Berliner Kurier 17.10.2018
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BERLINER KURIER, Mittwoch, 17.Oktober 2018<br />
Warum die CSU abgeschoben wird!<br />
Die gute Nachricht zuerst:<br />
Die SPD wurde von der<br />
UNO jetzt endgültig auf die<br />
Liste „bedrohter Tierarten“<br />
gesetzt. Das ist eine erste<br />
Konsequenz der Wahl in Bayern,<br />
die von den Medien abwechselnd<br />
„Bayern-Beben“,<br />
„Schock-Wahl“ oder „historisch“<br />
genannt wird. Anscheinend<br />
tat der Wähler das, was<br />
die CSU in ihrem Raumfahrtprogramm<br />
„Bavaria One“ gefordert<br />
hat: Er schoss Söder<br />
zum Mond! Leider dauert es<br />
noch, bis die bayrischeRaumfahrt<br />
einen Mondflug hinkriegt<br />
–daher darf der Söder<br />
noch ein bisschen regieren.<br />
Natürlich in „Demut“, wie<br />
dieser mehrfach betonte. Die<br />
bayrische Landeshauptstadt<br />
heißt aber gar nicht „Demut“.<br />
Sondern München –was natürlich<br />
heißt, dass das mit<br />
dem „in Demut“ regieren wieder<br />
mal nix wird…<br />
Gründe, AfD, Freie Wähler<br />
gewannen spektakulär an<br />
Stimmen hinzu, die AfD nicht<br />
ganz so stark wie erwartet.<br />
Das Fischen in bräunlich getrübten<br />
Gewässern hat anscheinend<br />
seine Grenzen.<br />
Und der bayrische Wähler<br />
antwortete auf die markigen<br />
„Wir schieben ab um jeden<br />
Preis“-Parolen mit einem:<br />
„Na, dann schieb mal ab!“<br />
Auch die FDP, besser bekannt<br />
als „die Hüpfburg des Kapitalismus“<br />
ist inBayern wieder<br />
im Landtag, was lustig zu werden<br />
verspricht. Trotzdem<br />
werden sie vermutlich nicht<br />
auf den Regierungszug springen,<br />
genauso wenig wie die<br />
Grünen. Da sind die Freien<br />
Wähler vorn –letztlich eine<br />
Art CSU im Faschingsmodus:<br />
andere Gesichter, ähnliches<br />
Programm.<br />
Angesichts der „Watschn“,<br />
die SPD und CSU erhalten<br />
haben, wäre es vielleicht doch<br />
mal eine ganz gute Idee, sich<br />
BERLIN 11<br />
Mensch<br />
Meyer<br />
Kabarettist<br />
Chin Meyer<br />
schreibt jeden<br />
Mittwoch und<br />
Sonnabend<br />
im KURIER<br />
gemeinsam auf den Weg zu<br />
machen und zu gucken, ob<br />
dieser ominöse Ort „Demut“<br />
nicht gefunden werden kann…<br />
Rio Reiser Wenn er doch Königin<br />
vonDeutschland wär ...<br />
... dann hätte Kreuzbergein Problem weniger.Denn eigentlich<br />
dürfen Straßen und Plätze nur nach Frauen benannt werden<br />
Von<br />
STEFAN STRAUSS<br />
Kreuzberg – Theoretisch ist die<br />
Sache klar: Mitten in Kreuzberg<br />
soll der Musiker, Hausbesetzer<br />
und Anarchist Rio Reiser<br />
(1950–1996) geehrt werden. So<br />
haben es Bezirkspolitiker von<br />
Linker, SPD und Grünen nach<br />
langen Debatten beschlossen.<br />
Dazu soll ein Teil des Mariannenplatzes<br />
oder des Heinrichplatzes<br />
in Rio-Reiser-Platz umbenannt<br />
werden. Doch praktisch<br />
ist das nicht so einfach.<br />
Denn Rio Reiser ist ein Mann.<br />
Der Bezirk hat vor 13 Jahren eine<br />
Frauenquote für Straßen, Plätze<br />
und Brücken festgelegt. Diese<br />
Quote gilt so lange, bis mindestens<br />
die Hälfte aller nach Personen benannten<br />
Straßen im Bezirk die<br />
Namen von Frauen tragen. „Diese<br />
Regelung ist schwer mit dem aktuellen<br />
Beschluss vereinbar“, sagt<br />
Bezirksbürgermeisterin Monika<br />
Herrmann (Grüne).<br />
Tatsächlich hat der Bezirk<br />
schon einige Ausnahmen gemacht:<br />
2008 wurde ein Abschnitt<br />
der Kochstraße in Kreuzberg zur<br />
Rudi-Dutschke-Straße. Und seit<br />
2013 trägt die Gabelsberger Straße<br />
in Friedrichshain den Namen<br />
des linken Aktivisten und Hausbesetzers<br />
Silvio Meier, den Neonazis<br />
1992 auf dem U-Bahnhof Samariterstraße<br />
getötet haben.<br />
Im Kulturausschuss haben sich<br />
die Verordneten lange mit der<br />
Frage beschäftigt, in welcher<br />
würdigen Form sie Rio Reiser ehren<br />
könnten. Historisch gesehen<br />
sei der Mariannenplatz der passende<br />
Ort, sagt der Ausschussvorsitzende<br />
Werner Heck (Grüne).<br />
Es sei gerechtfertigt, für Rio Reiser<br />
eine Ausnahme vom Frauenquoten-Beschluss<br />
zu machen. „Er<br />
war einer der wenigen Prominenten,<br />
die sich damals schon zu ihrer<br />
Homosexualität bekannt<br />
haben.“ Eine Arbeitsgruppe bereitet<br />
nun ein Versammlung zu<br />
diesem Thema vor. Die CDU wird<br />
sich an der Diskussion nicht beteiligen.<br />
„Rio Reiser unterstützte die<br />
Hausbesetzerszene in ihren illegalen<br />
Aktionen und Kämpfen gegen<br />
die Polizei“, sagt der CDU-<br />
Fraktionschef<br />
im<br />
Bezirk, Timur<br />
Husein.<br />
Gert Möbius ist<br />
ein Bruder von Rio<br />
Reiser, er verwaltet<br />
den Nachlass. Möbius<br />
sagt, einen Teil<br />
des Mariannenplatzes<br />
nach Rio Reiser zu benennen,<br />
passe zur Musik seines<br />
Bruders. „Den Mariannenplatz<br />
kennen viele wegen des<br />
‚Rauch-Haus-Songs‘“, sagt<br />
der 74-Jährige. Zur Taufe des<br />
Rio-Reiser-Platzes würde er<br />
dort ein Konzert veranstalten.<br />
„Die Musik von Rio Reiser ist<br />
nach wie vor lebendig. Viele<br />
Bands spielen seine Songs.“<br />
LinkeGeschichte:<br />
RioReiser sang im<br />
Rauch-Haus-Song<br />
vonder Besetzung<br />
des Bethaniens<br />
in Kreuzbergim<br />
Dezember 1971.<br />
Foto: Roland Owsnitzki, imago