02.11.2018 Aufrufe

SchlossMagazin Bayerisch-Schwaben November 2018

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

| region | 13<br />

mittlerweile zweijährigen Tochter als Hausregisseurin ins<br />

Festangestelltenverhältnis nach Augsburg holte, ist für sie ein<br />

Riesenvorteil. Ihr bisheriges Theaterleben war immer geprägt<br />

durch mehrwöchige Abwesenheiten von zuhause und von ihrem<br />

damals in Salzburg lebenden, langjährigen Freund. Mittlerweile<br />

ist die junge Familie in Augsburg heimisch geworden;<br />

ihr Lebensgefährte hat sich hier mit einem IT-Unternehmen<br />

selbstständig gemacht. Als feste Hausregisseurin genießt sie<br />

nicht nur finanzielle Sicherheit, sondern vor allem die Möglichkeit<br />

einer optimalen, dauerhaften Kommunikation mit allen<br />

Teammitgliedern am Theater. Sie kann nun die Schauspieler<br />

viel besser kennenlernen und gegenseitiges Vertrauen aufbauen.<br />

So sei über mehrere Inszenierungen hinweg ein ganz anderes<br />

Feedback möglich.<br />

Zuständig<br />

für „Plan A“<br />

Ihre erste Arbeit in Augsburg im Rahmen<br />

Ihres Ressorts „Plan A“ war das neue zeitgenössische<br />

Stück „Paradies fluten“. Für<br />

die Inszenierung engagierte sie als Gast eine Vertikalseil-Artistin<br />

– gemäß ihres Faibles für Körper und Bewegung. Nach jeder<br />

Vorstellung gab es Publikumsgespräche: „Den direkten unmittelbaren<br />

Austausch zwischen Zuschauern und Ensemble halte<br />

ich für einen äußerst wichtigen Faktor“, erläutert Schneiderbauer.<br />

Die Projekte der interdisziplinären Plattform „Plan A“<br />

finden auch an ungewöhnlichen Orten wie dem Orchesterprobensaal<br />

oder dem Kunstmuseum Walter statt. Im Sinne einer<br />

optimalen Verknüpfung verschiedener Sparten wird auch mit<br />

dem Textilmuseum tim und dem Grandhotel Cosmopolis zusammengearbeitet<br />

– im Rahmen offener Veranstaltungsformate<br />

mit Inhalten, die stets Bezug zu Augsburg haben und die aus<br />

„Plan A“ eine wahre Wundertüte machen.<br />

Auf den Trümmern Hinter diesem Titel verbirgt sich eine<br />

das Morgen neue multimediale und multiperspektivische<br />

Reihe, die in unterschiedlichen Formaten<br />

das Spielzeitmotto „Geistzeit“ beleuchtet. Den Auftakt<br />

hatte im Oktober eine Filmnacht im Kühlergebäude des Gaswerks<br />

gemacht, mit dem legendären Filmepos „Metropolis“ von<br />

Fritz Lang (Uraufführung 1927). Mit musikalischer Live-Begleitung<br />

begab sich das Publikum auf eine Reise in die zukunftsweisende<br />

Vergangenheit der Filmkunst. Weiter geht es in regelmäßigen<br />

Abständen mit Diskussionsabenden mit Philosoph/*innen<br />

und Wissenschaftler/*innen, Filmabenden, Lesungen und Konzerten,<br />

die soziale, politische und ästhetische Zusammenhänge<br />

der vergangenen hundert Jahre untersuchen und in Bezug zu<br />

unserer Gegenwart und Zukunft setzen.<br />

Europe Central<br />

Am 12. Januar feiert die Uraufführung von<br />

„Europe Central“ nach dem preisgekrönten<br />

Roman von William T. Vollmann im Gaswerk Premiere. „Mich hat<br />

der Text fasziniert, hat mich regelrecht hineingezogen“ begründet<br />

Nicole Schneiderbauer die Wahl dieses Sujets. Berühmte, berüchtigte<br />

und auch anonyme Menschen schildern darin subjektiv<br />

ihre Erlebnisse aus den Jahren von 1906 bis 1975. Dieser Handlungszeitraum<br />

deckt sich mit den Lebensdaten des Komponisten<br />

Dmitri Schostakowitsch, dessen Werke immer wieder wie ein<br />

apokalyptischer Soundtrack zwischen den Erzählungen zu hören<br />

sind. Der ganze Roman ein zur Symphonie gewordenes Stimmengewirr,<br />

das multiperspektivisch ein Panorama des 20. Jahrhunderts<br />

öffnet. Nicole Schneiderbauer hat es sich zur Aufgabe<br />

gemacht, den ausufernden, überbordenden und grandiosen Tausendseiter<br />

mit fünf Schauspielern und einer Musikerin zu raffen,<br />

auf die wesentlichen Aussagen zu reduzieren und gleichzeitig<br />

den Geist der Ursprungwerkes spürbar zu machen. Für die Dramaturgie<br />

zuständig ist Nicole Schneiderbauer bei der Wiederaufnahme<br />

von „Das Ungeheuer“ auf der Alten Orchesterprobenbühne,<br />

einer filmisch-theatralen Adaption des Romans von<br />

Terézia Mora, die im Oktober den Georg-Büchner-Preis erhielt.<br />

Sinnstiftendes<br />

Warten<br />

Auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen<br />

stieß das Team um Nicole Schneiderbauer<br />

auf tönende Ampeltaster: gelbe „Dinger“, die normalerweise<br />

an Ampelmasten hängen, um das Signal für Fußgänger<br />

zu aktivieren. Wer genauer hinschaut, erkennt an einigen, die<br />

eben NICHT an Ampeln angebracht sind, das pinkfarbene Ananas-Logo<br />

des Theaters. Diese sog. „Sinnboxen“ stellen Hörstationen<br />

dar, mit denen Passanten an sieben verschiedenen Orten<br />

im Stadtgebiet, z. B. am Merkurbrunnen oder am Domplatz, auditiv<br />

in die Theatersaison eintauchen können. Betätigt man die<br />

Taste, sind Texte und Fragestellungen bekannter Autoren zu<br />

hören. Die reaktive Intervention verwebt „Sinnsucht“ und<br />

„Geistzeit“, verknüpft das alte und das neue Spielzeitmotto des<br />

Staatstheaters Augsburg. Entwickelt wurde die Sinnbox innerhalb<br />

eines Jahres vom Augsburger Labor für Medienkunst LAB<br />

BINÆR in Zusammenarbeit mit der Plattform Plan A, technisch<br />

gesponsert von der Langmatz GmbH.<br />

Bindeglied zur<br />

Aber nicht nur „Plan A“ fällt in Nicole<br />

Freien Szene Schneiderbauers Aufgabenbereich. Sie ist<br />

zudem Ansprechpartnerin für die Freie<br />

Szene. Ihr ist es ein besonderes Anliegen, mit ihren Inszenierungen<br />

und neuen Formaten auch vermehrt das jüngere Publikum<br />

anzusprechen. So setzt sie in Zukunft u. a. auf Kooperationen<br />

mit freien Theatergruppierungen, Künstlerinnen und<br />

Akteurinnen der Stadtgesellschaft. Vernetzung und Austausch<br />

lautet die Prämisse. Bleibt abzuwarten und zu staunen, was Nicole<br />

Schneiderbauer und ihr Team demnächst sonst noch aus<br />

der Wundertüte ziehen. #

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!