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Achtung! Warum Unternehmen Menschenrechte beachten müssen

Bei Menschenrechten geht es um Würde und Achtung. Daran haben sich auch Unternehmen und Staaten zu halten. Aber tun sie das auch? Die aktuelle Ausgabe des Wirtschaftsmagazins UmweltDialog lotet auf 84 Seiten die vielen Facetten des hochaktuellen und brisanten Themas Menschenrechte aus.

Bei Menschenrechten geht es um Würde und Achtung. Daran haben sich auch Unternehmen und Staaten zu halten. Aber tun sie das auch? Die aktuelle Ausgabe des Wirtschaftsmagazins UmweltDialog lotet auf 84 Seiten die vielen Facetten des hochaktuellen und brisanten Themas Menschenrechte aus.

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<strong>Menschenrechte</strong><br />

Im Prinzip hat uns unsere Verfassung<br />

dafür schon gute Indikatoren<br />

an die Hand gegeben und gesagt: Ein<br />

Recht auf Asyl wird unbedingt gewährt.<br />

Ein Recht auf Einwanderung<br />

dagegen kann und sollte an politische<br />

Voraussetzungen geknüpft werden.<br />

Einwanderung, also vor allem Armutseinwanderung,<br />

muss mit Blick auf<br />

die Leistungsfähigkeit des politischen<br />

Systems diskutiert werden. Das ist<br />

keineswegs moralisch illegitim, sondern<br />

geradezu geboten. Denn wenn<br />

ein System nicht mehr leistungsfähig<br />

ist, dann werden alle Rechtsleistungen<br />

dieses Systems ruiniert.<br />

Ich erinnere Sie da noch einmal<br />

schnell an John Grays Dogmatiker –<br />

die werden Ihnen jetzt lautstark widersprechen!<br />

Ja. Moralische Idealisten sagen: Du<br />

darfst gar nicht an die Belastungsgrenzen<br />

der Bundesrepublik denken,<br />

du darfst gar nicht mit Pegida oder der<br />

AfD sprechen. Das ist richtig, wenn<br />

wir über Asyl reden. Es ist falsch,<br />

wenn wir über Einwanderung reden.<br />

Das Nachdenken über die Belastbarkeit<br />

des politischen Gemeinwesens<br />

ist Teil der Aufrechterhaltung des<br />

politischen Gemeinwesens, und die<br />

Existenz dieses Gemeinwesens ist ein<br />

hohes Gut. Wie man allerdings dann<br />

diese Grenzen für Armutsmigration<br />

etwa definiert, das geht nicht autistisch,<br />

sondern nur im Verbund mit<br />

anderen und möglichst in einem kosmopolitischen<br />

Dialog.<br />

Reden wir über die Rolle der Wirtschaft!<br />

Lange glaubte man, dass<br />

mehr Markt auch mehr Demokratie<br />

braucht und generiert. Die Demokratie-<br />

und Globalisierungswelle nach<br />

dem Kalten Krieg steht für diese Narration.<br />

Aber jetzt beweisen immer<br />

öfter populistische und/oder autoritäre<br />

Systeme das Gegenteil. Laufen<br />

gute Geschäfte besser ohne Moral?<br />

Langfristig nicht. Hier <strong>müssen</strong> wir<br />

noch mal ein Stück weit philosophisch<br />

werden. Über Jahrzehnte wurde<br />

den Studierenden in BWL und VWL<br />

Michael Jensens „Principal/Agent<br />

Theory“ eingetrichtert, wonach eine<br />

Firma nichts anderes ist als ein Nexus<br />

von Verträgen zwischen homines oeconomici:<br />

Ein rationaler Maximierer<br />

seines Eigennutzens trifft sich mit<br />

anderen Maximierern, und die verabreden<br />

Verträge zur kollektiven Maximierung<br />

ihres Eigennutzes. Wenn<br />

man die Welt so sieht, dann sind<br />

moralische Werte und Normen tatsächlich<br />

nichts als Seitenbegrenzungen<br />

und Maximierungshindernisse,<br />

von denen man dann natürlich lieber<br />

weniger als mehr hat. Menschen mit<br />

einem solchen Selbstverständnis werden<br />

Werten und Normen stets mit einer<br />

Vermeidungslogik begegnen.<br />

Ich halte dies Modell für falsch: Firmen<br />

sind Ansammlungen von Menschen,<br />

die mit Menschen für Menschen tätig<br />

sind. Die „Principal/Agent Theory“<br />

kann zwar sehr gut die menschlichen<br />

Laster abbilden – Gier beispielsweise<br />

– sie ist aber sehr schlecht darin, Altruismus<br />

und Tugenden abzubilden.<br />

Der Mensch kommt aber bekanntlich<br />

nicht nur mit Lastern, sondern auch<br />

mit Tugenden zur Welt. Das heißt,<br />

ein Teil dessen, was uns Menschen<br />

ausmacht, wird in diesen Modellen<br />

nicht abgebildet und wird dann auch<br />

managementmäßig nicht angetriggert.<br />

Die herkömmliche Lehre vom<br />

wirtschaftenden Menschen oder von<br />

der Nationalökonomie ist also nicht<br />

realistisch genug, eben weil sie nicht<br />

idealistisch genug ist.<br />

Wie bekommen wir weniger skrupellose<br />

und mehr empathische Manager?<br />

Auf der Makroebene braucht es<br />

Rechtsnormen, die soziopathisches,<br />

psychopathisches oder schlichtweg illegales<br />

Handeln abstrafen, damit der<br />

Ehrliche nicht der Dumme ist. Zudem<br />

Foto: Marion Lenzen<br />

darf es keine Verfestigung des Normbruchs<br />

geben: Es darf niemals so weit<br />

kommen, dass irgendwann Unrecht<br />

als geltendes Recht angesehen wird.<br />

Auf der Mesoebene brauchen wir ein<br />

Anerkennungs-Management, damit jeder,<br />

der sich um anständiges Wirtschaften<br />

bemüht, damit auch Karriere<br />

machen und eine entsprechende<br />

Reputation aufbauen kann. Ich würde<br />

das von schlichten Anreizsystemen<br />

insofern unterscheiden, weil Anreizsysteme<br />

sehr oft mechanisch ausgerichtet<br />

sind. Nach dem Motto: Zuckerbrot<br />

und Peitsche. Jemand, der vorher<br />

Geld bekommt, damit er nachher regelkonform<br />

handelt, ist etwas anderes<br />

als jemand, der nachher eine materielle<br />

oder immaterielle Anerkennung<br />

erhält, weil er zuvor anständig gewirtschaftet<br />

hat.<br />

Auf der Mikroebene schließlich geht<br />

es ganz wesentlich um mentale Veränderung.<br />

Hier haben wir an den Universitäten<br />

sehr viel aufzuholen. Zu lange<br />

haben wir Einstellungen gefördert,<br />

die zu einem Empathie-armen und<br />

rücksichtslosen Wirtschaften beitragen.<br />

Wie man in den Wald hinein ruft,<br />

so schallt es heraus. Wenn wir in den<br />

Kursen den Studierenden das Gefühl<br />

vermitteln, alle anderen sind homines<br />

oeconomici, dann mögen sie zwar im<br />

16 Ausgabe 10 | November 2018 | Umweltdialog.de

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