ECHO Top1000 2018
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top 1000 | arbeitsmarkt<br />
Mangelberuf – und nur in solchen war es bis<br />
dahin möglich – zu versagen, wurde zumindest<br />
die regierungsinterne Diskussion mehr oder<br />
weniger beruhigt. Denn vor allem Vertreter<br />
des ÖVP-Wirtschaftsflügels hatten mit dem<br />
kompromisslosen Kurs der Regierung wenig<br />
Freude. Bekannte Persönlichkeiten der ÖVP,<br />
wie Ex-Parteiobmann Reinhold Mitterlehner,<br />
unterstützen sogar ganz offen parteiübergreifende<br />
Initiativen, die ein Bleiberecht für von<br />
Abschiebung bedrohte Lehrlinge fordern.<br />
Ideologische Spannungsfelder<br />
Die Diskussion um Asyl, Integration und Ausbildung<br />
offenbart aber nicht nur die zwiespältige<br />
Lage der Wirtschaftspartei ÖVP, die sich<br />
zwischen den Bedürfnissen einer wichtigen<br />
Klientel und der Pakttreue mit dem Regierungspartner<br />
entscheiden muss, sondern auch die<br />
ARBEITSMARKT – BESCHÄFTIGUNG<br />
weitgehende Konzeptlosigkeit der Regierung<br />
bei diesen Themenbereichen. Konzeptlos auch<br />
deshalb, weil es nicht gelingt, das zwischen den<br />
Regierungspartnern vorhandene ideologische<br />
Spannungsfeld einerseits und die wirtschaftlich<br />
bedingten Erfordernisse andererseits in ein sinnvolles<br />
und für alle Beteiligten gewinnbringendes<br />
Verhältnis zu bringen.<br />
Eine genaue Statistik, wie hoch die Beschäftigungsquote<br />
bei Geflüchteten mit anerkanntem<br />
Asylstatus ist, gibt es nicht. Weil weder alle in<br />
Frage kommenden Personen als arbeitslos gemeldet<br />
sind, noch diese in den Basisdaten des<br />
AMS identifiziert werden. Diese unterscheiden<br />
z. B. zwischen arbeitslos gemeldeten In- und<br />
Ausländern oder nach Nationalitäten. Das<br />
AMS ermittelt allerdings Daten über arbeitslose<br />
Asylwerber mittels Kontrollgruppen. Erfasst<br />
werden jene Menschen, die 2015 Asyl bekom-<br />
Asylwerber und Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt<br />
2537<br />
2414<br />
2239<br />
1960<br />
546<br />
784<br />
944<br />
1228<br />
2132<br />
5109<br />
1402<br />
490<br />
692<br />
319<br />
503<br />
613<br />
180<br />
190<br />
145<br />
545<br />
239<br />
106<br />
98<br />
79<br />
29<br />
Österreich<br />
Deutschland<br />
Schweden<br />
Schweiz<br />
Dänemark<br />
Finnland<br />
Niederlande<br />
Belgien<br />
Italien<br />
Griechenland<br />
Frankreich<br />
Bulgarien<br />
Slowenien<br />
Ungarn<br />
Großbritannien<br />
Irland<br />
Lettland<br />
Litauen<br />
Estland<br />
Spanien<br />
Rumänien<br />
Tschechien<br />
Portugal<br />
Polen<br />
Slowakei<br />
9,2 (15,4)<br />
8,8 (12,8)<br />
8,6 (9,3)<br />
5,6 (7,4)<br />
2,9 (3,9)<br />
2,1 (3,4)<br />
2,1 (2,8)<br />
1,5 (2,1)<br />
1,3 (2,1)<br />
1,1 (2,8)<br />
0,9 (1,6)<br />
0,5 (0,8)<br />
0,4 (0,9)<br />
Asylwerber<br />
0,3 (1,0)<br />
pro 1 Mio Einwohner<br />
0,2 (0,3)<br />
(Stand 2017)<br />
0,2 (0,4)<br />
0,2 (0,2)<br />
0,1 (0,2)<br />
0,1 (0,1)<br />
0,1 (0,1)<br />
0,0 (0,1)<br />
0,0 (0,0)<br />
0,0 (0,1)<br />
0,0 (0,0)<br />
0,0 (0,0)<br />
Erwerbsfähige Männer<br />
18–34 Jahre mit niedriger Bildung<br />
Zuwachs 2014–2017 in Prozent<br />
Prognose: Zuwachs<br />
2014–2020 in Prozent<br />
EU-Länder (ohne Kroatien, Luxemburg,<br />
Malta und Zypern) und Schweiz<br />
men haben, in einer zweiten Gruppe jene, die<br />
2016 Asyl bekamen. Insgesamt geht es dabei<br />
um 9.500 und 11.000 Flüchtlinge.<br />
3+2-Regelung in Deutschland<br />
Von jenen, die 2015 Asyl erhielten, sind mehr<br />
als 30 Prozent in Beschäftigung, in der Kontrollgruppe<br />
von 2016 sind ca. 25 Prozent in einem<br />
Arbeitsverhältnis. An sich keine schlechten<br />
Werte, wie Arbeitsmarkt- und Integrationsexperten<br />
versichern. Auch in der benachbarten<br />
Bundesrepublik Deutschland weisen die Arbeitsmarktdaten<br />
ähnliche Beschäftigungszahlen<br />
für anerkannte Asylanten auf. Dort allerdings<br />
geht man das Problem Asylwerber und Fachkräftemangel<br />
deutlich offensiver an. Für ausbildungswillige<br />
Asylwerber – also jene ohne den<br />
Status der Anerkennung – wendet die deutsche<br />
Bundesregierung die sogenannte 3+2-Regelung<br />
an. Diese bedeutet, dass ein Flüchtling, der eine<br />
Ausbildung in Deutschland begonnen hat,<br />
nicht nur die Ausbildung abschließen kann,<br />
sondern anschließend auch eine zweijährige<br />
Anschlussbeschäftigung ausüben darf, selbst<br />
wenn sein Asylantrag abgelehnt wird. Diese von<br />
verschiedenen Seiten hoch gelobte wirtschaftsund<br />
flüchtlingsfreundliche Regelung, die selbst<br />
Solange die Asylverfahren<br />
nicht<br />
kürzer als 180 Tage<br />
dauern und es keine<br />
taugliche Nachfolgeregelung<br />
gibt,<br />
müssen Asylwerbende<br />
in der Lehre<br />
verbleiben dürfen.<br />
Dazu braucht es endlich das 3+2-Modell nach<br />
deutschem Vorbild als praktischste und menschlichste<br />
Lösung, von der alle profitieren. Die<br />
Lehre für Asylwerbende ist nur ein Mosaikstein,<br />
aber sie mindert zumindest den Fachkräftemangel.<br />
Das ist für viele Betriebe enorm wichtig.<br />
Und natürlich auch für die Asylwerbenden, die<br />
ihren Beitrag leisten wollen, statt der Allgemeinheit<br />
auf der Tasche zu liegen.<br />
NEOS-Wirtschaftssprecher und Hotelier<br />
<br />
Sepp Schellhorn<br />
<br />
von der bekannt migrationsskeptischen bayrischen<br />
Landesregierung nicht in Frage gestellt<br />
wird, ist allerdings für die österreichische Bundesregierung<br />
keine Option. Hier werden Ausbildung<br />
und Lehre Asylwerbern künftig versagt.<br />
<br />
Josef Temper<br />
Foto: Simonis<br />
8 <strong>ECHO</strong> TOP 1000 UNTERNEHMEN <strong>2018</strong>