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Der Suizid – ein gesellschaftliches Phänomen - SCIP

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<strong>Der</strong> <strong>Suizid</strong> <strong>–</strong> <strong>ein</strong> <strong>gesellschaftliches</strong> <strong>Phänomen</strong> M.H.; <strong>SCIP</strong> 2005/2006<br />

Auch das weltliche Recht blieb von grosser Strenge gegenüber <strong>Suizid</strong>enten gezeichnet. Die<br />

Juristen begannen jedoch <strong>–</strong> unter dem Einfluss des römischen Rechts <strong>–</strong> ihre Haltung zu<br />

differenzieren. Es wurde unterschieden zwischen <strong>Suizid</strong>en aus Lebensüberdruss oder aus<br />

Reue infolge <strong>ein</strong>es begangenen Verbrechens und solchen, die denen <strong>ein</strong> Unglück oder <strong>ein</strong>e<br />

Krankheit zugrunde lag. Bei letzteren sollten Verstümmelungen der Leichen und<br />

Konfiszierungen unterbleiben. Vermehrt beachtete man die Krankheit des Wahnsinns und<br />

brachte den betroffenen Menschen Mitleid entgegen. Für die starken medizinischen<br />

Strömungen waren bereits die Juristen des 17. Jh. sehr empfänglich. Allerdings war man<br />

erst im 18. Jh. so weit fortgeschritten, dass die Strafe der Selbstmörder an den Gründen für<br />

die Tat ausgerichtet wurde. Selbstentleibung infolge Geisteskrankheit, Schwermut oder aus<br />

Blödigkeit zog dann k<strong>ein</strong>e Strafe mehr nach sich, derweil gegen <strong>Suizid</strong>enten, welche <strong>ein</strong>er<br />

drohenden Strafe entflohen, nach wie vor hart vorgegangen wurde. 41<br />

Trotz offizieller Repression des Selbstmords wurden in der Praxis Ausnahmen gemacht.<br />

Auf Adelige und Geistliche, welche Hand an sich legten, wurden die strengen<br />

Bestimmungen kaum angewandt. 42<br />

3.3. Grosses Mandat der Stadt Bern vom 18. März 1661<br />

Am 18. März 1661 erging das Grosse Mandat der Stadt Bern, mit dem jegliche Art von<br />

Laster <strong>–</strong> von Zauberei über Zank und Hader bis hin zu Diebstahl und Verleumdung <strong>–</strong><br />

unterbunden werden sollte. Unter Ziffer 6 war von Mord und Totschlag die Rede. Das<br />

Auslöschen <strong>ein</strong>es anderen Menschenlebens wurde aufs tiefste verabscheut, da dadurch<br />

Angehörige und Bekannte in Kummer gesetzt wurden. Zudem könne der Getötete für die<br />

Gesellschaft wertvolle Dienste nicht mehr erbringen. Gott sei über derartiges Vorgehen<br />

äusserst erzürnt. Anschliessend an diese Verurteilung der Fremdtötung wurde der <strong>Suizid</strong><br />

(„Selbs leiblos machen“) als ebenso abscheulich abgetan und damit unmissverständlich<br />

geächtet. 43 Hier zeigt sich ganz <strong>ein</strong>drücklich, dass die Selbsttötung noch als ebenso unrecht<br />

und stossend betrachtet wurde wie das Töten <strong>ein</strong>es anderen Menschen.<br />

41 Minois, S. 204, 208 ff; Schindler, S. 234.<br />

42 Minois, S. 214 ff..<br />

43 RQ BE I/6/2, S. 931 ff., insbesondere S. 936.<br />

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