Integrationshemmnis Leiharbeit - Otto Brenner Shop
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INTEGRATIONSHEMMNIS LEIHARBEIT<br />
Kooperation mit<br />
den Netzwerken<br />
der Migranten<br />
80<br />
8.2.2. Netzwerkbildung fördern<br />
Über die Informationsbereitstellung hinaus sind<br />
die Gewerkschaften aufgerufen, an lokalen bzw.<br />
regionalen Institutionen und Netzwerken mitzuwirken<br />
und insbesondere Migranten-Selbsthilfeorganisationen<br />
als zivilgesellschaftliche Akteure<br />
zu stärken (BMFSFJ 2010b: 9 f.), um auf<br />
diesem Wege die Konfliktfähigkeit von (Leih-)<br />
Arbeitnehmern mit Migrationshintergrund zur<br />
Durchsetzung arbeits- und tarifrechtlicher wie<br />
auch sozialer Standards zu stärken.<br />
Durch die Netzwerkbildung mit Migrantenselbstorganisationen<br />
(MSO) und die Bereitstellung<br />
von Ressourcen (Wissen, Organisation)<br />
kann eine für beide Seiten fruchtbare Situation<br />
entstehen. Durch die politische und gesellschaftliche<br />
Mobilisierung der Community<br />
kommt es zur Stärkung von Arbeitnehmern mit<br />
Migrationshintergrund. Dies ermöglicht es ihnen,<br />
sich gegen diskriminierende Praktiken<br />
zur Wehr zu setzen und damit u. a. der „Atomisierungsstrategie“<br />
seitens Ver- und Entleihern<br />
entgegenzuwirken. Den Gewerkschaften bietet<br />
sich durch den Aufbau von sozialem Kapital<br />
(Coalition Building) die Chance, sich als verlässlicher<br />
und starker Partner für Menschen in<br />
prekären Lebens- und Beschäftigungsverhältnissen<br />
anzubieten, Repräsentanten von Migrantenselbstorganisationen<br />
als Multiplikatoren<br />
für die politischen Ziele der Gewerkschaften<br />
zu gewinnen und damit sowohl die jeweiligen<br />
ethnischen Communitys als auch die eigene<br />
Organisation zu stärken (vgl. Brinkmann<br />
u. a. 2008: 98 ff.).<br />
„Das Individuum ist zugänglicher und mehr<br />
lernbereit in seiner eigenen Gruppe als außerhalb,<br />
denn hier fühlt es sich sicher vor<br />
persönlichen Angriffen oder Demütigungen.<br />
Es kann sich deshalb erlauben, seine<br />
Unwissenheit (sich selbst und anderen gegenüber)<br />
zuzugeben, ohne das Gesicht zu<br />
verlieren“ (Hauser/Hauser 1971: 11).<br />
Dabei dienen diese Netzwerke dazu, Wissen<br />
um Arbeitnehmerrechte zu kommunizieren,<br />
Vertrauen auf- und Vorurteile abzubauen, auf<br />
Diskriminierungsrisiken hinzuweisen sowie<br />
die Gewerkschaft als Partner zu institutionalisieren,<br />
der nicht nur im Gewerkschaftshaus zu<br />
finden ist. Indem die Gewerkschaften sich in die<br />
Communitys hineinbegeben, verringern sie die<br />
Furcht vieler Migranten vor Stigmatisierung<br />
und können zudem auf die erlernte Apathie<br />
spezifischer Migrantengruppen Einfluss nehmen:<br />
„Unter den Aussiedlern, vor allem bei denen,<br />
die vom Land kommen, gilt die Devise,<br />
sich bloß nirgendwo engagieren, damit<br />
man nirgends mit reingezogen wird. Sie<br />
hatten sich als verhasste deutsche Minderheit<br />
in der Sowjetunion stark aus der Öffentlichkeit<br />
zurückzogen und hatten und<br />
haben eine allgemeine Skepsis gegenüber<br />
allem Politischen. In der ehemaligen Sowjetunion<br />
existierte die Auffassung ‚Keine<br />
gute Tat bleibt ungestraft‘, und dieses Misstrauen<br />
gilt auch heute noch“ (Irene Tröster,<br />
Integrationswissenschaftlerin).