Der Suizid – ein gesellschaftliches Phänomen - SCIP
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<strong>Der</strong> <strong>Suizid</strong> <strong>–</strong> <strong>ein</strong> <strong>gesellschaftliches</strong> <strong>Phänomen</strong> M.H.; <strong>SCIP</strong> 2005/2006<br />
Mittelfeld. Auffällig ist, dass die Zahlen vor über hundert Jahren von Kanton zu Kanton<br />
stark variierten und vor allem die Innerschweizer Kantone ungem<strong>ein</strong> niedrige <strong>Suizid</strong>raten<br />
aufwiesen. 99<br />
Heute haben sich die kantonalen Raten angeglichen (Abb. 1). Die beiden Kantone<br />
Appenzell führen rund 100 Jahre später die Statistik mit den höchsten <strong>Suizid</strong>raten von ca.<br />
25 <strong>Suizid</strong>en auf 100'000 Einwohner an. 100 Die tiefsten Raten weisen Tessin und Uri auf,<br />
sie bewegen sich um 15 Selbstmorde auf 100'000 Einwohner.<br />
Abbildung 1: Interkantonaler Vergleich der <strong>Suizid</strong>raten (Durchschnittswerte 1990-1999; Referenzstrich:<br />
durchschnittliche Rate der Schweiz). 101<br />
Im Vergleich zu den Daten Ende des 19. Jh. weisen heute vor allem die Kantone mit den<br />
grossen Städten relativ hohe <strong>Suizid</strong>raten auf. Die katholischen Innerschweizer Kantone<br />
sind vom suizidalen Verhalten noch immer vergleichsweise wenig betroffen. Die klar<br />
ersichtliche Angleichung der <strong>Suizid</strong>raten in den Kantonen dürfte damit zusammenhängen,<br />
dass die Heterogenität der Gebiete abgenommen hat. Die Religion hat beispielsweise an<br />
Einfluss verloren, sodass der Katholizismus (vor allem in den Innerschweizer Kantonen)<br />
mit s<strong>ein</strong>en starken Normen nicht mehr alle Gläubigen vom <strong>Suizid</strong> abzuhalten vermag.<br />
Weiter findet heute <strong>ein</strong>e starke Vermischung der Gesellschaft statt: Die Menschen sind<br />
nicht mehr an ihren Geburtsort gebunden, sondern mobiler und flexibler geworden, was zu<br />
Abschwächung oder Auflösung regionaler Diversität führt.<br />
99<br />
Wellauer, S. 29 ff..<br />
100<br />
Ein <strong>Phänomen</strong>, das im Übrigen bis dato nicht erklärt werden konnte; vgl. Bericht BfG, S. 10. Es dürfte<br />
interessant s<strong>ein</strong>, die Appenzeller Akten zu studieren und mit den Fällen anderer Kantone zu vergleichen.<br />
Womöglich liessen sich aus den Motiven bestimmte Gründe für die Häufigkeit des <strong>Suizid</strong>vorkommens in<br />
diesem Gebiet ausmachen.<br />
101<br />
BfG, S. 10.<br />
29