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SPORTaktiv April 2018

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Foto: iStock<br />

Langsam laufen die Jäger der Gnuherde<br />

nach, hetzen sie mit Ausdauer von Busch zu<br />

Busch. Nach zwei, drei Stunden kippen die<br />

Gnus um. „Und der Steinzeitmensch brauchte<br />

ihnen nur noch die Nüstern zuzuhalten, um sie<br />

zu erlegen“, sagt Stefan Arvay.<br />

Was diese Geschichte mit dem Laufen zu tun<br />

hat? Sehr viel. Arvay ist Sportschwissenschafter<br />

und illustriert mit der Episode, „dass keine andere<br />

Spezies so ausdauernd ist wie der Mensch<br />

und seinen Temperaturhaushalt durch Schwitzen<br />

so gut regulieren kann. „Das hat in der Steinzeit<br />

den Erfolg bei der Ausdauerjagd gebracht und<br />

zeigt, dass lange Bewegung im aeroben Bereich<br />

in unseren Genen liegt. Seit 120.000 Generationen.“<br />

Und diese Anekdote kann auch eine Antwort<br />

sein auf die ewige Frage: „Lang und langsam<br />

oder kurz, dafür schnell? Denn lang und langsam<br />

zu laufen, also Grundlagenausdauertraining zu<br />

betreiben, dient dazu, den Fettstoffwechsel anzuregen.<br />

„Damit wir im Wettkampf dann schneller<br />

darauf zurückgreifen können.“ Das ist deswegen<br />

wichtig, weil die Aufnahme der Kohlehydrate<br />

begrenzt ist und uns nicht über einen Marathon<br />

lang mit Energie versorgt. Schnellere Einheiten<br />

dagegen stärken die Muskeln und lassen uns<br />

überhaupt erst höhere Geschwindigkeiten laufen.<br />

„Wer an einem 10-Kilometer-Lauf teilnehmen<br />

möchte, wird das ohne große Grundlagenausdauer<br />

schaffen, wenn er zwei-, dreimal die<br />

Woche läuft“, sagt Arvay. „Aber sie hilft auch<br />

in diesem Segment bei der Leistungsfähigkeit.“<br />

Überhaupt hält er ein Plädoyer für die Grundlage.<br />

„Das Schöne an der Ausdauer ist, dass wir sie<br />

bis ins Alter steigern oder zumindest auf einem<br />

hohen Niveau halten können, während das etwa<br />

bei der Kraft nur bedingt möglich ist.“<br />

Verpönt ist dagegen eigentlich die Einheit,<br />

die uns einst so fasziniert hat am Laufen. Die<br />

Rede ist von der Wohlfühleinheit, bei der wir<br />

die Hausrunde laufen, die nicht zu kurz ist, aber<br />

auch nicht wirklich lang, die uns ins Schwitzen<br />

bringt, aber nach der wir nicht am letzten Zacken<br />

die Haustüre erreichen. Kurz: Der Lauf,<br />

nach dem es uns besser geht als davor. Der<br />

bringt nichts. Sagt man. Heißt es. Stimmt gar<br />

nicht, sagt Arvay. „Es gibt kein Training, das<br />

nichts bringt“, sagt der Grazer, selbst Triathlet<br />

und Konditionstrainer der U21-Fußball-Nationalmannschaft.<br />

„Gerade Einsteiger machen in<br />

dieser Zone am Anfang enorme Fortschritte.“<br />

Erst wenn die Distanzen lang und länger werden<br />

und die Ziele ambitionierter, kommt es auf die<br />

Ausdifferenzierung des Trainings an. Sprich:<br />

Grundlagenausdauer auf der einen, Tempohärte<br />

auf der anderen Seite. Die Wohlfühlrunde darf<br />

dann aber auch sein. „Für den Kopf und für die<br />

Abwechslung.“<br />

Wunder? Fehlanzeige!<br />

Das hochintensive Training dagegen hält er bei<br />

Gesundheitssportlern für bedingt sinnvoll. Also<br />

viele schnelle Intervallläufe, Crossfit-Einheiten<br />

oder Sprünge auf eine Bank. „Klar kann ich damit<br />

schnell bis zu einem gewissen Grad Erfolge erzielen.<br />

Aber die Stagnation ist schnell erreicht und<br />

wenn du mit dem Training aufhörst, ist der Effekt<br />

gleich wieder weg.“ Während Läufer, die jahrelang<br />

eine gute Basis aufgebaut haben, ein paar Wochen<br />

ohne Training locker ohne große Leistungseinbußen<br />

wegstecken. „Außerdem sind viele Leute,<br />

„<br />

gerade Einsteiger, muskulär gar nicht in der Lage<br />

für so ein intensives Training.“<br />

VIELE LEUTE,<br />

GERADE EINSTEIGER,<br />

SIND MUSKULÄR GAR<br />

NICHT IN DER LAGE<br />

FÜR EIN INTENSIVES<br />

TRAINING.<br />

“<br />

Ein weiterer Vorteil des Grundlagentrainings:<br />

„Es ist nicht sportartenspezifisch. Ich muss es<br />

also nicht mit Laufen alleine machen, sondern<br />

kann Wandern, Walken, Radfahren auch dazu<br />

verwenden.“ Erst in den letzten Wochen vor<br />

einem Laufwettkampf sollte man auch diese Einheiten<br />

tatsächlich laufend absolvieren.<br />

Warum boomen dann aber hochintensive Trainings<br />

– wie auch Crossfit – so? „Weil sehr viele<br />

Leute in kurzer Zeit viel erreichen wollen.“ Im<br />

Ausdauersport gibt es aber keine Wunder. „Wenn<br />

du drei Jahre regelmäßig Laufen trainierst, bist<br />

du, was den Ausdauersport betrifft, ein Kind“,<br />

sagt Arvay. „Dafür kannst du dich aber auch noch<br />

zehn Jahre lang kontinuierlich steigern.“<br />

<strong>SPORTaktiv</strong><br />

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