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Berliner Kurier 21.10.2018

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*<br />

POLITIK<br />

Dröhnendes<br />

Schweigen<br />

Na, dann ist ja gut! Einer<br />

nahm die saudische<br />

Räuberpistole von der tödlichen<br />

Prügelei in Istanbul<br />

für bare Münze: Donald<br />

Trump. Nicht weil der US-<br />

Präsident so leichtgläubig<br />

ist. Sondern weil er endlich<br />

wieder in Ruhe seine Deals<br />

einfädeln will: Schwamm<br />

drüber über den Khashoggi-Mord<br />

–die Saudis sind so<br />

reich, denen kann man gar<br />

nicht böse sein! Damit ist<br />

Trump besonders dreist.<br />

Doch alleine steht er nicht.<br />

Die Festnahmen im Umfeld<br />

des saudischen Kronprinzen<br />

sind das Eingeständnis<br />

einer Panne: Diese Aktion<br />

war so stümperhaft vorbereitet,<br />

dafür rollen Köpfe.<br />

Möglicherweise im Wortsinne.<br />

Doch jetzt bitte zurück<br />

zum Alltag!<br />

Was allen Seiten nur recht<br />

ist: Die Briten grübeln zwar<br />

noch über „nächste Schritte“.<br />

Aus Berlin ist aber auch<br />

18 Tage nach dem Gemetzel<br />

außer Ermahnungen wenig<br />

zu hören. Niemand redet<br />

Tacheles, niemand bestellt<br />

den Botschafter ein, niemand<br />

wirft Diplomaten<br />

raus. Es ist ein dröhnendes<br />

Schweigen. Man kann den<br />

Saudis einfach nichts übelnehmen.<br />

Weil es sich nicht<br />

rechnet.<br />

Nick Clegg<br />

MEINE<br />

MEINUNG<br />

Facebook holt sich den ehemaligen<br />

britischen Vize-<br />

Premier Nick Clegg (51) als<br />

neuen Politik- und Kommunikationschef<br />

an Bord.<br />

Clegg<br />

werde<br />

zum Jahresbeginn<br />

ins<br />

Silicon<br />

Valley<br />

ziehen<br />

und<br />

Nachfolger von Elliot<br />

Schrage werden, hieß es.<br />

Clegg, ein Pro-Europäer,<br />

war monatelang von Facebooks<br />

Gründer und Chef<br />

Mark Zuckerberg umworben<br />

worden.<br />

Foto: dpa<br />

Von<br />

Ralf<br />

Dorschel<br />

MANN DES TAGES<br />

Istanbul – Am Tod des saudischen<br />

Regimekritikers Jamal<br />

Khashoggi zweifelte<br />

längst niemand mehr, doch<br />

nun haben es auch die Saudis<br />

bestätigt: Nach ihrer Darstellung<br />

starb Khashoggi bei<br />

einem „Kampf“ im Konsulat<br />

in Istanbul. Türkische Ermittler<br />

haben eine andere<br />

Version: die eines Killerteams<br />

aus dem Umfeld des<br />

allmächtigen saudischen<br />

Thronfolgers Mohammed<br />

bin Salman.<br />

Der reagierte gestern mit einem<br />

Großreinemachen: Vertraute<br />

wurden gefeuert, 18 Personen<br />

festgenommen. Den wütenden<br />

Türken reicht das nicht.<br />

„Es wird keine Vertuschung<br />

geben“, so ein Regierungssprecher<br />

in Ankara –erkündigte<br />

gestern an, Ton- und Videoaufnahmen<br />

aus dem Konsulat zu<br />

veröffentlichen. Weil die nämlich<br />

eine ganz andere Geschichte<br />

erzählen als das halbe<br />

Geständnis der Saudis: Ein 15-<br />

köpfiges Killerteam reist nach<br />

Istanbul, um Khashoggi zu ermorden.<br />

Alle Mitglieder sind<br />

hochrangige Agenten, Bodyguards<br />

und Mitarbeiter im Büro<br />

des Thronfolgers in Riad.<br />

Dazu kommt ein erfahrener<br />

Arzt und Forensiker, der mit<br />

der Knochensäge im Gepäck<br />

einfliegt. Sie foltern Khashoggi<br />

innerhalb von Minuten nach<br />

seiner Ankunft im Konsulat<br />

Kenntnisreicher Kritiker<br />

des Saudi-Kronprinzen:<br />

Jamal Khashoggi starb im<br />

saudischen Konsulat.<br />

Fall Khashoggi<br />

Saudis gestehen<br />

Journalisten-Mord<br />

Kronprinz feuertMitarbeiter,will aber nichts gewusst haben. Türkei fürchtet<br />

„Vertuschung“. Deutsche Politiker halten Version für unglaubwürdig<br />

und beginnen, den Körper zu<br />

zerlegen, während ihr Opfer<br />

noch lebt. Alles nach türkischer<br />

Darstellung auf Band<br />

festgehalten – genau wie die<br />

müden Proteste des Hausherrn:<br />

Konsul Mohammed al-<br />

Otaibi bat seine Gäste, doch lieber<br />

draußen weiter zu morden.<br />

In Riad rollen nun Köpfe: Geheimdienst-Vize<br />

Ahmed al-<br />

Asiri kann genauso einpacken<br />

wie der einflussreiche Medienstratege<br />

Saud al-Kahtani –beide<br />

gehören zum engsten Kreis<br />

um Mohammed bin Salman.<br />

Der aber –sodie Kernbotschaft<br />

der Saudis –von allem nichts<br />

gewusst habe.<br />

Für die Regierung in Riad<br />

kommt der Skandal nämlich<br />

zur Unzeit: Immer mehr Staaten<br />

und Großkonzerne sagen<br />

ihre Teilnahme an der „Future<br />

Investment Initiative“ in Riad<br />

für die kommende Woche ab –<br />

hier wollte sich das salafistische<br />

Wüstenreich der Welt als<br />

seriöser Handelspartner präsentieren.<br />

Der Königssohn hat<br />

vorsichtige Reformen eingeleitet,<br />

ein paar der besonders mittelalterlichen<br />

islamistischen<br />

Regeln und Gesetze über Bord<br />

geworfen.<br />

Der mit dem Königshaus vertraute<br />

Khashoggi hatte das in<br />

seinen Kolumnen für die „Washington<br />

Post“ gelobt, den<br />

Kronprinzen aber für seinen<br />

immer brutaleren Umgang mit<br />

Kritikern scharf kritisiert.

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