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Swusch – swusch … Wer auf dicken, pflichtgemäß über<br />
die Straßenschuhe gestreiften Filzpantoffeln durch<br />
die Räume des Schlosses Ahrensburg gleitet, hört außer<br />
dem feinen Geräusch der eigenen Schritte auf den<br />
erlesenen Holzfußböden nicht viel. Andere Besucher<br />
sprechen, wenn überhaupt, im Flüsterton miteinander.<br />
Nur das Ticken verschiedener Uhren übertönt die Stille.<br />
Und das leise Knarzen der Dielen. Geräusche, die genau<br />
so für Jahrhunderte in diesen elegant-gediegenen Räumen<br />
für Generationen von Bewohnern zu hören waren.<br />
Glanz und Gloria erfüllen in unterschiedlichen Stilen<br />
verschiedener Epochen bis heute jeden der Räume des<br />
Schlosses: die 1765 in Paris maßgefertigte hölzerne<br />
Wandvertäfelung des Speisezimmers im Erdgeschoss<br />
und das Meißner Porzellan etwa, die in hochwertigster<br />
Handwerkskunst gefertigten Parkettböden und Möbelstücke,<br />
die nach kühnen statischen Berechnungen<br />
zwei Stockwerke durchbrechende Rokoko-Treppe, opulente<br />
Kronleuchter und Kristall-Lüster, Stuckdecken<br />
und Kunst.<br />
Oft stehen für Besucher kleine Sitzbänke bereit, um dieses<br />
einmalige Ambiente in Ruhe wirken zu lassen. Man muss<br />
nur lange genug sitzen bleiben, auf die hypnotisierenden<br />
Rhythmen der Uhren lauschen und den Duft<br />
der Hölzer einsaugen, um mit der Zeit zu verschmelzen.<br />
Geschichten um Schlösser und Adel, Herrschaft<br />
und Bedienstete faszinieren viele Menschen. Belege<br />
dafür dürften die Erfolge von TV-Serien wie jüngst<br />
»Downton Abbey«, »Das Haus am Eaton Place« aus<br />
den frühen 1970er-Jahren oder royale Filmmonumente<br />
wie »Sissi« sein, das aus dem Leben der jungen<br />
österreichischen Kaiserin Elisabeth erzählt.<br />
Das Schloss Ahrensburg bietet mit seiner originalen<br />
Einrichtung reichlich Gelegenheit, adeliger Wohnkultur<br />
nachzuspüren. Allein der prachtvolle Festsaal von 1855<br />
mit seiner Haydn-Melodien spielenden Flötenuhr dürfte<br />
Augen leuchten und Wangen erglühen lassen.<br />
Doch wo waren eigentlich die Toiletten? Und wer hat für<br />
die Herrschaft Staub gewischt, sie bekocht und ihr das<br />
Badewasser eingelassen? Und wie soll man so ein großes<br />
Haus im Winter bloß warm bekommen? Antworten<br />
auf solche und ähnliche, gar nicht adelige Alltagsfragen<br />
finden Schlossbesucher im »Historienkabinett«,<br />
der landesweit vielleicht kleinsten, aber mit reichlich<br />
interaktiven Elementen umfassend informierenden<br />
musealen Dauerausstellung. Sie erzählt Geschichten<br />
aus dem Schloss und von seinen Bewohnern, vor allem<br />
aus dem Leben der Bediensteten. Eine anrührende<br />
Brücke in die Vergangenheit schlagen etwa ein paar<br />
deutlich gebrauchte Buntstifte und kleine Spielzeuge,<br />
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