01.10.2018 Aufrufe

_flip_joker_2018-10

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

16 KULTUR JOKER VISION<br />

Kunstvereine im Gespräch (8): Weil ist aktiv – und erneut bei der „Regionale“ dabei<br />

Kunstvereine spielen eine<br />

wichtige Rolle im Kulturleben<br />

von Städten und Gemeinden –<br />

gerade auch in unserer Region.<br />

Aber wie sieht das im Einzelnen<br />

aus? Die Serie über die Kunstvereine<br />

Südbadens geht dem<br />

nach. Der achte und neunte Teil<br />

berichtet über die Vereine von<br />

Weil am Rhein und Bad Säckingen<br />

am Hochrhein.<br />

Der Macher<br />

Friedrich Resin sitzt mir im<br />

Office seiner Büroartikel-Firma<br />

in Binzen gegenüber. Resin<br />

wuchs in Weil am Rhein auf.<br />

Seit 2014 ist er Vorsitzender<br />

des städtischen Kunstvereins.<br />

„Schon als Student wurde ich<br />

Mitglied“, berichtet er zu Recht<br />

stolz. Denn auch hier besteht<br />

die schwierige Aufgabe, jüngere<br />

Menschen für den Verein<br />

und die Kunst zu gewinnen.<br />

Etwa 85 Mitglieder gibt es, wie<br />

andernorts ebenso meist ältere<br />

Semester. Beinahe hätte Resin<br />

Kunstgeschichte studiert,<br />

dann wurde es doch BWL und<br />

er trat in das Geschäft des Vaters<br />

ein. Die Liebe zur Kunst<br />

blieb, ein wenig Sammler ist er<br />

auch geworden – und jetzt zudem<br />

Chef des Weiler Vereins,<br />

der natürlich weitere Aktive<br />

besitzt, darunter den Künstler<br />

Peter Bosshart aus Efringen-<br />

Kirchen als fachlichen Berater<br />

und als Kassierer den jungen<br />

Kaufmann Tobias Gombert,<br />

aktiver Kunstsammler (Resin:<br />

„der hat einen Riecher!“). Und<br />

auf den einstigen Anstoß für<br />

diese Seite im Kultur Joker angesprochen,<br />

die Idee einer Freiburger<br />

Bewerbung für den Titel<br />

„Europäische Kulturhauptstadt<br />

2025“, meint Resin spontan:<br />

„Warum nicht? Macht das<br />

doch, es ist noch nicht zu spät!“<br />

Das Haus<br />

Das „Stapflehus“ ist ein Segen<br />

für den Kunstverein und seine<br />

Heimat. Der Bau im Altweiler<br />

Zentrum am Lindenplatz gegenüber<br />

der evangelischen Kirche<br />

(1789–1791) war einst Amtssitz<br />

des Vogtes von Rötteln, errichtet<br />

im 16. Jahrhundert. An<br />

den gotischen Architekturstil<br />

gemahnen noch der (namengebende)<br />

typische Staffelgiebel,<br />

der Treppenturm sowie die<br />

alten Sandsteinfenster. Nach<br />

Erwerb durch die Stadt und Restaurierung<br />

konnte schon 1981<br />

der Kunstverein mit dem Zeitpunkt<br />

seiner Gründung Einzug<br />

halten. Etwa 130 Ausstellungen<br />

wurden seitdem im Haus organisiert,<br />

das auf drei Etagen 250<br />

qm Fläche bietet.<br />

Die Ziele<br />

„Wir haben das Dreiland-Thema<br />

im Auge“, beschreibt Resin.<br />

Tatsächlich konzentriert sich der<br />

Verein in seiner Ausstellungstätigkeit<br />

auf regionale Künstler.<br />

Die Liste wuchs enorm; meist<br />

jüngere KünstlerInnen wollen<br />

entdeckt und gefördert sein.<br />

Das Credo ist als „Mission“<br />

auf der Homepage formuliert:<br />

„Der Kunstverein (...) will bei<br />

den Menschen der Region das<br />

Interesse an Gegenwartskunst<br />

wecken. (…) Er unterstützt<br />

den Wunsch seiner Mitglieder,<br />

Kunst zu erwerben und zu sammeln.<br />

In seinen Ausstellungen<br />

konzentriert sich der Verein auf<br />

Künstler/innen, die einen Bezug<br />

zur Region Baden – Nordwestschweiz<br />

– Elsass haben. Dabei<br />

werden auch jüngere, noch nicht<br />

etablierte Künstler/innen ohne<br />

stilistische oder thematische<br />

Einschränkung berücksichtigt.<br />

Der Kunstverein Weil am Rhein<br />

fördert die Kommunikation<br />

zwischen Kunstschaffenden<br />

und Publikum. Die Einbindung<br />

junger Menschen ist dabei ein<br />

besonderes Anliegen.“<br />

Die Finanzen<br />

Als Geldsockel dienen die<br />

Mitgliedsbeiträge. Die Nutzung<br />

des Hauses erfolgt kostenfrei –<br />

das ist der Beitrag der Stadt,<br />

die auch sonst gelegentlich in<br />

kleinem Rahmen Unterstützung<br />

gewährt. Für die beiden eigenständigen<br />

Ausstellungsprojekte<br />

pro Jahr gelingt es aber immer<br />

wieder, zusätzliche Sponsorings<br />

zu akquirieren oder<br />

anderweitige Fördermittel zu<br />

erhalten, etwa von der Landesbank<br />

BaWü oder der Merian-<br />

Stiftung in Basel.<br />

Weitere Aktivitäten<br />

Neben besonderen Angeboten<br />

für Mitglieder und Interessierte,<br />

zum Beispiel Kunstfahrten<br />

(auch gemeinsam mit dem<br />

Kunstverein Schopfheim) sticht<br />

vor allem die lange schon praktizierte<br />

Beteiligung an der jährlichen<br />

„Regionale“, als einziger<br />

Gotisches Vogtshaus als Heimat für die Kunst Foto: Flashar<br />

klassischer Kunstverein neben<br />

Freiburg übrigens. Und hierfür<br />

zahlt die Gemeinde das Kuratorenhonorar.<br />

Im langen Schatten von Vitra-<br />

Museum und Fondation Beyeler<br />

in Riehen entstand hier über<br />

Jahrzehnte eine solide und<br />

verlässliche Kunstvermittlung.<br />

Info: www.kunstverein-weil.de<br />

Email: v1@kunstverein-weil.de<br />

Städtische Galerie Stapflehus,<br />

Bläsiring <strong>10</strong>, Weil am Rhein.<br />

www.stapflehus.de.<br />

Geöffnet: Sa 15-18 Uhr, So +<br />

Feiertag 14-18 Uhr.<br />

Aktuelle Ausstellung: Christoph<br />

Màdico-Bosch, „Kegelbahn“<br />

– experimentelle Fotografie,<br />

Sound, Installation; bis 4. Nov.<br />

<strong>2018</strong>.<br />

Martin Flashar<br />

Kunstvereine im Gespräch (9): Ein Kleinod am Hochrhein: Die Villa Berberich<br />

Das Gespräch<br />

In Säckingen agiert Frank<br />

van Veen, Rechtsanwalt, einst<br />

auf Bau- und Immobilienrecht<br />

spezialisiert, längst aber in<br />

Kinder- und Menschenrechtsfragen<br />

unterwegs. Van Veen,<br />

nicht verwandt mit dem gleichnamigen<br />

niederländischen Liedermacher,<br />

erzählt von frühen<br />

Prägungen: „Ich wuchs in<br />

Frankfurt auf; schon als Kind<br />

nahm mich mein Vater regelmäßig<br />

ins Städel Museum<br />

mit.“ Seit 1989 ist van Veen<br />

Vorstandsmitglied, seit 1995<br />

Die Seiten „Kulturhauptstadt“<br />

werden unterstützt von:<br />

(mit Unterbrechung) bis heute<br />

der Vorsitzende des Kunstvereins<br />

Hochrhein. Man kann van<br />

Veen schon des umtriebigen<br />

Berufs und weiteren Engagements<br />

(etwa als Vorsitzender<br />

von „Refugees Integrated e.V.“)<br />

wegen ebenfalls als Mann der<br />

Tat bezeichnen. Doch zugleich<br />

bringt er sich stets in die konzeptionelle<br />

Arbeit mit ein, besucht<br />

die Künstler, wählt aus,<br />

sammelt selbst, kreiert neue<br />

Projekte, assistiert bei der Ausstellungseinrichtung.<br />

Die Villa Berberich<br />

1874 errichtete der Säckinger<br />

Fabrikant Ignaz Berberich<br />

das imposante Wohnhaus im<br />

riesigen Parkgrundstück. Berberich<br />

war Weber und Tuchdrucker<br />

und gelangte durch<br />

staatliche Aufträge (Fahnen<br />

und Flaggen) zu Reichtum.<br />

1930 erwarb die Stadt das Objekt,<br />

nutzte es lange Zeit als<br />

Krankenhaus, bis es nach Umbau<br />

und Sanierung ab 1984 für<br />

kulturelle Nutzung bereitstand.<br />

Seitdem residiert hier ein Mineralienmuseum,<br />

betrieben<br />

von einem lokalen Verein, im<br />

zweiten Obergeschoss gibt es<br />

Seminarräume, im EG lockt<br />

ein Café mit guter Kuchenware<br />

auf sonniger Südterrasse.<br />

Und in der Bel Étage des<br />

Anwesens befindet sich die<br />

herrschaftliche Ausstellungsfläche,<br />

sieben wunderbar hohe<br />

und lichtdurchflutete Räume<br />

auf reichlich 160 qm. Vier Ausstellungen<br />

realisiert der Kunstverein<br />

dort pro Jahr (Laufzeit<br />

je vier Wochen).<br />

Der Verein und das Geld<br />

Stolze 150 Mitglieder zählt<br />

der Kunstverein Hochrhein.<br />

Er wurde 1968 gegründet. Damit<br />

gehört er zu den älteren<br />

Einrichtungen dieser Art außerhalb<br />

der Großstädte. Das<br />

Jubiläum wurde mit einem<br />

kleinen Empfang begangen.<br />

Vor 1984 konnte man Räume<br />

im Schloss Schönau (sog.<br />

Trompeterschlösschen) nutzen.<br />

Die kommunale Unterstützung<br />

besteht darin, dass in der Villa<br />

Berberich keine Miete erhoben<br />

wird. Darüber hinaus gibt es<br />

keine öffentliche Förderung<br />

(ein Zuschuss des Landkreises<br />

in früheren Tagen fiel längst<br />

weg). Die Finanzierung des<br />

Programms erfolgt also durch<br />

die Mitgliedsbeiträge und gelegentliche<br />

Spenden, gleichfalls<br />

eine Verkaufsprovision (20<br />

bis 30 Prozent) in den Ausstellungen.<br />

Deshalb können beispielsweise<br />

Transporte nicht<br />

erstattet werden.<br />

Inhalte<br />

Die Konzeption der künstlerischen<br />

Aktivität trägt auch<br />

die persönliche Handschrift<br />

van Veens. Eine Fotodokumentation<br />

über Kinderarbeit<br />

(2012), eine zweite über Kindersoldaten<br />

(2016), eine Schau<br />

des Graffitikünstlers Wolfgang<br />

Krell (2012), eine zusätzliche<br />

Urban-Art-Ausstellung (2016)<br />

– die zudem ihre Spuren im<br />

Park noch hinterließ – , oder<br />

das Projekt „Flucht, Fluchtursachen,<br />

Flüchtlinge“ lagen<br />

ihm besonders am Herzen.<br />

Politische Motivation tritt also<br />

hinzu. Überhaupt werden auch<br />

andere Sparten – Konzerte,<br />

Lesungen, Filme, Podiumsdiskussionen<br />

– ins Programm<br />

genommen, in thematischer<br />

Verknüpfung mit der jeweils<br />

laufenden Ausstellung.<br />

Immer im Winter präsentieren<br />

sich im jährlichen Wechsel<br />

die beiden lokalen Künstlergruppen<br />

„Freie Gruppe Hochrhein“<br />

und „Gruppe Polygon“.<br />

Ansonsten geht der Blick weit<br />

über die Region hinaus. Mit ihrer<br />

ständigen rastlosen Selbstbefragung<br />

(„was ist wohl publikumskompatibel“)<br />

schaffen<br />

van Veen und seine Mitstreiter<br />

eine bislang überzeugende kontinuierliche<br />

Arbeit. Eigentlich<br />

nur ein Wunsch bleibt immer<br />

offen: mehr Besucher.<br />

Info: www.kunstverein-hochrhein.de.Email:<br />

info@kunstverein-hochrhein.de.<br />

Villa Berberich, Parkstr. 1,<br />

Bad Säckingen. Geöffnet:<br />

Mi 16-18 Uhr, Sa 14-17 Uhr, So<br />

+ Feiertag <strong>10</strong>-12 Uhr und 14-<br />

17 Uhr. Nächste Ausstellung:<br />

Künstlergruppe Polygon, „Begegnungen<br />

– Rencontres“, 18.<br />

Nov. bis 16. Dez. <strong>2018</strong>.<br />

Martin Flashar

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!