Berliner Kurier 21.10.2018
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Ein Tweet vonAlyssa Milano<br />
gabMeToo seinen Namen.<br />
Damit begann eine der<br />
wichtigsten Bewegungen<br />
im World Wide Web.<br />
#MeToo<br />
Nach jahrzehntelangem<br />
Geraune über<br />
den Hollywood-<br />
Produzenten<br />
Harvey Weinsteinund<br />
seine<br />
„Castingcouch“<br />
erschien in der<br />
„New YorkTimes“<br />
einDossier,das<br />
schwereAnschuldigungengegen<br />
ihn erhebt.<br />
Mehrere Frauen soll er belästigt,bedroht, genötigt<br />
haben. Wehrten sie sich,waren ihre<br />
Karrieren beendet.<br />
DieSchauspielerin Alyssa Milano (Foto) postet<br />
daraufhin aufTwitter einen Aufruf, sichzu<br />
melden, falls man ebenfallssexuellbelästigt<br />
oder angegriffen wurde. Codewort: „Me<br />
Too“ („Ich auch“). MeToo wird zum Namen<br />
einer Bewegung, die in den darauffolgenden<br />
Monaten die gesamte westliche Welt zur<br />
Diskussion über sexuelle Gewalt und<br />
Machtmissbrauch zwingt.<br />
Zahlreiche Opfermeldensich zu Wort. Zum<br />
ersten Mal werden auch die mutmaßlichen<br />
Täter beim Namen genannt. Viele von ihnen<br />
sind berühmt und mächtig: HarveyWeinstein,<br />
Kevin Spacey,der Comedian Louis C.K.<br />
In Deutschland wird der Regisseur Dieter<br />
Wedel von mehreren Frauen der sexuellen<br />
Gewalt beschuldigt, im WDR werden ein<br />
Programmbereichsleiter und ein Auslandskorrespondentnach<br />
Vorwürfen entlassen.<br />
Wie sexuelleGewalt und Belästigung selbst<br />
gibt es jedoch auchden Hashtag #MeToo<br />
nichterstseit2017.DieafroamerikanischeAktivistin<br />
TaranaBurke hatte bereits zehn Jahre<br />
zuvoreine MeToo-Bewegunggegründet, die<br />
insbesondere jungeMädchen ermutigen will,<br />
über sexuelleÜbergriffe zu sprechen.<br />
...warnur<br />
derAnfang<br />
WieHashtags unsereGesellschaft verändern<br />
#MeTwo<br />
MeToo hat auch das Bewusstsein für soziale Probleme geweckt.<br />
Im Juni 2018 entsteht der Hashtag #MeTwo als Reaktion<br />
auf offene Feindseligkeiten gegen den Profifußballer<br />
Mesut Özil (Foto) nach der deutschen<br />
WM-Schlappe. Als Auslöser wird gemeinhin<br />
ein Foto von Özil mit dem<br />
türkischen Präsidenten Recep<br />
Tayyip Erdogan gesehen; Kritiker<br />
sehen es als Beweis, dass der<br />
in Deutschland geborene Özil<br />
sich mehr als Türke denn als<br />
Deutscher versteht. Der subtile<br />
Vorwurf, von manchen laut ausgesprochen:<br />
„Der Türke“ ist mit<br />
schuld, dass der „Mannschaft“ der<br />
Zusammenhalt fehlte.<br />
Der Aktivist Ali Can erfindet daraufhin<br />
#MeTwo („Ich zwei“) –für „eine MeToo-Debatte für<br />
Menschen mit Migrationshintergrund“. Auf Twitter berichten<br />
unter dem Begriff Tausende von ihren Erfahrungen<br />
mit Alltagsrassismus: von all den Nadelstichen, mit denen<br />
die deutsche Mehrheitsgesellschaft Menschen ausländischer<br />
Herkunft signalisiert, dass ihnen keine Fehltritte<br />
erlaubt sind, dass sie nie ganz dazugehören werden.<br />
Fotos: dpa picture-alliance, Getty,dpa (2), AP (2)