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Die Spider-Man-Seide aus Halle<br />

Wissenschaftler machen Spinnfäden reißfester und dehnbarer<br />

C ARSTEN HECKMANN<br />

Spinnfäden haben erstaunliche Eigenschaften. Sie sind wahnsinnig stark und dennoch elastisch.<br />

Aber auch Gutes kann noch besser werden: Ein Team um Dr. Mato Knez vom Max-Planck-Institut<br />

für Mikrostrukturphysik hat der Spinnenseide Metalle in geringsten Mengen hinzugefügt.<br />

An die so behandelten Spinnfäden kann man dreimal mehr Gewicht anhängen.<br />

Möglicherweise lassen sich auch andere Fasern mit der entsprechenden Methode kräftigen.<br />

Für die Untersuchungen haben MLU-Wissenschaftler 100 Nanometer dünne Scheiben von den<br />

Spinnfäden abgeschnitten.<br />

Peter Benjamin Parker lebt in Forrest Hills,<br />

New York. Das beschauliche Halle an der<br />

Saale dürfte ihm kein Begriff sein. Allerdings<br />

könnte er sich brennend für eine herausragende<br />

Forschungsleistung interessieren, die<br />

am Weinberg Campus vollbracht worden ist.<br />

Hat dieser Peter Parker doch, in jungen Jahren<br />

von einer radioaktiven Spinne gebissen und<br />

mit besonderen Kräften ausgestattet, einen<br />

Netzsprüher entwickelt. Mit dessen Hilfe kann<br />

er verschiede Arten von Spinnennetzen in<br />

Windeseile spinnen. Er nutzt dies, um Verbrecher<br />

zu jagen.<br />

Spider-Man, so der wohl bekanntere Name<br />

dieses Mannes, verfügt über besonders reißfeste<br />

Spinnfäden – deren Geheimnis bislang<br />

nicht gelüftet werden konnte. Ein immenser<br />

Wettbewerbsvorteil für den Superhelden.<br />

Doch der könnte passé sein.<br />

Denn auch Dr. Mato Knez vom Max-Planck-<br />

Institut für Mikrostrukturphysik wäre nunmehr,<br />

zumindest theoretisch, in der Lage, ein<br />

Fluchtauto zu stoppen, das mit 100 Kilome-<br />

tern pro Stunde unterwegs ist. Aus 20 Metern<br />

Entfernung würde ihm dazu ein fünf Millimeter<br />

dünner Faden reichen. Ein natürlicher<br />

Spinnfaden, verstärkt durch Metallionen.<br />

Dem Forscherteam um Knez ist es gelungen,<br />

die mechanischen Eigenschaften von Spinnenseide<br />

noch einmal deutlich zu verbessern.<br />

Das behandelte Material hält starkem Zug und<br />

kräftiger Dehnung stand, es kann zehnmal<br />

mehr Energie aufnehmen als das naturbelassene<br />

Pendant, bevor es reißt.<br />

Die Wissenschaftler haben den Fäden mit einer<br />

speziellen Infiltrationsmethode Metalle<br />

zugesetzt („Multiple Pulsed Vapor Phase Infiltration“).<br />

Wie die Metallatome in das Innere<br />

der Spinnenseide vordringen und warum sie<br />

den Fäden mehr Kraft geben, dazu erhielten<br />

die Forscher Hinweise durch elektromikroskopische<br />

Aufnahmen, die zum Teil am Institut<br />

für Physik der MLU gemacht wurden.<br />

Unerlässlich dafür: die richtige Vorbereitung<br />

der Proben. „Man muss sogenannte Präparationsartefakte<br />

vermeiden“, sagt Dr. Gerd Hause,<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

Kreuzspinne in der Mitte ihres Netzes,<br />

Abbildung: Max-Planck-Institut für<br />

Mikrostrukturphysik<br />

Vierfach gewundener, infiltrierter Spinnenfaden,<br />

der einen 27,5 Gramm schweren Block an einem<br />

Haken hält. Abbildung: Max-Planck-Institut für<br />

Mikrostrukturphysik.<br />

Abteilungsleiter „Bildgebende Verfahren“ am<br />

Biozentrum der MLU. „Die Artefakte würden<br />

zu Bildern führen, die der Realität nicht<br />

entsprechen.“ Hause und seine Mitarbeiter<br />

brachten ihre entsprechende Erfahrung in das<br />

Projekt von Mato Knez ein. Sie präparierten<br />

die modifizierten Spinnfäden so, dass sie am<br />

Ende in Epoxidharzblöcken eingegossen waren.<br />

Davon konnten sie dann 100 Nanometer<br />

dünne Scheiben abschneiden.<br />

Die Untersuchungsergebnisse, veröffentlicht in<br />

„Science“, stimmen die Wissenschaftler optimistisch,<br />

was die Weiterentwicklung und auch<br />

die Relevanz für die Praxis angeht. Zwar werde<br />

metallbehandelte Spinnseide auch künftig<br />

keine Aufzüge ziehen oder Tragflächen verstärken,<br />

so Mato Knez. „Es ist wahrscheinlich<br />

kaum möglich, natürliche Spinnseide im großen<br />

Stil zu gewinnen.“ Mit der angewandten<br />

Methode könnten aber auch andere Biomaterialien<br />

reißfester und dehnbarer gemacht<br />

werden. „Wir setzen zudem darauf, dass wir<br />

auch die Eigenschaften von synthetischen Materialien,<br />

die natürliche imitieren, mit unserem<br />

Verfahren verbessern können.“ Anwendungen<br />

im Flugzeug- oder Autobau sowie in der Weltraumtechnik<br />

seien denkbar. Der entscheidende<br />

Material-Dreisatz lautet: leicht, stark, flexibel.<br />

■<br />

Dr. Mato Knez<br />

Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik<br />

Telefon: 0345 55-82642<br />

E-Mail: mknez@mpi-halle.de<br />

Dr. Gerd Hause<br />

Biozentrum<br />

Telefon: 0345 55-21626<br />

E-Mail: gerd.hause@biozentrum.uni-halle.de<br />

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