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September 2018 I Jahrgang 17 I Nr. 195<br />

Politik & Wirtschaft 03<br />

Mehr als 40 000 Azubis sind am Start<br />

Offene Stellen gibt es auf dem Bau und in der Lebensmittelindustrie. IHK setzt sich für die Ausbildung Geflüchteter ein.<br />

In diesen Tagen starteten<br />

40 760 Auszubildende in baden-württembergischen<br />

Industrie-,<br />

Handels- oder Dienstleistungsbetrieben<br />

in das neue Ausbildungsjahr.<br />

Damit konnten die Betriebe<br />

im Land die Zahl der Ausbildungsverträge<br />

im Vergleich zum<br />

vergangenen Jahr auf hohem Niveau<br />

halten und sogar geringfügig<br />

um 0,3 Prozentpunkte steigern.<br />

Bau- und Lebensmittelbranche<br />

mit offenen Stellen<br />

„Bei immer noch rückläufigen<br />

Schulabsolventenzahlen ist es vor<br />

allem für kleine und mittlere Betriebe<br />

eine große Herausforderung,<br />

ihre Lehrstellen zu besetzen“,<br />

sagt Marjoke Breuning, Präsidentin<br />

der für Ausbildungsfragen<br />

im Baden-Württembergischen<br />

Industrie- und Handelskammertag<br />

(BWIHK) zuständigen IHK<br />

Region Stuttgart. Deshalb sei es<br />

gut, dass viele Betriebe neue Bewerbergruppen<br />

in den Fokus nehmen.<br />

„Viele Betriebe haben erkannt,<br />

dass es ‚den Azubi' nicht<br />

mehr gibt und dass sie sehr flexibel<br />

auf unterschiedliche Bewerbergruppen,<br />

wie zum Beispiel Studienabbrecher,<br />

Geflüchtete oder<br />

junge Frauen und Männer mit Kindern<br />

zugehen müssen. Sie setzen<br />

alles daran, an geeignete Bewerber<br />

zu kommen.“ Auch jetzt können<br />

kurzentschlossene Schulabgänger<br />

und Ausbildungsinteressierte<br />

noch einen Ausbildungsplatz<br />

mit Start in diesem Herbst<br />

finden.<br />

863 offene Lehrstellen beklagt beispielsweise<br />

die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten<br />

im Landkreis<br />

Schwäbsich Hall. 413 offene<br />

Stellen sind es in der Lebensmittelbranche<br />

des benachbarten Hohenlohekreises.<br />

Die NGG appelliert<br />

dabei an Schulabgänger, sich in<br />

der Lebensmittelbranche umzuschauen.<br />

„Vom Industriekaufmann<br />

bis zur Getränke-Laborantin<br />

– die Ernährungswirtschaft bietet<br />

ein breites Spektrum, viele Perspektiven<br />

und im späteren Job<br />

auch einen überdurchschnittlichen<br />

Verdienst“, sagt NGG-Geschäftsführer<br />

Burkhard Siebert.<br />

„Die Lebensmittelindustrie sei in<br />

den vergangenen Jahren deutlich<br />

attraktiver geworden. Hinter der<br />

Tiefkühlpizza und dem Fruchtjoghurt<br />

stecken viel Hightech und<br />

Knowhow.“ Neben dem Lebensmitteltechniker<br />

suchen Betriebe<br />

nach NGG-Angaben insbesondere<br />

auch Mechatroniker- und Informatiker-Nachwuchs.<br />

Brauer-Gesellen<br />

verdienen knapp 3500 Euro<br />

Burkhard Siebert: „Wer sich beim<br />

Jobstart für die Ernährungsbranche<br />

entscheidet, gehört zu den<br />

Besserverdienern. Für einen<br />

Azubi in der Mineralbrunnenindustrie<br />

liegen die Vergütungen<br />

zwischen 893 Euro im ersten und<br />

1 192 Euro im dritten Lehrjahr –<br />

und damit höher als zum Beispiel<br />

bei einem Kfz-Azubi.“ Nach der<br />

Ausbildung kommt ein Brauer-Geselle<br />

auf 3492 Euro pro Monat.<br />

Außerdem hat die NGG ein tarifliches<br />

Weihnachts- und Urlaubsgeld<br />

sowie Zuzahlungen des Arbeitgebers<br />

in die betriebliche Altersvorsorge<br />

durchgesetzt.<br />

Auch die Baufirmen suchen noch<br />

Azubis: Im Landkreis Schwäbisch<br />

Hall sind 119 Plätze frei, im Hohenlohekreis<br />

68. In ganz Baden-<br />

Württemberg zählt die Branche<br />

3772 freie Azubi-Stellen.<br />

„Sei schlau, geh‘ zum Bau – das<br />

gilt heute genauso wie früher“,<br />

sagt Mike Paul von der IG Bau<br />

Stuttgart mit Blick auf die Bezahlung<br />

und Karrierechancen in der<br />

Branche. Nach einer Untersuchung<br />

des Bundesinstituts für Berufsbildung<br />

(BIBB) zählen Bau-<br />

Azubis zu den Bestverdienern unter<br />

allen Auszubildenden. In diesem<br />

Jahr kam noch einmal ein<br />

monatliches Plus von 65 Euro<br />

dazu. So startet ein angehender<br />

Maurer oder Betonbauer nun mit<br />

850 Euro pro Monat ins erste<br />

Lehrjahr. Im dritten Jahr sind es<br />

bereits 1475 Euro. „Nach der Ausbildung<br />

können Gesellen eine<br />

lange Karriereleiter hinaufklettern<br />

und es bis zum Polier oder<br />

Bauleiter bringen“, sagt Paul.<br />

Der Fachkräftebedarf dürfte bei<br />

den heimischen Baufirmen in den<br />

nächsten Jahren weiter wachsen,<br />

schätzt Paul. „Die Arbeit wird den<br />

Bau-Spezialisten mit Sicherheit<br />

nicht ausgehen. Die IG Bau rät<br />

Schulabgängern hierbei, sich vor<br />

allem in Innungsbetrieben umzusehen,<br />

die sich an Tarifverträge<br />

halten. Diese liegen bei den Verdiensten,<br />

Arbeitsbedingungen<br />

und der Beschäftigtenzufriedenheit<br />

weit vor Betrieben ohne Tarifbindung,<br />

wie eine Studie der<br />

Hans-Böckler-Stiftung zeigt.<br />

Zugleich gehe die Digitalisierung<br />

auf dem Bau in großen Schritten<br />

voran. „Maurer-Roboter sind nur<br />

ein Stichwort auf dem Weg zur<br />

Baustelle 4.0. Neue Technologien<br />

werden die Arbeit enorm erleichtern“,<br />

sagt Paul. Schon heute<br />

müsse sich die Berufsausbildung<br />

darauf einstellen – und den Bau-<br />

Aussicht: Wer im Baugewerbe lernt, hat vielfältige Karrieremöglichkeiten.<br />

Nachwuchs für das digitale Zeitalter<br />

qualifizieren. Erstmals hat die<br />

IG Bau in diesem Jahr auch einen<br />

Fahrkosten- und Unterbringungszuschuss<br />

von 60 Euro pro Monat<br />

durchgesetzt. Diesen bekommen<br />

Berufsschüler, die in eine Landesoder<br />

Bundesfachklasse gehen<br />

und dafür längere Wege zurücklegen<br />

müssen.<br />

Sicherheit bei der<br />

Ausbildung Geflüchteter<br />

Foto: IG Bau<br />

Erfreulich sei die Entwicklung<br />

laut IHK bei der Ausbildung von<br />

Flüchtlingen aus den typischen<br />

Herkunftsländern. Diese rund<br />

1200 Menschen kommen aus Afghanistan,<br />

Iran, Irak, Syrien, Eritrea,<br />

Nigeria, Pakistan, Somalia<br />

und Gambia und beginnen jetzt<br />

eine Ausbildung im Südwesten.<br />

Damit befinden sich zurzeit landesweit<br />

2400 Personen mit Fluchthintergrund<br />

in einer Ausbildung<br />

in einem IHK-Beruf – im Vergleich<br />

zum Vorjahr eine Steigerung<br />

um mehr als 1000 Auszubildende.<br />

Die IHK-Organisation setzt<br />

sich deshalb bei Politik und Verwaltung<br />

dafür ein, mehr Planungssicherheit<br />

für Betriebe zu erreichen,<br />

die Flüchtlinge ausbilden.<br />

Hier sieht das Aufenthaltsgesetz<br />

die 3+2-Regelung vor, die besagt,<br />

dass ein Flüchtling, der eine Ausbildung<br />

in Deutschland begonnen<br />

hat und die rechtlichen Voraussetzungen<br />

erfüllt, sie auch dann abschließen<br />

und zwei Jahre im Anschluss<br />

arbeiten kann, wenn sein<br />

Asylantrag abgelehnt wird. Doch<br />

diese Regelung greift nicht automatisch<br />

mit dem Beginn einer Ausbildung.<br />

Die Ausländerbehörde<br />

könne die Ausbildungsduldung ablehnen,<br />

wenn das Herkunftsland<br />

inzwischen als sicher gilt oder Papiere<br />

oder Stempel fehlen. „Für<br />

die betroffenen Menschen, ihre<br />

Ausbildungsbetriebe und deren<br />

Beschäftigte ist das oft dramatisch“,<br />

sagt IHK-Präsidentin Breuning.<br />

Betriebe, die Geflüchtete ausbilden,<br />

möchten deshalb, dass die<br />

3+2-Regelung automatisch gilt,<br />

wenn ein Ausbildungsvertrag vorliegt.<br />

Die positive Entwicklung bei der<br />

Integration von Flüchtlingen in<br />

Ausbildung ist unter anderem der<br />

Arbeit der „Kümmerer“ zu verdanken.<br />

16 der insgesamt 39 landesweiten<br />

Kümmerer-Stellen sind bei<br />

den IHK angesiedelt. pm<br />

www.berufenet.arbeitsagentur.de<br />

www. bau-stellen.de<br />

www.ihk-lehrstellenboerse.de<br />

Derbe Zeiten beim Großbäcker?<br />

Lieken: Bei dem Konzern steht möglicherweise ein massiver Stellenabbau bevor. Ob davon auch die<br />

beiden Standorte in der Region betroffen sind, ist derzeit noch ungewiss. VON HERIBERT LOHR<br />

Design: Aus Zimmermann Toast wurde Lieken. Unter anderem<br />

wird die bekannte Marke „Golden Toast“ am Standort in Crailsheim<br />

produziert.<br />

Foto: Dorn<br />

Dass im Bäckereigewerbe<br />

derzeit viel in Bewegung<br />

ist, ist nicht ganz neu.<br />

Der enorme Konkurrenzdruck<br />

macht dabei nicht nur den klassischen<br />

Handwerksbäckern zu<br />

schaffen, sondern stellt auch<br />

große Bäckereiunternehmen<br />

mit industrieller Infrastruktur<br />

vor erhebliche Herausforderungen.<br />

Die Gerüchte lassen nun<br />

aber Schlimmes befürchten. So<br />

will der Dortmunder Backkonzern<br />

Lieken dem Vernehmen<br />

nach ganz massiv Stellen abbauen.<br />

Mehreren Medienberichten zufolge<br />

sollen 1665 Stellen gestrichen<br />

werden, davon allein in<br />

der Logistik 1065. Ob, wann<br />

und an welchen Standorten Arbeitsplätze<br />

abgebaut werden,<br />

hat das Unternehmen noch<br />

nicht mitgeteilt. Entsprechende<br />

Anfragen blieben bislang unbeantwortet.<br />

Auch zu weiteren Angaben<br />

ist das Unternehmen derzeit<br />

nicht bereit. In der Region<br />

Heilbronn-Franken ist der Konzern<br />

mit zwei Standorten vertreten.<br />

In Crailsheim betreibt er<br />

ein Toastwerk (früher Zimmermann),<br />

in dem vor allem die<br />

Marke „Golden Toast“ produziert<br />

wird. Dort sind derzeit<br />

rund 300 Mitarbeiter beschäftigt.<br />

Nach Angaben von Burghart<br />

Siebert, regional Geschäftsführer<br />

der Gewerkschaft Nahrung-<br />

Genuss-Gaststätten (NGG),<br />

wurde der Fuhrpark aber schon<br />

vor einigen Jahren ausgelagert.<br />

Dem Gewerkschafter ist von einem<br />

Jobabbau in der Horaffenstadt<br />

bislang nichts bekannt.<br />

Der zweite Betrieb ist in Tamm<br />

bei Bietigheim-Bissingen. Das<br />

Lieken-Werk dort ist etwas kleiner<br />

als der Standort Crailsheim<br />

und stellt auch frische Backwaren<br />

her. Auch in Tamm ist von<br />

den Kürzungsplänen bislang<br />

nichts bekannt. Die Lieken AG<br />

betreibt in Deutschland derzeit<br />

neun Werke, machte zuletzt einen<br />

Umsatz von 772 Millionen<br />

Euro und beschäftigt insgesamt<br />

4100 Mitarbeiter.<br />

1922 hatte Fritz Lieken in Achim<br />

bei Bremen eine Vollkornbäckerei<br />

gegründet. 1998 verkaufte<br />

die Familie die Firma an die<br />

Großbäckerei Wendeln, die damals<br />

schon die Marke „Golden<br />

Toast“ herstellte. Zwei Jahre später<br />

übernahm Heiner Kamps die<br />

Gruppe und baute einen Backkonzern<br />

auf, den er im Jahre<br />

2002 an den italienischen Nudelhersteller<br />

Barilla verkaufte.<br />

Seit 2008 firmiert die Gruppe<br />

wieder unter dem Namen Lieken.<br />

Im Jahr 2013 ging sie an<br />

den tschechischen Agrofert-Konzern<br />

in Prag, der über 34 000<br />

Menschen beschäftigt und einen<br />

Umsatz von mehr als 170 Milliarden<br />

Euro ausweist.<br />

www.lieken.de<br />

Die Nachfolge<br />

richtig vorbereiten<br />

Podiumsdiskussion: Unternehmer berichten aus der Praxis<br />

Gemeinsam mit der Sparkasse<br />

Schwäbisch Hall-Crailsheim<br />

und der IHK Heilbronn-Franken<br />

beschäftigt sich RegioBusiness<br />

mit dem Thema „Unternehmensnachfolge<br />

im ländlich Raum“.<br />

Am 6. Oktober wird ab 18.30 Uhr<br />

dazu in den Räumen der Sparkasse<br />

in Crailsheim ein Informationsabend<br />

mit Podiumsdiskussion<br />

geboten.<br />

Vertreter von Bank und Kammer<br />

stellen ausführlich ihre Unterstützung<br />

für potentielle Übernehmer<br />

und Übergeber dar. Im Gespräch<br />

mit Moderator Heribert Lohr geben<br />

dann die Unternehmer Michael<br />

Hackner (CDS-Hackner),<br />

Ralph Buckennmaier (TC Buckenmaier)<br />

und Dr. Maggiarosa (HTC<br />

Hessentaler Container) Einblicke<br />

auf die ganz unterschiedlichen Ansätze<br />

für die Übergabe eines Familienunternehmens.<br />

Die IHK hat im<br />

Rahmen des Programmes „Heilbronner<br />

Weg“ ein ausführliches<br />

Beratungs- und Betreuungskonzept<br />

entwickelt. IHK-Berater Klaus<br />

Becker: „In den nächsten Jahren<br />

stehen viele Familienbetriebe zur<br />

Übergabe an.“ Sein Fazit nach jahrelanger<br />

Begleitung: „Das ist<br />

Chance und Herausforderung zugleich,<br />

aber ohne Vorbereitung<br />

kaum richtig zu meistern.“<br />

Für Bankvorstand Klaus Ehrmann<br />

beginnen die meisten Firmeninhaber<br />

zu spät damit, sich mit dem<br />

Thema zu beschäftigen: „Es gibt<br />

da gerade auch unter finanziellen<br />

Aspekten viel zu berücksichtigen<br />

und zu klären.“ Die Besucher haben<br />

während der Veranstaltung<br />

die Möglichkeit, mit den Experten<br />

gleich in Kontakt zu treten. Der<br />

Abend ist für Unternehmer auch<br />

eine gute Gelegenheit, ins Gespräch<br />

zu kommen.<br />

ANMELDUNG und weitere Informationen:<br />

Jessica Breitner,<br />

Sparkasse Schwäbisch Hall-Crailsheim,<br />

Tel.: 0 7 91 / 75 41 08;<br />

E-Mail: jessica.breitner@sparkasse-sha.de.<br />

www.sparkasse -sha.de<br />

www.heilbronn.ihk.de

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