09.12.2018 Aufrufe

Berliner Zeitung 08.12.2018

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

20 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 287 · 8 ./9. Dezember 2018<br />

·························································································································································································································································································<br />

Schönes Wochenende<br />

WEINKUNDE<br />

FUNDSTÜCKE<br />

von Silvia Perdoni<br />

Haben Sie auchetwas Neues in derStadtentdeckt?<br />

Bitte schreiben Sie uns an: berlin.fundstuecke@dumont.de<br />

VonRomana Echensperger<br />

FONDETTE<br />

THECASTLE BERLIN<br />

Mehr als ein<br />

Party-Prickler<br />

Wer sich mit dem Marktfür Schaumwein beschäftigt, stellt<br />

fest: Hier geht es anders zu als im Rest der Weinbranche.<br />

Dasmag auch daran liegen, dass kein anderes Produkt der<br />

Weinwelt so durch Menschenhand manipuliertwerden kann.<br />

Schließlich entsteht Schaumwein in der Regel durch zwei Gärungen.<br />

DieGrundweine können kellertechnisch auf bestimmte<br />

Eigenschaften getrimmt werden, es wirdverschnitten,<br />

Hefelager sowie Zuckerzugabe vordem Versand tun das<br />

Übrige.Soist es auch großen Betrieben möglich, über Jahre<br />

hinweg ein gleich schmeckendes Produkt auf den Marktzu<br />

bringen. Hinzu kommt die Einstellung der Verbraucher.Während<br />

diese bei Stillweinen kritisch hinterfragen und genauer<br />

definieren können, was ihnen schmeckt, gilt bei Schaumwein<br />

das Motto: Hauptsache,esprickelt. Schaumwein wirdals Lifestyleprodukt<br />

zum Feiernund nicht unbedingt als Wein mit<br />

Herkunft wahrgenommen. Marken, Image und Preis sind daher<br />

für die Kaufentscheidung wichtiger als der Geschmack.<br />

In dieser Hinsicht gibt es viele Parallelen zwischen Cava,<br />

Sekt und anderen Schaumweinen. DieWahrnehmung wird<br />

durch große Marken geprägt, die zudem das Preisgefüge strapazieren.<br />

Werkennt nicht die ständigen Sonderangebote für<br />

diese Prickler,mit denen Supermärkte versuchen, Kunden in<br />

ihreLäden zu locken. Joseph und Jaume Gramona aus Katalonien<br />

gehen einen anderenWeg.„Wir wollen unsereBöden verstehen<br />

und interpretieren“, erklären sie dem Besucher.Sie haben<br />

ihren Familienbetrieb auf biologisch-dynamisches Wirtschaften<br />

umgestellt. Dasist im Penedès mindestens ungewöhnlich.<br />

Schließlich geht es im Kernland des Cavaseher<br />

darum, maximale Erträge aus den Weingärten zu holen. Was<br />

mit biologischer Bewirtschaftung schwierig ist. In der Region<br />

gibt es drei heimische Rebsorten, die für Cava wichtig sind. Bei<br />

Gramona konzentriertman sich auf Xarel-lo,die langlebige<br />

Weine hervorbringt. „Wir wollen mit einem langen Hefelager<br />

alle Facetten der Flaschenreife zum Vorschein bringen“, erklärtJaume<br />

Gramona. „Damuss der Wein standhalten.“<br />

Besonders zu empfehlen ist der „La Cuvée“ Gran Reserva,<br />

der über drei Jahreauf der Hefe lagert. Viel Zeit, um dem<br />

Schaumwein eine feine Perlage,Schmelz und raffinierte Aromen<br />

mitzugeben. Solche Schaumweine sollte man aus einem<br />

größeren Glas und nicht aus einer schmalen Flutetrinken. So<br />

zeigt sich der Cava fein schäumend im Glas und entwickelt<br />

sein volles Bukett mit Aromen vonkandierten Zitronen, Orangen,<br />

Brioche,Buttertoast, weißen Blüten undMandelmus.Die<br />

saftig frische Säuremacht Lust aufden zweiten Schluck. Cremige<br />

Textur undFülle sowie ein langer Nachhall empfehlen<br />

diesen Cava nicht nur zum Aperitif.<br />

Gramona Cava „La Cuvée“ GranReserva2013, 19,90Euro, www.la-tienda.de<br />

Raclette und Fondue<br />

Zusammensein<br />

mit viel Käse<br />

Esgibt Essen, das nicht bloß gegessen, sondern zelebriert<br />

werden will. Mahlzeiten wie ein Fest, deren Name reicht,<br />

um Familien oder alte Freunde um einen Tisch zu versammeln.<br />

Fondue und Raclette sind solche Gerichte, gesellig und<br />

abendfüllend. Es geht um das Zusammensein. Na gut, ein<br />

bisschen auch um den leckeren Käse,der am besten schmeckt,<br />

wenn die Kälte vondraußen die Fenster beschlagen lässt.<br />

Der Wetterbericht macht das ab der kommenden Woche<br />

möglich, das passende Restaurant hat gerade wiedereröffnet.<br />

DasFondette,ein kleiner Laden nur für den Winter,der in seiner<br />

dritten Saison in diesem Jahr in den Rosenhöfen am Hackeschen<br />

Markt gastiert. Unter Gruyère aus der Schweiz, wahlweise<br />

versetzt mit Champagner oder Trüffeln, begraben Hungrige<br />

hier Kartoffeln, Cornichons, Champignons, Spargel und<br />

Birnen. Werrechtzeitig reserviert, sitzt um den Tisch in einer<br />

echten Gondel aus dem Berner Oberland.<br />

Fondette,Rosenthaler Straße36, Mitte, Mo–Soab12Uhr<br />

MUXMÄUSCHENWILD<br />

Schluss mit dem Konsumstress<br />

Jenäher Weihnachten rückt, desto mehr artet das Geschenkebesorgen<br />

zu Kaufstress aus. Mit heraufziehendem Bescherungstermin<br />

werden die Einkäufe wahlloser und das Shoppen mutiertzum Spießrutenlauf<br />

durch die Läden. Zwei Pop-up-Verkäufe wollen das jetzt ändern.<br />

Sie bieten Gebrauchtes und Selbstgemachtes, wollen ein Zeichen<br />

gegen Konsumwahn und Wegwerfkultur setzen.<br />

Seit einer Woche bekommen gut erhaltene Waren imNorden<br />

Neuköllns eine zweite Chance. ImCRCLR-Haus, einer alten Lagerhalle<br />

neben der Kindl-Brauerei, finden Schenker Hausrat, Spielzeug,<br />

Elektrogeräte,CDs,Bücher und Kleidung. DerVerkauf ist ein Projekt<br />

des <strong>Berliner</strong> Senats und seiner InitiativeRe-Use,die fürs Wiederverwenden<br />

wirbt. Mit Lastenrädern haben Vertreter der Initiative auf<br />

Bestellung Ausgedientes aus Haushalten abgeholt, auch Wochenmärkte<br />

und die BSR haben sich beteiligt. Alles ist gut in Schuss,versprechen<br />

die Organisatoren des Verkaufs.Noch bis zum 16. Dezember<br />

finden <strong>Berliner</strong> im CRCLR-Haus echte Schätze, die so garantiert<br />

niemand anderes geschenkt bekommt. Nebenbei lauschen Kinder<br />

Faire Weihnachtsgeschenke<br />

Craft Beer<br />

Raritäten<br />

aus aller Welt<br />

Selbstgebrautes statt Fast Food: VieleJahreresidierte am U-<br />

Bahnhof Frankfurter Torein McDonald’s,nun werden hier<br />

aus 50 Hähnen handwerklich gebraute Biere gezapft. Vorein<br />

paar Wochen eröffnete hier The Castle, ein Irish Pub, dessen<br />

Betreiber bereits eine Filiale am Nordbahnhof haben. Dieüblichen<br />

Verdächtigen aus Irland fehlen natürlich nicht: Neben<br />

Kilkenny, Newcastle Brown Ale und Guinness schenken die<br />

Männer und Frauen hinter der Bar aber auch echte Raritäten<br />

aus aller Welt aus. Das Barmagazin Mixology lobte einst, der<br />

Pubhabe sich„vom irischen Fußballwohnzimmer zu einer der<br />

besten <strong>Berliner</strong> Bieradressen“ gemausert.<br />

Wervon den vielen Sorten überfordert ist, nimmt ein paar<br />

Probierschlucke.Mit 500 Quadratmeternauf zwei Etagen und<br />

250 Sitzplätzen bietet das neue The Castle auch reichlich Platz.<br />

Kaffee von<strong>Berliner</strong> Röstereien und Gratis-WLAN machen den<br />

Laden tagsüber zu einem beliebten Co-Working-Space.<br />

TheCastle, Frankfurter Tor7,Friedrichshain, Mo–Fr ab 9Uhr,Sa–So ab 10 Uhr<br />

und Erwachsene Vorträgen, Diskussionen und Workshops rund um<br />

Wiederverwertung und Müllvermeidung.<br />

Auch auf dem Holzmarkt-Areal verkauft ein Onlineshop für gebrauchte<br />

Kleidung Ausgefallenes. Das Mainzer Unternehmen Vinokilo<br />

bezieht weltweit Secondhand-Mode, bereitet sie von Hand auf<br />

und lässt sie bei besonderen Pop-up-Veranstaltungen wieder in den<br />

Konsumkreislauf fließen. So soll das Leben von Textilien verlängert<br />

werden. VonTaschen und Schuhen über Pullover bis hin zu Gürteln<br />

und Bauchtaschen: Hochwertigen Marken wie Burberry, Armani und<br />

Versace finden in der Veranstaltungshalle Säälchen neue Besitzer.Gezahlt<br />

wird immer nach Gewicht, ein Kilo Kleidung kostet 25 Euro.<br />

Dazu gibt es Wein, Musik und kleine Leckereien, der Eintritt liegt bei<br />

2Euro. Werdas Säälchen wieder verlässt und noch nicht insolvent ist,<br />

kann auf demWeihnachtsmarkt vorder Tür einen Glühwein nehmen.<br />

ShopimCRCLR-Haus,Rollbergstraße 26, Neukölln, Fr 10–16Uhr,Saund So 12–20Uhr<br />

Verkauf auf dem Holzmarkt,Holzmarktstraße25, Friedrichshain, 8. 12., 12–22 Uhr<br />

WOHIN AM WOCHENENDE?<br />

Kunst<br />

und<br />

Geschichte<br />

Werdas besondere<br />

Geschenk sucht, findet es<br />

vielleicht auf der<br />

Zeughausmesse im<br />

Deutschen Historischen<br />

Museum<br />

VonIda Luise Krenzlin<br />

Egal, wie Kaufhäuser heute in Berlin<br />

genannt werden: Boulevard, Mall,<br />

Arkaden oder Passagen, es sind und<br />

bleiben schnöde Einkaufscenter.<br />

Ohne Tageslicht, dafür mit Weihnachtshits<br />

in Dauerschleife, immergleiche<br />

Shops, die man sowohl im<br />

Wedding, in Mitte als auch in Neukölln<br />

findet. Kurzum: Es gibt schönereOrte,<br />

um Geschenke zu kaufen, sofernman<br />

sich dem Geschenkewahnsinn nicht<br />

sowieso verweigert. Der Zeughaushof<br />

im Deutschen Historischen Museum<br />

(DHM) ist so ein Ort. Im lichten glasüberdachten<br />

Hof findet an diesem<br />

Wochenende zum 22. Mal die Zeughausmesse<br />

statt. Viel Tageslicht lässt<br />

die Farben des Hofes südländisch<br />

strahlen: Rosa, Sand, Himmelblau,<br />

Weiß. Große Kanonen scheinen die<br />

ausgestellten Objekte zu bewachen,<br />

sehr zur Freude vonKindern, die fasziniertsind<br />

vonden altenWaffen.<br />

90 in Berlin ansässige Künstler,<br />

Kunsthandwerker und Designer<br />

Der Zeughaushof erstrahlt im südländischen Glanz.<br />

REINBERGER; PONIZAK<br />

kommen zur Zeughausmesse zusammen<br />

und stellen ihre Kunstobjekte<br />

aus. Ein Potpourri aus edlen<br />

Alltagsgegenständen, Kleidung,<br />

Lampen, Schmuck, Handpuppen.<br />

Alles schön, alles besonders,alles individuell.<br />

Pause von der Massenware.<br />

Auch die Keramikerin Anna Sykora<br />

hat in den letzten Tagen viele<br />

Porzellangefäße in Kartons verpackt.<br />

Becher,Tassen, Schalen. Seit 15 Jahren<br />

arbeitet sie in ihrer Werkstatt in<br />

der Kreuzberger Fichtestraße mit<br />

Porzellan. Anna Sykora formt die<br />

Porzellanmasse auf einer Töpferscheibe.Normalerweise<br />

wirdPorzellan<br />

gegossen. Das Drehen von Porzellan<br />

auf einer Scheibe erfordertviel<br />

Geschick, Erfahrung und handwerkliches<br />

Können. Jedes Gefäß einer Serie<br />

unterscheidet sich ein wenig von<br />

den anderen. Mit Farbpigmenten<br />

mischt Anna Sykora eine „Engobe“,<br />

eine Farbmasse, die sie mit Pinseln<br />

aufträgt. So entstehen schöne Farben<br />

mit ungewöhnlichen Mustern.<br />

Auf der Innenseite erhalten die Gefäße<br />

eine Glasur.Glatt wie Glas kommen<br />

die Becher dann aus dem<br />

Brennofen, dem Herz des Ateliers.<br />

Zwei Mal werden die Gefäße gebrannt.<br />

Für ihre Serie „Seashell“<br />

wurde Anna Sykora 2016 mit dem<br />

Bayerischen Staatspreis ausgezeichnet.<br />

Die Technik für die Oberfläche,<br />

die an Muscheln erinnert, hat sie<br />

selbst entwickelt. Die aus dem Kyffhäuser<br />

stammende Künstlerin hat<br />

bereits mit 14 Jahren beschlossen,<br />

Keramikerin zu werden. Nach einem<br />

Besuch derWerkstatt der bekannten<br />

Keramikern Hedwig Bollhagen<br />

wusste sie: Daswill ich auch.<br />

Im Zeughaushof werden ihre filigranen<br />

Porzellangefäße in Schwarz<br />

oder zartem Blau mit eingeritzten Linien<br />

neben vielen anderen Objekten<br />

stehen. Stilvolle Hüte, Mosaike, außergewöhnlicher<br />

Schmuck. Eine<br />

faltbare Kette der Schmuckdesigne-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!