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Uni-Magazin 3_2009.indd - Zentrale Universitätsverwaltung - Martin ...

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egegnet“. Dabei sind, so lässt sich schlussfolgern,<br />

nur gesunde und dauerhaft belastbare<br />

Stimmen ihr Geld wert. Tatsächlich, so der<br />

Experte weiter, steckt bei der überwiegenden<br />

Zahl der Call-Center-Anbieter die soziale Verantwortung<br />

gegenüber dem eigenem Personal<br />

jedoch noch immer in den Kinderschuhen.<br />

Anders bei buw: Dort ist die Stimmgesundheit<br />

der Mitarbeiter oberstes Prinzip. Seminare für<br />

Sprecherziehung sowie Übungen zu Rhetorik<br />

und Kommunikationspsychologie gehören daher<br />

zum Arbeitsalltag. Die wissenschaftliche<br />

Begleitung erfolgt parallel zum Berufsalltag.<br />

„Dabei lernen die Mitarbeiter, wie sie Atmung<br />

und Stimme gezielt und physiologisch einsetzen“,<br />

erläutert Rothe. Um herauszufinden,<br />

ob das Erlernte auch richtig mgesetzt wird,<br />

macht Rothe vor allem eines: Der 28-Jährige<br />

beobachtet die Mitarbeiter und hört ihnen zu.<br />

„Das Prinzip klingt einfach, macht aber trotzdem<br />

Arbeit.“<br />

T RAINING ON THE JOB<br />

Rothe schätzt, dass er bei seiner Arbeit trotz<br />

notwendiger Standardisierungen kreativ bleiben<br />

darf. Bodenständig erklärt er: „Ständig<br />

lerne ich hinzu. Ich kann ja nicht immer die<br />

gleichen Übungen machen.“ Das heißt, auch<br />

für ihn ist die Arbeit ein „training on the job“.<br />

Die Begeisterung schöpft Rothe dabei aus<br />

der Kommunikationsrealität. Den 28-Jährigen<br />

interessiert, „was bei einem Gesprächen am<br />

Telefon zwischen zwei Menschen passiert,<br />

die sich nur hören, aber wie in jeder anderen<br />

Kommunikationssituation plötzlich aufeinan-<br />

Sprechwissenschaftler<br />

mit guten Kontakten und<br />

sonnigem Gemüt:<br />

Ingmar Rothe und<br />

Professor Baldur Neuber.<br />

Fotos: Michael Deutsch<br />

der reagieren müssen“. Vor allem interessiert<br />

ihn die Frage, wie die Gesprächspartner versuchen,<br />

sich Dinge paraverbal, das heiß, mittels<br />

Melodie, Rhythmus und Stimmklang begreiflich<br />

zu machen.<br />

Schließlich hat ihn diese Frage bis zur Diplomarbeit<br />

begleitet. Darin hat Rothe die<br />

Umsetzung standardisierter Gesprächsleitfäden<br />

untersucht, um herauszufinden, wie diese<br />

sich auf die Beratungssituation auswirken.<br />

Insgesamt 460 Beratungsgespräche hat er analysiert,<br />

13 davon ausführlich und in kleinen<br />

Sequenzen.<br />

Die Erkenntnisse seiner Untersuchung füllen<br />

ein Forschungsdesiderat innerhalb der Sprechwissenschaft,<br />

sind aber auch für den Praxispartner<br />

buw von Interesse. Das Unternehmen<br />

verspricht sich unter anderem Erkenntnisse<br />

darüber, ob ein Gespräch anders verläuft,<br />

wenn die Agenten im Konjunktiv sprechen<br />

oder nicht. „Für einen Außenstehenden“, so<br />

Rothe, „mag das eine komische Fragestellung<br />

sein, bei einem Vertragsabschluss ist jedoch<br />

entscheidend, was wie miteinander vereinbart<br />

wurde.“ Datenmaterial und Technik für die<br />

empirische Untersuchung hat buw gestellt.<br />

K OOPERATION NUTZT BEIDEN SEITEN<br />

Auf die Unterstützung von buw konnte Rothe<br />

auch deshalb zählen, weil seit zwei Jahren eine<br />

Kooperation besteht zwischen dem Dienstleister<br />

und der MLU. „Davon profitieren beide<br />

Seiten“, erläutert Prof. Neuber. „buw ermöglicht<br />

unseren Studierenden den Einblick in die<br />

Routinen eines Call-Centers. Gleichzeitig gibt<br />

SCIENTIA HALENSIS 3/09<br />

das Unternehmen Konzeptionen zur Bearbeitung<br />

ethisch-wissenschaftlicher Themen in<br />

Auftrag. Das nutzt der <strong>Uni</strong>versität, die praxisnahen<br />

Unterricht durchführen und Drittmittel<br />

einwerben kann.“<br />

Das Zusammenwirken lohnt sich offenkundig:<br />

Bislang liegen zwölf Diplomarbeiten sowie eine<br />

Bachelorarbeit zu entsprechenden Themen<br />

vor. Sind sie durch die Verzahnung mit einem<br />

Praxispartner wie buw entstanden, scheint das<br />

auch die Karriere zu fördern. Denn manch<br />

ein Student schafft „hinterher“ den schnellen<br />

Übergang von der <strong>Uni</strong> ins Berufsleben. „Dass<br />

man über ein Call-Center-Thema geschrieben<br />

hat, heißt aber nicht, dass man dort lebenslang<br />

arbeiten muss“, wirft Rothe ein. Er kann sich<br />

vorstellen, auch PR- und Kommunikationsmanager<br />

zu schulen.<br />

„Vielleicht werde ich mal umsatteln. Ich<br />

könnte mich auch zum ‚klinischen Sprechwissenschaftler‘<br />

weiterbilden lassen. Arbeitslose“,<br />

sagt er lachend, „gibt es in unserem Berufsfeld<br />

jedenfalls keine.“ Er könne doch auch<br />

promovieren? „Für den Moment reicht’s erst<br />

einmal mit dem Schreiben“, sagt er. „Andererseits<br />

hat sich der Aufwand nicht gelohnt,<br />

wenn ich es nicht mache.“<br />

■<br />

Prof. Dr. Baldur Neuber<br />

Seminar für Sprechwissenschaft und Phonetik<br />

Telefon: 0345 55-24467<br />

E-Mail: baldur.neuber@sprechwiss.uni-halle.de<br />

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