Integrationshemmnis Leiharbeit - Otto Brenner Shop
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Russin (w), 67 Jahre, Lebensmitteltechnikerin,<br />
seit 1995 in Deutschland, neun Jahre <strong>Leiharbeit</strong><br />
(Helferin) bei einer Industriereinigungsfirma.<br />
Lohnniveau (nach einmaliger Erhöhung um<br />
11 Cent) 7,60 Euro:<br />
„Ich wurde von einer mir bekannten Person<br />
zu dieser Firma gebracht. Ich wusste gar<br />
nicht, was Zeitarbeit ist, ich habe das eher<br />
als eine Art ‚Bedienungsverhältnis’, nicht<br />
als <strong>Leiharbeit</strong> gesehen. Der Vertrag war auf<br />
Deutsch, ich spreche selbst kaum Deutsch,<br />
mein Mann etwas besser, der war dabei und<br />
übersetzte ein wenig. Meine Hauptansprechpartnerin<br />
in der Firma war meine<br />
Vorarbeiterin, an die konnte ich mich immer<br />
wenden, wenn es Probleme gab, weil sie<br />
meine Sprache sprach. Auch wenn es Ärger<br />
gab wegen Stunden usw., dann ging ich zu<br />
ihr, und sie regelte das.<br />
Ich hatte nur einen Vierstundenvertrag<br />
über all die Jahre, aber ich arbeitete zwischen<br />
vier und zehn Stunden am Tag, je<br />
nachdem, wie viel Arbeit da war. Dabei wurde<br />
die Arbeit immer mehr, also noch eine<br />
Halle mehr, noch ein Büro mehr reinigen,<br />
bei gleicher Zeit. Ich war einfach froh, Arbeit<br />
zu haben, ich konnte ja kein Deutsch.<br />
In der Firma, wo wir arbeiteten, traf ich<br />
eigentlich nie auf Leute. Die waren zu dieser<br />
Zeit meist schon zu Hause. Auch mit den<br />
anderen Leihkräften traf ich kaum zusammen,<br />
da jeder seinen Bereich hatte. Ich erfuhr<br />
immer einen Tag vorher, wie ich arbeiten<br />
musste, also wie viele Stunden. Ich verdiente<br />
zwischen 560 Euro und 1200 Euro im<br />
Monat. Meine Kollegen in der Firma waren<br />
sehr viel Rumänen, aber auch Polen und<br />
Türken. Unsere gemeinsame Sprache war<br />
Deutsch, aber wir unterhielten uns kaum,<br />
und über den Verdienst unterhielten wir uns<br />
gar nicht. Überstunden wurden nicht bezahlt,<br />
aber man hat sich seine Arbeit so eingeteilt,<br />
dass man irgendwie in der Zeit<br />
durchkam. Dann hat man halt ein paar Dinge<br />
weniger genau gemacht …<br />
Bei uns gab es zwar einen Betriebsrat,<br />
aber für mich war der nicht notwendig. Ich<br />
ging immer zu meiner Vorarbeiterin … diese<br />
wurde dann später Betriebsrätin. Ich<br />
ging dann zwar öfter zu ihr, aber nur, weil<br />
ich sie eben kannte.<br />
Überstunden: Es waren zwar alle in der<br />
Firma unzufrieden, aber es ist niemand gegangen,<br />
und es hat sich auch niemand beschwert.<br />
Jedes Jahr wurde dann einmal angekündigt,<br />
dass man zu wenig Arbeit hätte<br />
und dass Leute ausgestellt werden würden.<br />
Jeder hatte Angst, dass er betroffen ist.<br />
Dann eines Tages wurde ich zum Chef gerufen.<br />
Mein Mann begleitete mich, doch er<br />
kann auch nicht so gut Deutsch, dass er das<br />
alles verstand. Der Chef las mir ein Schriftstück<br />
vor, und ich unterschrieb es. Ich habe<br />
ihm geglaubt, dass es keine Arbeit mehr<br />
gibt und ich das jetzt unterschreiben muss.<br />
Ich wollte das gerne mit nach Hause nehmen,<br />
doch das war nicht möglich. Ich selbst<br />
habe gar nichts verstanden.<br />
Ich war 63 Jahre und wollte gerne bis<br />
65 Jahre arbeiten wegen der Rente. Ich erhielt<br />
noch 2000 Euro Abfindung. Ich wusste<br />
MIGRANTEN AUF DEM LEIHARBEITSMARKT<br />
Neun Jahre in<br />
<strong>Leiharbeit</strong>, 11 Cent<br />
Lohnerhöhung<br />
65