Uni-Magazin 3_2009.indd - Zentrale Universitätsverwaltung - Martin ...
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30<br />
F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN<br />
SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />
Stillgestanden!<br />
Biologen klären Rolle eines Enzyms für die Stabilität von Genomen<br />
C ARSTEN HECKMANN<br />
Wenn Genome instabil werden, können Krankheiten wie Krebs entstehen. Daher ist es wichtig, Stabilitätsfaktoren zu kennen. Einer Forschergruppe<br />
um den MLU-Biologen Professor Gunter Reuter ist es gelungen, Prozesse aufzuklären, die in Körperzellen ein Stilllegen mobiler Elemente<br />
kontrollieren. Ihre Anschauungsobjekte: Taufliegen.<br />
Die Farben der Fliegenaugen führten zu den entscheidenden Erkenntnissen. Abbildung: Arbeitsgruppe<br />
Entwicklungsgenetik<br />
Der direkte Vergleich: Tauflien-Augen – Wildtyp-Kontrolle (l., heller) und DNMT2-Mutante. In der Nähe<br />
des Insertionsortes des white-Gens (für rote Augen notwendig) ist ein Stilllegungsmechanismus aktiv. Rote<br />
Mutanten-Augen zeigen: Das Gen wirkt im Wildtyp an dem Mechanismus mit. Abbildung: Arbeitsgruppe<br />
Entwicklungsgenetik<br />
Dass Enzyme für den Organismus wichtig<br />
sind, vermag auch ein Laie zu verstehen. Ohne<br />
sie würden zum Beispiel wichtige Prozesse<br />
im Stoffwechsel nicht funktionieren. Was aber<br />
hat es mit dem DNMT2-Enzym auf sich? Eine<br />
schwierige Frage, selbst für Biologen.<br />
Und das, obwohl dieses Enzym evolutionär<br />
besonders hoch konserviert ist und sowohl im<br />
Menschen zu finden ist als auch in Amöben.<br />
Mäusen und Fliegen. Seine Funktionsweise<br />
stellte bislang ein Mysterium dar.<br />
Der hallesche Entwicklungsgenetiker Gunter<br />
Reuter und sein Team haben ein wenig Licht<br />
ins Dunkel gebracht – und ihre Ergebnisse<br />
inzwischen im Fachmagazin „Nature Genetics“<br />
veröffentlicht. „In einer Zelle finden sich<br />
bekanntlich alle Gene, die der Mensch besitzt.<br />
Allerdings muss in jeder Zelle genau das Gen<br />
aktiv werden, das an dieser Stelle zu diesem<br />
Zeitpunkt gebraucht wird“, erläutert Reuter.<br />
„Alle anderen Gene müssen stillgehalten werden.<br />
Dafür sorgt unter anderem das DNMT2-<br />
Enzym, indem es eine Strukturveränderung<br />
der DNA hervorruft.“<br />
Dass das Enzym tatsächlich die DNA-Modifizierung<br />
kontrolliert und welche Reaktionsfolge<br />
dabei abläuft, konnten die MLU-Forscher<br />
erstmals nachweisen und beschreiben.<br />
In einem kleinen Labor im Biologicum versammelten<br />
sie dazu hunderte kleine Helferlein:<br />
Taufliegen. Zwischen dem Säugetier-<br />
Enzym und jenem der Drosophila (Taufliege)<br />
gibt es nämlich nur geringe Unterschiede.<br />
G EFLECKTE AUGEN<br />
„In den Fliegen konnten wir das Enzym deaktivieren<br />
und anschließend Bereiche identifizieren,<br />
in denen normalerweise die Stilllegungen<br />
ablaufen“, erklärt Gunter Reuter. „Wenn unter<br />
dem Mikroskop beispielsweise gefleckte Augen<br />
zu erkennen waren, wussten wir: In der<br />
Nähe passiert es.“<br />
Fällt die Reaktion zur Stilllegung aus, hat dies<br />
enorme Konsequenzen für die Stabilität des<br />
Genoms. „Mobile Elemente werden dann extrem<br />
aktiv, und es gehen zum Beispiel ganze<br />
Chromosomen verloren“, sagt Doktorand Olaf<br />
Nickel. „Wir haben somit einen wichtigen<br />
Einblick in die molekularen Prozesse erhalten,<br />
die für die Stabilität der Genome höherer Organismen<br />
verantwortlich sind.“