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akzent – DAS GRÖSSTE LIFESTYLE- & VERANSTALTUNGSMAGAZIN VOM BODENSEE BIS OBERSCHWABEN
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KULTUR | LIVE-MUSIK<br />
JAZZ<br />
IST WIE EIN<br />
EISBERG<br />
D – Konstanz | Er gilt als weltweit anerkannter und hoch geschätzter<br />
Saxophonist und Komponist und ist eine wahre Künstlerpersönlichkeit:<br />
Professor Bernd Konrad. Sein Name steht für eine beispiellose<br />
Karriere. Und obwohl ihn die Musik bereits in die ganze Welt geführt<br />
hat, hängt sein Herz an Konstanz und der Musikszene in der<br />
Großstadt Bodensee.<br />
„Ich bin als junger Mann an den See gelaufen und habe mir überlegt: Wie<br />
klingt der See?“, erinnert sich der 71-Jährige Konstanzer. Bernd Konrad<br />
hat Musik im Kopf. Immer. Überall. Alles, was er sieht, übersetzt er in<br />
Melodien und Akkorde. Bereits mit 14 war ihm klar, dass er Jazzmusiker<br />
werden möchte. „Ich habe damals alle Jazz-Sendungen im SWR gehört.“<br />
Doch so einfach war das nicht. Davon ausgehend, dass er am Ende wohl<br />
„mit 500 Mark im Monat“ über die Runden kommen müsse, studierte<br />
er zunächst klassische Klarinette an der Hochschule für Musik und Darstellende<br />
Kunst in Stuttgart. Denn: „Jazz an der Hochschule war nicht<br />
gewünscht. Man wollte quasi keine Verproletatisierung.“ Doch Konrad<br />
ließ sich nicht abbringen. Nach Abschluss des Studiums erhielt er selbst<br />
Lehraufträge an verschiedenen Hochschulen – die Chance, etwas in der<br />
Hochschullandschaft zu verändern. Es sollte sich auszahlen.<br />
1982 war er erster Träger des Südwestfunk-Jazzpreises. Weitere Preise<br />
und zahlreiche Tourneen rund um die Welt folgten. Er wurde unter<br />
anderem in New York und Tokyo ausgezeichnet. 1986 dann die Berufung<br />
zum ersten Professor für Jazz und Popularmusik an „seiner“<br />
Hochschule in Stuttgart. In über 40 Jahren hat er mehrere Generationen<br />
an Jazzmusikern ausgebildet und geprägt. Dafür erhielt er im März<br />
im Rahmen des Jazzpreises Baden-Württemberg den Sonderpreis für<br />
sein Lebenswerk.<br />
Mehr als Musik<br />
Doch Jazz ist mehr als „nur“ Musik. „Es hat einen Hintergrund“, so<br />
Bernd Konrad. Die Geschichten, die dahinter stehen, haben ihn so<br />
interessiert, dass er bis heute etwa 1500 Bücher dazu gelesen hat. „Jazz<br />
hat eine unglaubliche Fülle. Es ist wie ein Eisberg, bei dem man zunächst<br />
nur die Spitze sieht, darunter verbirgt sich wahnsinnig viel.“ In<br />
den Liedern stecken Informationen zur Geschichte, wie etwa die Verfolgung<br />
der Schwarzen, sowie gesellschaftspolitische Themen. Die Klage<br />
der Blues-Sänger. Auch Konrad nutzt den Jazz als Kommunikationsform:<br />
Es ist der Klang der Offenheit und stetigen Weiterentwicklung.<br />
Bernd Konrad ist nicht nur aktiver Musiker, sondern auch gerne Konzertbesucher.<br />
Es geht neben der Musik auch um die Pflege sozialer<br />
Kontakte und erfrischende Small Talks. Doch meist kommt er bei Jazzevents<br />
nicht um einen Auftritt herum. Auch wenn es heute nicht mehr<br />
ganz so viele sind. „Nur etwa 50 bis 60 im Jahr.“ In der Großstadt<br />
Bodensee schätzt er vor allem das Konstanzer Jazz Down Town: „Es<br />
ist eine wunderbare Veranstaltung. Sie ist für einen guten Zweck, was<br />
beim Jazz immer eine wichtige Sache ist!“<br />
Zukunftspläne<br />
2017 war geprägt von Kompositionen. Bernd Konrad schrieb für die<br />
Südwestdeutsche Philharmonie in Konstanz ein halbstündiges Werk<br />
sowie ein Oratorium im Rahmen der Konzilfeierlichkeiten, welches<br />
mit großem Chor und Orchester im Konstanzer Münster aufgeführt<br />
wurde. Für 2018 stehen neben den „nur“ 50 bis 60 Auftritten einige<br />
Studioproduktionen an, beispielsweise mit dem Radiosinfonieorchester<br />
Stuttgart und Big Band.<br />
Und wenn dann mal Zeit bleibt, schreibt er an seiner Vita. Eine Herausforderung.<br />
Denn: „Ich habe bereits 150 Seiten voll, bin aber erst<br />
bei meinem Alter von 21 Jahren …“<br />
www.bernd-konrad.net<br />
TEXT: TANJA HORLACHER<br />
FOTO: FRANZIS VON STECHOW