Nr. 23 (IV-2018) - Osnabrücker Wissen
Nr. 23 (IV-2018) - Osnabrücker Wissen Wir beantworten Fragen rund um die Osnabrücker Region. Alle drei Monate als Printausgabe. Kostenlos! Und online unter www.osnabruecker-wissen.de
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HINTER DEN KULISSEN<br />
Schnitt drei bis vier Jahre länger als ein<br />
herkömmlicher Bus mit Verbrennungsmotor.<br />
Die Wartungs- und Ersatzteilkosten<br />
sind 25 bis 30 % geringer, überdies ist<br />
Strom günstiger als Diesel.<br />
che Motorengeräusche erzeugt, weil die<br />
geräuscharmen Fahrzeuge von Fußgängern<br />
und Radfahrern leicht überhört<br />
werden können. | Rebecca Schulze<br />
Warum steigt die<br />
in Osnabrück?<br />
Bis spätestens 2025 wollen die Stadtwerke Osnabrück auf den Hauptlinien des ÖPNV rein elektrisch<br />
fahren. Das ehrgeizige Vorhaben beginnt aber bereits im März 2019. Die bisherige Linie 41<br />
zwischen Düstrup und Haste wird zur Premierenbühne für die neuen Elektrobusse.<br />
An der Endwende in Düstrup befindet<br />
sich ein Mittelspannungszugang (10 kV).<br />
Ein 640 kVA Trafo wandelt die Mittel- in<br />
Gleichspannung um, mit der die Busse<br />
geladen werden. Unterirdisch gelangt<br />
diese über ein 167 m langes Kabel zum<br />
Lademast. 100 Prozent Ökostrom, den die<br />
Stadtwerke Osnabrück seit 1999 zu großen<br />
Teilen regional erzeugen, können die neuen<br />
Busse aber auch an den Schnellladestationen<br />
„tanken“, mit denen die Endwenden<br />
ausgerüstet sind.<br />
Wie kommt der Strom<br />
in den Elektrobus?<br />
Der Pantograf (zu Deutsch: Dachstromabnehmer)<br />
des Busses „dockt“ an der Ladehaube<br />
der Station an. Sie misst lediglich<br />
1,30 m in der Länge und 0,70 m in der<br />
Breite. Eine Art Besenvorrichtung säubert<br />
die Kontaktstellen von Schnee-, Eis- und<br />
Regennässe. Der Schutzleiter ist immer<br />
als erster Kontakt an der Ladehaube und<br />
wird als letzter Kontakt wieder von ihr<br />
entfernt. Er sorgt mit einem Minimum<br />
von vier Kontaktpolen für ein Maximum<br />
an Sicherheit. Die Ladung erfolgt mit einer<br />
Spannung von bis zu 800 V und einer<br />
Ladeleistung von bis zu 400 kW und landet<br />
sicher in der Batterie des E-Busses. Beim<br />
nächtlichen „Cell-Balancing“ auf dem<br />
Busbetriebshof der Stadtwerke wird zusätzlich<br />
kontrolliert, wie stark die einzelnen<br />
Zellen zu laden sind. Hierbei orientiert<br />
sich das System an der schwächsten, um<br />
ein Überladen bereits voller oder fast voller<br />
Zellen zu vermeiden. Dadurch wird die Lebensdauer<br />
der Batterie erhöht - da sie den<br />
optimalen Ladezustand („State of Charge“)<br />
zwischen 60 und 90 % halten kann.<br />
Was kostet<br />
das E-Zeitalter?<br />
Der Umstieg ist teuer. Ein E-Bus kostet<br />
knapp das Doppelte wie ein Bus mit Verbrennungsmotor,<br />
also um die 700.000<br />
Euro. 12 Fahrzeuge sind für die Linie<br />
41 vorgesehen, ein 13. dient als Reservefahrzeug.<br />
Außerdem schlagen die Ladestationen<br />
– pro Stück – mit rund 300.000<br />
Euro zu Buche. Trotzdem ist die Initiative<br />
ökonomisch und ökologisch sinnvoll. So<br />
fährt ein E-Bus, der auf 10.000 Kilometer<br />
etwa 70 Kilogramm CO2 einspart, im<br />
Bild ©Stadtwerke OS / Hintergrund © releon8211, fotolia.de<br />
Außerdem gibt es erhebliche Fördersummen<br />
von Land und Bund, ohne die ein solches<br />
Projekt nicht realisierbar wäre. Etwa<br />
40 % der Millioneninvestition übernimmt<br />
die öffentliche Hand.<br />
Schließlich starten die Stadtwerke mit<br />
jahrelangen Erfahrungswerten in das neue<br />
Zeitalter. Seit 2013 wurde ein Elektrobus<br />
vom Typ PVI-Oreos bereits auf der Linie<br />
94 eingesetzt. Er hat mittlerweile über<br />
100.000 Kilometer zurückgelegt.<br />
Warum reicht der<br />
Busführerschein nicht<br />
mehr aus?<br />
Neben dem Führerschein der Klasse D benötigen<br />
die E-Bus-Fahrerinnen und -Fahrer<br />
eine ausführliche Einweisung. Das fachgerechte<br />
Laden mithilfe des Pantografen<br />
braucht einige Routine und die sogenannte<br />
Rekuperation entscheidet mit über den<br />
ökologischen Erfolg des Projekts.<br />
Dieser Fachbegriff beschreibt die Energierückgewinnung<br />
durch Nutzbremsung, bei<br />
der Fahrer bis zu 40 % der Energie einsparen<br />
können. Während der Rekuperation<br />
wird der E-Motor durch den Schwung des<br />
Busses weiter angetrieben. So verliert das<br />
Fahrzeug an Tempo, ohne dass der Fahrer<br />
tatsächlich bremsen muss. „Die zurückfließende<br />
Energie kann direkt wieder vom<br />
System genutzt werden“, erklärt Joachim<br />
Kossow, Stadtwerke-Projektleiter für die<br />
Einführung der E-Busse.<br />
Wo herrscht<br />
elektrische Stille?<br />
„Im Stand ist der E-Bus nahezu geräuschlos,“<br />
meint Joachim Kossow, aber auch in<br />
den verkehrsberuhigten Zonen tritt bald<br />
elektrische Stille ein. Denn in der Praxis<br />
verringert sich die Geräuschkulisse um ein<br />
Vielfaches. Tatsächlich müssen E-Autos ab<br />
Sommer 2019 im Stadtverkehr mit einem<br />
Gerät ausgerüstet werden, das künstli-<br />
Steckbrief<br />
E-Bus<br />
Name: Citea SLFA-181 E<br />
Höhe: 3,49 m<br />
Länge: 18,15 m<br />
Breite: 2,55 m | ca. 125 Fahrgastplätze<br />
Technik: Komplette Batterie und<br />
Batterie-Management-System auf dem<br />
Dach<br />
Reichweite: mind. 60 Km<br />
Motorleistung: 210 kW<br />
Durchschn. Verbrauch:<br />
ca. 2,5 kWh pro km<br />
WISSEN KOMPAKT<br />
BUSSE AUF DER WAAGE<br />
Das Herz des E-Busses, die Batterie,<br />
wiegt knapp 2.000 Kilogramm.<br />
Ähnlich verhält es sich<br />
bei einem Verbrennungsmotor<br />
für einen vergleichbaren Gelenkbus.<br />
Ein leerer E-Bus wiegt<br />
18 Tonnen, der Gelenkbus mit<br />
Verbrennungsmotor bringt 16<br />
bis 18 Tonnen auf die Waage.<br />
Ein Elektrobus darf eine zulässige<br />
Gesamtmasse von 29 t<br />
haben und damit 1 Tonne mehr<br />
als ein Dieselbus. Dadurch<br />
sollen die Gewichtsnachteile<br />
durch die Batterie ausgeglichen<br />
werden.<br />
Anlieferung des E-Busses im Verkehrsbetrieb<br />
Detailaufnahme des Pantografen,<br />
dem Stromabnehmer auf dem Dach der E-Busse.<br />
38<br />
39<br />
Klein aber oho – der rad-nahe Siemens-Motor<br />
hat eine Leistung von 210 kW.