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akzent – DAS GRÖSSTE LIFESTYLE- & VERANSTALTUNGSMAGAZIN VOM BODENSEE BIS OBERSCHWABEN
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SEERAUM<br />
DIE 68ER<br />
UND DIE ARCHITEKTUR<br />
3<br />
80<br />
In diesem Frühjahr hat nicht nur diese Rubrik ein kleines<br />
Jubiläum (15 Jahre – darüber berichten wir in einer der<br />
nächsten Ausgaben), es ist vor allem die Zeit der Rückblicke<br />
auf ein halbes Jahrhundert „<strong>Mai</strong> 1968“, was in<br />
fast allen Medien ein großes Thema ist.<br />
Was war 1968?<br />
Der große Um- und Aufbruch der späten 60er-Jahre war<br />
ein längerer Prozess, aber er wird gerne auf den „<strong>Mai</strong> 68“<br />
reduziert, weil es da in Paris am meisten Zoff gab: große<br />
Demonstrationen und Barrikadenkämpfe, schöne Plakate<br />
und Graffiti, Slogans und Lieder.<br />
Das letzte runde Jubiläum der „68er“ haben wir 2008 begangen<br />
unter dem Motto „Rote Häuser sieht man besser“ –<br />
als Anspielung auf den Dokumentarfilm „Rote Fahnen sieht<br />
man besser“ von 1972, der heute aber kaum noch bekannt<br />
ist. Das war etwas plakativ, denn wer die Bewegung auf die<br />
roten Fahnen (und Inhalte) reduziert, unterschätzt die gesellschaftlichen<br />
Auswirkungen. Die großen Veränderungen um<br />
1968 waren vor allem eine Kulturrevolution, die natürlich<br />
auch politische Auswirkungen hatte. Die Gesellschaft und<br />
unsere Lebenswelten sind vor allem bunter geworden (nicht<br />
nur bei den Kindergärten 1 ), im wörtlichen und im übertragenen<br />
Sinn. Nur die ältere Generation kann sich noch daran<br />
erinnern, wie grau und einförmig das Straßenbild war: Männer<br />
in dunkel- bis hellgrauen Anzügen, und das Farbspektrum<br />
der Damenkostüme war nur unwesentlich größer.<br />
Die Architektur war in den 60er-Jahren nur indirekt ein<br />
Thema der Kritik, wenn sie sich mit den lebensfeindlichen<br />
Bedingungen beschäftigte. Schon 1965 hatte ja der Psychoanalytiker<br />
Alexander Mitscherlich mit seinem programmatischen<br />
Buch „Die Unwirtlichkeit unserer Städte“ beklagt.<br />
Es ging zunächst mehr darum, schlechte Architektur<br />
zu verhindern und die Wohnverhältnisse zu verbessern.<br />
Die 68er waren aber auch eine Revolte gegen die Spießigkeit<br />
der Nachkriegsgesellschaft – symbolisiert durch<br />
Reihenhäuser mit Gartenzwergen 2 auf dem wöchentlich<br />
akkurat geschnittenen Rasen. Diese Zwerge schmücken<br />
auch heute noch nördlich und südlich des Bodensees die<br />
Gärten. Dabei erleben sie gerade eine Renaissance, bei der<br />
sie oft auch ironisch eingesetzt werden. Bei manchen weiß<br />
man nicht, ob die Leute es ernst meinen oder parodistisch.<br />
Bunter und menschlicher<br />
Die Auswirkungen der 68er-Bewegungen auf die Architektur<br />
haben sich erst etwa eine Generation später gezeigt:<br />
Auch in der Architektur ist in den Jahren nach 1968, vor