bewusste<br />

– und vor allem auch unbewusste<br />

Erfahrungsschatz, desto größer die Chance,<br />

eine gute Entscheidung zu fällen. Ein<br />

erfahrener Paddler kann beispielsweise<br />

aus den Bewegungen des Wassers intuitiv<br />

auf eine unter der Oberfläche verborgene<br />

MAG. PETER<br />

GEBETSBERGER<br />

ist Sportwissenschafter, staatl.<br />

geprüfter Berg- und Skiführer<br />

und leitet die Referate für<br />

Schneesport, Sportklettern,<br />

Kanusport, Rad/Bike/Lauf und<br />

Orientierungslauf bei den<br />

Naturfreunden Österreich.<br />

TIPP<br />

Diese Sommercamps der<br />

Naturfreunde sind ideal, um im<br />

Jugendalter Risikokompetenz zu<br />

erwerben.<br />

8.-14. 7.<br />

Jugend Wildwassercamp, Wildwasserzentrum<br />

Wildalpen (St)<br />

4.-11. 8.:<br />

Jugend-Erlebniscamp,<br />

Obervellach (K)<br />

team.naturfreunde.at<br />

Einstieg in gesicherten Räumen<br />

Sich Risikokompetenz anzueignen, ist<br />

also wertvoll. Viele Outdoorsportarten<br />

sind dafür perfekt geeignet. Der Erwerb<br />

funktioniert, richtig durchgeführt, sehr<br />

gut in abgesicherten Räumen. Etwa<br />

durch Wissenserwerb – „aber vor allem<br />

über das Tun: im Idealfall betreutes,<br />

selbstverantwortliches und herausforderndes<br />

Handeln.“<br />

Wesentliche Prägungen passieren in<br />

der Kindheit: Kindern sollten daher<br />

Erfahrungen ermöglicht werden. Nicht<br />

das Klettern auf einen Baum verbieten,<br />

sondern Vertrauen ausstrahlen und nur<br />

einen Sturz vom Baum auffangen. Im<br />

Grunde verhält es sich beim Herantasten<br />

an „Risikosportarten“ nicht anders.<br />

Man sollte früh beginnen (wobei auch<br />

wenig gegen späteren Einstieg spricht),<br />

kompetent begleitet. Beim Klettern<br />

etwa lernt jeder als Erstes zu sichern,<br />

Stürzen wird trainiert, Fehler müssen<br />

möglich sein. Und doch weiß jeder<br />

von Beginn an, dass die Verantwortung<br />

beim Sichern eines Partners nicht abgegeben<br />

werden kann. Steigerungen sollen<br />

in kleinen Schritten erfolgen, emotionale<br />

Beteiligung in Form von Spaß, Mut<br />

etc. soll mitspielen. Viele und vielfältige<br />

Erfahrungen sollen gemacht werden,<br />

meint Gebetsberger.<br />

Die Intuition sieht er übrigens in<br />

Verwandtschaft zur Kreativität. Beide<br />

würden im Vergleich zur Rationalität<br />

heute gering geschätzt. So wie auch der<br />

Begriff „Risiko“ negativ behaftet sei.<br />

„Aber Rationalität bringt allenfalls gutes<br />

Handwerk hervor – Spitzenleistungen<br />

entstehen dagegen auf intuitiv-kreativer<br />

Basis“, ist Gebetsberger überzeugt. Sie<br />

brauchen den Mut und die Fähigkeit,<br />

auch bei ungewissem Ausgang gute<br />

Entscheidungen zu treffen.<br />

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