Integrationshemmnis Leiharbeit - Otto Brenner Shop
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9. Schlusswort<br />
Im Laufe der Datenerhebung zeigte sich immer<br />
deutlicher, dass der überwiegende Teil der Befragten,<br />
unabhängig von ihrer „Rolle“ im Arbeitsprozess,<br />
in der öffentlichen Verwaltung<br />
oder auch bei den Arbeitsverwaltungen das<br />
Thema <strong>Leiharbeit</strong> gleichermaßen kritisch bewertet.<br />
Sie verweisen ausdrücklich auf die Gefahr<br />
der Ausgrenzung, die soziale Verwundbarkeit<br />
der Betroffenen und die destruktiven Folgewirkungen<br />
auf die Erwerbsarbeit im Ganzen.<br />
Dennoch zeigen sich grundsätzliche Unterschiede<br />
zwischen <strong>Leiharbeit</strong>nehmern mit und<br />
ohne Migrationshintergrund. Die langjährigen<br />
sozialen Netze dienen den <strong>Leiharbeit</strong>nehmern<br />
ohne Migrationshintergrund meist als finanzielle<br />
und vor allem psychische Puffer. Auch waren<br />
die allermeisten bis zum Zeitpunkt der<br />
<strong>Leiharbeit</strong> bereits über ihre Familien wirtschaftlich<br />
und sozial integriert, so dass die gesellschaftliche<br />
Teilhabe sichergestellt war. Bei<br />
Menschen mit Migrationshintergrund stellt<br />
sich die Situation völlig anders dar, da viele<br />
erst am Anfang des Weges einer gesellschaftlich-sozialen<br />
Teilhabe stehen. Durch eine anhaltende<br />
Beschäftigung in <strong>Leiharbeit</strong> können<br />
sie den langen und fordernden Integrationsprozess<br />
erst gar nicht beginnen; sie werden um<br />
ihre Teilhabechancen gebracht, und ihr Bemühen<br />
und das ihrer Familien um Integration ist<br />
von vornherein zum Scheitern verurteilt. In der<br />
Integrationsdebatte müssen daher dem politischen<br />
Mantra „Arbeit schafft Integration“ permanent<br />
die realen Probleme der Arbeitswelt<br />
entgegengehalten werden. Denn Hilfskräfte<br />
haben nahezu keine Chance, in den ersten Arbeitsmarkt<br />
zu wechseln und somit die soziale<br />
und finanzielle Stabilität zu erreichen, die für<br />
eine gesellschaftliche Teilhabe unabdingbar<br />
ist. An dieser Stelle könnte ein gesetzlicher<br />
Mindestlohn für die Betroffenen zumindest den<br />
finanziellen Druck und damit die Scham, trotz<br />
Vollzeitbeschäftigung als Bittsteller aufzutreten,<br />
lindern.<br />
Zusammenfassend lassen sich drei Konfliktfelder<br />
unterscheiden:<br />
(1) Mit der völligen Deregulierung wurde die<br />
<strong>Leiharbeit</strong> auf der Strukturebene den Bedürfnissen<br />
der Entleiher angepasst, doch diese fordern<br />
eine noch weiter gehende Flexibilisierung,<br />
die nun auf der Handlungsebene ausgetragen<br />
wird. Dies zeigt sich daran, dass den<br />
<strong>Leiharbeit</strong>nehmern wie den Personaldisponenten<br />
der Verleiher ein immer höheres Maß an<br />
Kurzfristigkeit, Verfügbarkeit und Einsatzbereitschaft<br />
abverlangt wird, um das Risiko für<br />
die Entleiher weiter zu reduzieren. Die Entleiher<br />
profitieren dabei von Voraussetzungen, die<br />
sie selbst nicht zu gewährleisten bereit sind<br />
(Zuverlässigkeit, Berechenbarkeit, Belastbarkeit<br />
usw.). Die Folgen des radikal betriebswirtschaftlichen<br />
Denkens werden dabei auf dem<br />
Rücken jener ausgetragen, die am geringsten<br />
entlohnt werden, ohnehin nur über geringe<br />
Ressourcen verfügen (soziales, kulturelles Kapital)<br />
und die sich bereits in unsicheren und fragilen<br />
Lebenslagen befinden. Viele <strong>Leiharbeit</strong>nehmer<br />
empfinden ihre Existenz als ein „Leben<br />
in der Warteschleife“, das sich zwischen Arbeitslosigkeit<br />
und prekärer Beschäftigung aufspannt<br />
und bei dem die Hoffnung auf eine feste<br />
SCHLUSSWORT<br />
Betriebswirtschaftliches<br />
Denken zerstört<br />
die integrierende<br />
Funktion des Arbeitsplatzes<br />
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