physio-Journal I 1/2018
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TITELTHEMA<br />
Sympathikushemmende Effekte<br />
Wie erwähnt, verlaufen somatoviszerale und viszerosomatische<br />
Reflexe über das sympathische Nervensystem. Sie finden<br />
ihre Ursache in einer Senkung der sympathischen Reflexaktivität.<br />
Untersuchungen zur Wirkung der somatischen Reize auf<br />
die Aktivität des Sympathikus zeigten, dass Reize über dicke<br />
Fasern (= A-Beta-Fasern) kurzfristig eine Aktivitätssteigerung<br />
bewirken, dann aber sofort zu einer starken Aktivitätsminderung<br />
des Sympathikus führen. Reize über dünne unmyelinisierte<br />
Fasern (= C-Fasern) führen dagegen direkt zu einer<br />
deutlichen und dauerhaften Steigerung der sympathischen<br />
Reflexaktivität [Sato und Schmidt, 1973].<br />
Tonusregulierende Effekte<br />
Je nach eingesetzter Massagetechnik kann der Tonus eines<br />
Muskels über reflektorische Vorgänge gesteigert oder gesenkt<br />
werden.<br />
Die Massage setzt einen mechanischen Reiz an der Muskulatur,<br />
von wo aus der sogenannte tonusregulierende Reflex<br />
ausgelöst wird. Kontraktile Elemente der Muskelspindel<br />
nehmen den Reiz wahr und leiten ihn als sensible Afferenz<br />
zum Rückenmark. Im Rückenmark erfolgen polysynaptische<br />
Verschaltungen, in deren Folge die Muskelspindel wieder beeinflusst<br />
wird und hier schließlich der tonusregulierende Effekt<br />
einsetzt. Somit liegen bei diesem Reflexbogen Effektor und<br />
Rezeptor im gleichen Organ, d. h. in der Muskulatur.<br />
Effekte auf das Immunsystem<br />
Massage hat nachweislich einen Einfluss auf das Immunsystem<br />
des Körpers. Zu den Effekten gehören die Steigerung<br />
der unspezifischen Körperabwehr (vermehrte Bildung bzw.<br />
Aktivierung von Leukozyten, Monozyten, Thrombozyten und<br />
Mastzellen) sowie eine Verminderung der spezifischen Abwehr<br />
(Immunglobulin E, Interleukin-4, Interleukin-6, y-Interferon).<br />
Dies sind Massageeffekte, die bei Untersuchungen an<br />
Gesunden diagnostiziert wurden (Werner, 1997). Eine Studie<br />
an HIV-positiven Probanden zeigte, dass durch Massage die<br />
Immunparameter der HIV-Patienten positiv beeinflusst wer-<br />
den. Verglichen mit einer Kontrollgruppe waren die Natural<br />
Killer Cells signifikant vermehrt und ihre Toxizität gesteigert.<br />
Des Weiteren konnten verminderte Spiegel der Stresshormone<br />
Adrenalin und Kortisol verzeichnet werden, wodurch das<br />
Immunsystem zusätzlich gestärkt wird [Ironson und Field,<br />
1996].<br />
Neben der Wirkung auf das Immunsystem haben verringerte<br />
Kortisol- und Adrenalinspiegel auch eine bedeutende lokale<br />
Wirkung; die Wundheilung nach Verletzungen wird durch verbesserte<br />
Kollagensynthese beschleunigt.<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Mechanische Effekte sind das Lösen von Verklebungen zwischen Gewebeschichten und das Lösen pathologischer<br />
Crosslinks (= Mobilisationseffekt)<br />
Zu den biochemische Effekten gehören die Freisetzung von Mediatorsubstanzen wie z. B. Histamin, Prostaglandinen<br />
und Leukotrienen (= Entzündungsmediatoren), Endorphinen und Serotonin, die auf Durchblutung, Wundheilung und<br />
Schmerzwahrnehmung wirken.<br />
Reflektorische Effekte sind die Schmerzhemmung, Sympathikushemmung und Tonusregulation.<br />
Immunmodulierende Effekte betreffen die Verminderung der Stresshormone, die Steigerung der unspezifischen Abwehr<br />
und die Verminderung von Überempfindlichkeitsreaktionen sowie die Verbesserung der Wundheilung.<br />
ÜBERPRÜFEN SIE IHR WISSEN<br />
Über welche Effekte werden die Wirkungen der Bindegewebsmassage vermittelt?<br />
Was versteht man unter einem Crosslink?<br />
Worauf beruht die schmerzhemmende Wirkung einer Massage?<br />
Welche Auswirkung hat die Freisetzung von Histamin?<br />
Beschreiben Sie den kutiviszeralen Reflexbogen. Welche Bedeutung hat er in der Physiotherapie?<br />
Auf welche Parameter des Immunsystems wirkt sich die Massagebehandlung aus?<br />
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