Top agrar - Bürgerinitiativen gegen Massentierhaltung
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Sie werden zu Tausenden in gewaltigen Brutmaschinen geboren. Die winzigen Küken wiegen<br />
gut 40 Gramm, wenn sie aus dem Ei schlüpfen. Sie werden geimpft, in einen Lastwagen<br />
verladen und zu ihrem Mastbetrieb gefahren. Dort verbringen sie ihr ganzes Leben. Es dauert<br />
knapp 40 Tage.<br />
Es ist ein enges Leben. Im Fachjargon spricht man von der „maximal erlaubten Besatzdichte“<br />
der „Lebendmasse“. Im Klartext: Rund 23 Hühner teilen sich einen Quadratmeter Platz. So<br />
erlaubt es der Gesetzgeber. Das nutzt dem Mastbetrieb, denn je weniger sich ein Huhn<br />
bewegt, desto mehr Fett setzt es an. Nach nur fünf Wochen haben sie das 40-fache ihres<br />
Gewichts zugelegt - und sind damit schlachtreif.<br />
Züchter und Mastbetriebe haben aus der Tierhaltung eine hocheffiziente Maschine gemacht.<br />
Die gesetzlichen Vorgaben hierzu stammen noch aus einer Zeit, als möglichst viel möglichst<br />
billig produziert werden sollte, kritisiert der Bund Naturschutz (BN). Der Trend gehe zu<br />
Ställen mit knapp unter 40 000 Hühnern. Denn alle Anlagen, die maximal 39 999 Tiere<br />
mästen, werden ohne Öffentlichkeitsbeteiligung von den Behörden geprüft.<br />
Genau so eine Anlage plant auch ein Landwirt in Moos bei Zolling (Kreis Freising). Vor<br />
Ostern hat er den Antrag beim Landratsamt gestellt, jetzt prüft die Behörde. Noch bevor eine<br />
Entscheidung gefallen ist, formiert sich Protest. Eine Interessengemeinschaft organisiert den<br />
Widerstand. „Keine Hühnermastfabrik im Ampermoos“, fordern sie. „Im Akkord zur<br />
Schlachtbank“, steht auf ihrer Internetseite. Sie fürchten, dass der aggressive Hühnerkot Luft,<br />
Boden und Grundwasser mit Ammoniak, Antibiotika und Krankheitserregern verschmutzt.<br />
Wenn das wirklich so wäre, rechtfertigt sich der Landwirt, „würde man das niemals<br />
genehmigen“. Auch den Aufschrei der Tierschutzorganisationen kann er nicht nachvollziehen.<br />
Rückendeckung bekommt der Bauer vom Bauernverband (BBV): „Wenn man die<br />
automatisierte Produktion vor Ort verhindert, wandert sie in Länder wie Brasilien oder China<br />
ab, wo überhaupt keine Tierschutz-Gesetze gelten“, warnt BBV-Kreisgeschäftsführer Gerhard<br />
Stock. Eine andere Form der Haltung sei schlicht nicht konkurrenzfähig. Für ihn ist der<br />
Widerstand bedenklich: „Obwohl sich der Landwirt im gesetzlichen Rahmen bewegt, wird er<br />
nun öffentlich diffamiert“, mahnt Stock.<br />
An dieser „Diffamierung“ will sich die BN-Landwirtschaftsexpertin Marion Ruppaner nicht<br />
beteiligen. Sie kritisiert vor allem das „System Wiesenhof“: „Der Bauer ist nicht mehr<br />
selbstständiger Unternehmer, sondern nur noch Lieferant für einen Industrie-Konzern.“<br />
Wiesenhof verkaufe die Tiere, das Futter, die Impfstoffe - und hole anschließend die<br />
gemästeten Hühner per Lastwagen ab. Die PHW-Gruppe, zu der auch Wiesenhof gehört, ist<br />
der größte Geflügelzüchter Deutschlands. Jede Woche schlachtet das Unternehmen rund 4,5<br />
Millionen Hähnchen. Auch der neue Mastbetrieb in Moos - sollte er denn gebaut werden -<br />
würde an Wiesenhof liefern.<br />
Die Anwohnerinitiative will das verhindern. Der Protest schlägt Wellen. Heute will der<br />
Bayerische Rundfunk eine Podiumsdiskussion in Moos live in der Abendschau übertragen.<br />
Die Entscheidung über eine Bau-Genehmigung liegt aber allein beim Landratsamt - und das<br />
will nicht vor Juli ein Machtwort sprechen.<br />
Der Zoff in Zolling ist kein Einzelfall. Auch in Ried, an der Grenze zwischen den<br />
Landkreisen Aichach-Friedberg und Fürstenfeldbruck, gibt es derzeit Streit über einen<br />
geplanten Stall. Auch hier sollen knapp 40 000 Hühner gemästet werden. Auch hier laufen die