KEM Konstruktion 04.2017
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PORTRÄT<br />
PORTRÄT<br />
PORTRÄT<br />
MAGAZIN<br />
lung und Industrievernetzung. Vom Steckverbinder bis<br />
zur Infrastrukturkomponente für die Industrieautomatisierung<br />
reicht das Angebot. In welche Richtung wird<br />
sich das Produkt- und Lösungsportfolio zukünftig weiterentwickeln?<br />
Brode: Als Connectivity-Hersteller geht es bei uns primär<br />
um Schnittstellen. Der Steckverbinder ist eine dieser entscheidenden<br />
Schnittstellen, dessen Relevanz auch in einer<br />
Integrated Industry hoch ist. Mit unserer Device- und<br />
Installation-Connectivity waren wir schon immer in der<br />
Welt der professionellen IT und der industriellen Automatisierung<br />
zu Hause. Was uns im Zuge der Digitalisierung<br />
antreibt, ist die Idee der smarten Steckverbinder. Auch<br />
ein Steckverbinder kann als I4.0-Komponente oder Cyber<br />
Physical System gesehen werden. Und am Steckverbinder<br />
können Daten erfasst werden, die zu komplexen Informationen<br />
verarbeitet, wertvolle Informationen für<br />
neue Services wie Predictive Maintenance liefern. Das<br />
bezieht sich auf die Erhebung und Verarbeitung von Daten<br />
durch unsere Harting Mica, aber auch durch die Erhebung<br />
von Daten direkt im Steckverbinder, um beispielsweise<br />
den Stromverbrauch zu messen. Einen weiteren<br />
Aspekt sehen wir in Smart Factories. Hier kommen neue<br />
Aufgaben auf den Steckverbinder zu, denn die Modulschnittstelle<br />
muss einerseits alle Lebensadern (Power,<br />
Data, Signal) steckbar machen und gleichzeitig eine sichere<br />
Verbindung für den Anwender und die Anlage darstellen.<br />
Die Anforderungen an alle Lebensadern erfüllt Han-<br />
Modular, die Anforderungen an die Bedienung werden<br />
dadurch erfüllt, dass der Han-Modular smart wird. Diese<br />
integrierte Intelligenz macht aus dem Steckverbinder ein<br />
Cyber Physical System. Im Rahme unserer Aktivitäten in<br />
der Smart Factory KL haben wir bereits Lösungen vorgestellt.<br />
Auf der Hannover Messe 2017 werden wir die<br />
nächste Stufe unsere smart Han-Lösungen zeigen.<br />
Gräff: Generell werden die Datenraten steigen und die<br />
Zahl der Steckverbinder wird weiter zunehmen, sie werden<br />
kompakter und zuverlässiger, gleichzeitig sind hohe<br />
Steckzyklen und eine große Modularität gefragt. Als Anbieter<br />
möchten wir solche smarten Schnittstellen für das<br />
Maschinenumfeld bereitstellen. Das Design dieser Steckverbinder<br />
muss es ermöglichen, neben dem Spritzen und<br />
Stanzen auch mittels 3D-Druck zu fertigen. Wir möchten<br />
ja zukünftig nicht nur Komponenten liefern, sondern den<br />
Kunden beim Engineering und über den gesamten Lifecycle<br />
zu unterstützen. Dazu müssen Modelle zur Verfügung<br />
gestellt werden. Dazu wird Unterstützung benötigt, sowohl<br />
in der Abbildung der Produkte als auch bei der Simulation.<br />
Typische Eckdaten sind das Derating bei der<br />
Energie. Wir müssen es dem Kunden leichtmachen, zu<br />
entscheiden, ob ein Steckverbinder weiterverwendet<br />
werden kann oder ob er ausgetauscht werden muss. In<br />
Zukunft wird auch das kollaborierende Engineering gemeinsam<br />
mit Kunden an Bedeutung gewinnen, um so<br />
Projekte schneller realisieren zu können. Dazu ist eine enge<br />
Zusammenarbeit in Partnernetzwerken erforderlich,<br />
wie das am Beispiel des Mica-Netzwerks deutlich wird.<br />
„Die Mica ermöglicht<br />
viele kleine Clouds, die<br />
nahe an der Applikation<br />
den Übergang von der<br />
Automatisierungstechnik<br />
zur IT schaffen.“<br />
Uwe Gräff, Geschäftsführer,<br />
Harting Electronics und<br />
Harting Electric<br />
Bild: Kai Reifenberg, Harting<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Eines der aktuellen Produkte<br />
von Harting ist die schon angesprochene Mica. Viele<br />
Embedded-Spezialisten bieten ähnliche Plattformen.<br />
Worin liegt die besondere Bedeutung dieses<br />
flexiblen, Linux-basierten Systems?<br />
Brode: Die Hauptvorteile der Mica-Softwarearchitektur<br />
lassen sich in drei Punkten zusammenfassen. Durch die<br />
Linux-Container lassen sich einzelne Komponenten wie<br />
das Einlesen der Daten, die Transkription und die Weitergabe<br />
in andere Container isoliert und nach Bedarf austauschen.<br />
So erfordert beispielsweise ein Wechsel eines<br />
Protokolls oder eines Sensortyps nur das Ersetzen des<br />
entsprechenden Containers. Der Rest des Systems läuft<br />
ohne Änderung weiter. Das kann Entwicklungszeiten von<br />
Wochen oder Monaten auf wenige Tage reduzieren.<br />
Durch die Linux-Basis steht Entwicklern das weltweit<br />
größte Ökosystem an freien Bibliotheken und Anwendungen<br />
zur Verfügung. Von Datenbanken wie MySQL<br />
über Programmierumgebungen wie node.js und Node-<br />
RED, bis zu Spezialanwendungen, etwa Spritzgussprotokollen<br />
wie Euromap 15, können Entwickler frei erhältlichen<br />
Code oder fertige Lösungen unkompliziert in ihre<br />
Mica-Anwendung integrieren. Die Virtualisierung des Systems<br />
bringt einerseits höhere Betriebssicherheit, da ein<br />
Problem in einem Container nicht zum Systemabsturz<br />
führen kann, andererseits kann die physikalische Welt<br />
einfach und direkt abstrahiert werden: ein Sensor ist ein<br />
Container, eine Datenanalyse findet in einem zweiten<br />
Container statt, und ein Aktor ist ein dritter Container; alle<br />
mit einer eigenen IP-Adresse und Erreichbarkeit aus dem<br />
Firmennetzwerk oder der Cloud. Das Besondere sind also<br />
die hard- und softwareseitigen offene Schnittstellen,<br />
die zum Mitmachen in unserem Partner-Netzwerk einladen.<br />
Ein Beispiel dafür ist Robotik Operation System Association,<br />
die die Entwicklung linuxbasierter modularer<br />
Robotersteuerungen vorantreibt und die Mica auch zur<br />
Steuerung einsetzt.<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> 04 2017 21