Top agrar - Bürgerinitiativen gegen Massentierhaltung
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Taz<br />
25.05.2011<br />
Waldgesetze in Brasilien<br />
Agrarlobby düpiert Präsidentin Roussef<br />
Das brasilianische Abgeordnetenhaus stimmt für mehr Landwirtschaft und weniger<br />
Waldschutz. Das ist ein herber Rückschlag für die Staatschefin. VON GERHARD DILGER<br />
PORTO ALEGRE taz | Im Parlament von Brasília hat Präsidentin Dilma Rousseff in der<br />
Nacht zum Mittwoch die erste bittere Niederlage seit ihrem Amtsantritt am 1. Januar erlitten:<br />
Mit großer Mehrheit verabschiedeten die Abgeordneten im vierten Anlauf eine Novelle des<br />
Waldgesetzes aus dem Jahr 1965. Nach einer zweijährigen Debatte wähnt die Agrarlobby eine<br />
Lockerung mit einer weitreichenden Amnestie für Waldzerstörer nun zum Greifen nah. "Die<br />
Botschaft ist klar: Wer das Gesetz nicht befolgt, hat einen Vorteil", sagte der<br />
Grünenabgeordnete Sarney Filho.<br />
Das Lavieren der Staatschefin zahlte sich nicht aus. Sie hatte mit dem Agrobusiness, das nicht<br />
nur in der rechten Opposition, sondern auch im Mitte-links-Regierungslager und in der<br />
Regierung prominent vertreten ist, einen halbherzigen Kompromiss aushandeln lassen.<br />
Demnach dürfen sogenannte kleine Landeigentümer - die in manchen Amazonasgemeinden<br />
bis zu 440 Hektar besitzen können - künftig weitgehend auf Schutzgebiete verzichten.<br />
Die Novelle wurde mit 410 zu 63 Stimmen angenommen, auch mehr als die Hälfte der 80<br />
Abgeordneten von Rousseffs Arbeiterpartei PT stimmten zu. Dann legten die Agrarier nach:<br />
Die Schutzgebiete auf Bergkuppen, an Hügeln, Flussufern oder Quellgebieten sollen reduziert<br />
und die Zuständigkeit dafür den Bundesstaaten übertragen werden, wo die Farmer noch mehr<br />
zu sagen haben als auf Bundesebene. Die Agrarallianz, die vom kommunistischen<br />
Berichterstatter Aldo Rebelo bis zu den Großgrundbesitzern auf den Oppositionsbänken<br />
reicht, will erreichen, dass landesweit 420.000 Quadratkilometer bisheriger Schutzgebiete für<br />
den Landbau freigegeben werden.<br />
Präsidentin Roussef hatte im Wahlkampf 2010 gelobt, keine Amnestie für große<br />
Umweltsünder zuzulassen. Vor zwei Wochen war es ihrer PT noch gelungen, einen Aufschub<br />
der Abstimmung zu erreichen. Jetzt zogen nur noch die Minifraktionen der Grünen und der<br />
freiheitlichen Sozialisten der PSoL mit, ebenso die Sozialisten der PSB. Rousseffs<br />
gewichtigster Koalitionspartner, die Zentrumspartei PMDB, schlug sich hin<strong>gegen</strong> geschlossen<br />
auf die Seite der Opposition. "Es ist der größte Rückschritt in der Geschichte unserer<br />
Umweltgesetzgebung", twitterte der Forstingenieur Tasso Azevedo.<br />
Vor der Abstimmung empfing Rousseff mehrere frühere Umweltminister, die in einem<br />
offenen Brief an sie appelliert hatten, die Pläne der Agrarlobby zu durchkreuzen. Ob die<br />
Regierung die Novelle samt Zusatz nun im Senat nachbessern kann, ist aber fraglich. Als<br />
letzter Schritt bliebe der Präsidentin, die auch um den guten Ruf Brasiliens fürchtet, nur noch<br />
das Veto.