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POLITIK<br />
MEINE<br />
MEINUNG<br />
Überwachung<br />
der AfD? Ja, bitte!<br />
Von<br />
Christian<br />
Burmeister<br />
Der rechte Rand in der<br />
rechtspopulistischen<br />
AfD fühlt sich ausgegrenzt.<br />
Von den eigenen Parteifreunden.<br />
Ist es wirklich glaubhaft,<br />
was André Poggenburg da<br />
gesagt hat? Oder jammerter<br />
nur ein bisschen, um deutlich<br />
zu machen, wie ernst es die<br />
Parteispitze mitihrerAbgrenzung<br />
nach ganz rechts<br />
meint? Immerhin droht der<br />
AfD eine Überwachung<br />
durch den Verfassungsschutz.<br />
Sicher: Die AfDstrebt gerade<br />
einen Parteiausschluss gegen<br />
die abgesetzte Landeschefin<br />
in Schleswig-Holstein an.<br />
Andererseits hat sie ein solches<br />
Verfahren auch gegen<br />
Björn Höcke eingeleitet –das<br />
ist im Sande verlaufen. Diese<br />
Partei hat einen Fraktionschef<br />
im Bundestag, der Menschen,<br />
die einen Hitlergruß<br />
zeigen, für „ungefährlich“<br />
hält. Und spätestens nach<br />
Chemnitz ist derSchulterschluss<br />
von Teilen der AfD<br />
mit offenen Verfassungsfeinden<br />
gut dokumentiert. Wenn<br />
der Inlandsgeheimdienst<br />
jahrelang den heutigen Linken-Ministerpräsidenten<br />
Bodo<br />
Ramelow überwachen<br />
konnte, kann er das auch bei<br />
der AfD –egal, was die Partei<br />
in diesen Wochen tut oder<br />
Poggenburg sagt.<br />
FRAU DESTAGES<br />
Amber Rudd<br />
Gedacht haben es sicher viele,<br />
gesagt hat es nur eine:<br />
Großbritanniens Arbeitsministerin<br />
Amber Rudd (55)<br />
findet das<br />
Verhalten<br />
des EU-<br />
Kommissionschefs<br />
Jean-Claude<br />
Juncker im<br />
Allgemeinen<br />
und Frauen<br />
gegenüber<br />
im Besonderen<br />
„grotesk“<br />
und „grauenhaft“. Ob<br />
Haarewuscheln bei Pernilla<br />
Sjölin oder Armhalten bei<br />
Theresa May –Rudd hat auf<br />
derlei Nähe keine Lust. Und<br />
täuscht deshalb bei Besuchen<br />
in Brüssel eine Erkältung vor.<br />
Foto: Will Oliver/EPA/dpa<br />
Poggenburg droht mit Parteigründung<br />
Steht die AfD jetzt<br />
vorder Spaltung?<br />
Streit um Rechtsaußen-Positionen: Ex-Landeschef von Sachsen-Anhalt erwägt eine eigene Bewegung<br />
Berlin – Zerreißt es die AfD?<br />
Ausgerechnet André Poggenburg,<br />
prominenter Vertreter<br />
des ultrarechten Flügels<br />
der Partei, spricht von<br />
einer internen „Denunzierungswelle“<br />
gegen seine Gesinnungsgenossen<br />
– und<br />
denkt laut über die Gründung<br />
einer neuen Partei<br />
nach. Die drohende Beobachtung<br />
oder sogar Überwachung<br />
der AfD durch den<br />
Verfassungsschutz setzt den<br />
Rechtspopulisten zu.<br />
Es hagelt Parteiausschlussverfahren<br />
und Ordnungsmaßnahmen.<br />
Es gibt eine parteiinterne<br />
Denunziationswelle und eine<br />
regelrechte Hysterie“, klagt<br />
der ehemalige Landeschef der<br />
AfD in Sachsen-Anhalt gegenüber<br />
der „Magdeburger Volksstimme“.<br />
Vertreter des extremen<br />
Rechtsaußenflügels, zu<br />
dem sich Poggenburg selbst<br />
zählt, würden an den Rand gedrängt:<br />
„Es rumort gewaltig.“<br />
Poggenburg sah sich im<br />
Frühjahr selbst gezwungen, als<br />
Partei- und Fraktionschef in<br />
Sachsen-Anhalt zurückzutreten.<br />
Zuvor hatte er in einer Rede<br />
am politischen Aschermittwoch<br />
in Deutschland lebende<br />
Türken als „Kümmelhändler“<br />
und „Kameltreiber“ bezeichnet.<br />
Erst am Montag hatte der<br />
Bundesvorstand der AfD ein<br />
Parteiausschlussverfahren<br />
gegen die kürzlich abgesetzte<br />
Landesvorsitzende von Schleswig-Holstein,<br />
Doris von Sayn-<br />
Wittgenstein, beschlossen. Ihr<br />
werden Kontakte zu Holocaust-Leugnern<br />
vorgeworfen.<br />
Sie selbst soll die Existenz von<br />
NS-Vernichtungslagern ebenfalls<br />
geleugnet haben. Die AfD-<br />
Politikerin bestreitet das.<br />
Der rechte Flügel der Partei<br />
könne sich abspalten, droht<br />
Poggenburg nun ziemlich offen:<br />
„Viele sind mit dem momentanen<br />
Kurs des Bundesvorstands<br />
sehr unzufrieden. Es<br />
gibt sogar Stimmen, die nach<br />
mehr rufen, beispielsweise<br />
nach einer neuen Partei. Diese<br />
Debatte nimmt fühlbar zunehmend<br />
Fahrt auf.“<br />
Zwei Rechtsaußen und Ex-Fraktionschefs der AfD: Doris vonSayn-Wittgenstein (Schleswig-Holstein) und André<br />
Poggenburg(Sachsen-Anhalt).<br />
Die AfD hat bereits mehrere<br />
„Häutungen“ hinter sich. Die<br />
einst unumstrittene Frontfrau<br />
Frauke Petry sitzt heute als<br />
parteilose Abgeordnete im<br />
Bundestag. Ihre neue Bewegung<br />
„Die Blauen“ ist ebenso<br />
bedeutungslos wie die Gruppierung<br />
„Alpha“ des AfD-Pioniers<br />
Bernd Lucke. Der Druck<br />
auf die AfD-Spitze ist auch ohne<br />
Poggenburg erheblich: In<br />
Kürze will das Bundesamt für<br />
Verfassungsschutz entscheiden,<br />
ob die Partei als Ganzes<br />
mit nachrichtlichen Mitteln<br />
überwacht wird. Noch im<br />
März –also vor den Ereignissen<br />
in Chemnitz und vor dem<br />
„Fall Maaßen“ –hatte der Geheimdienst<br />
eine Beobachtung<br />
der AfD abgelehnt. Einige Landesämter<br />
wollen aber sogar die<br />
aktive Überwachung. Einzelne<br />
Landesverbände der Junge Alternative<br />
stehen bereits unter<br />
Beobachtung.<br />
Der AfD-Bundesvorstand<br />
will eine Überwachung unter<br />
allen Umständen verhindern.<br />
Er hatte deshalb sogar ein Gutachten<br />
erstellen lassen. Dieses<br />
ging der Frage nach, wie und<br />
ob die Partei den Fängen des<br />
Verfassungsschutzes entgehen<br />
könnte. Ein Ratschlag<br />
Fotos: Carsten Rehder/Hendrik Schmidt/dpa<br />
war, Begriffe wie „Umvolkung“<br />
oder „Überfremdung“<br />
künftig zu vermeiden. Wohl<br />
auch deshalb versucht die AfD<br />
nun, besonders krasse Rechtsausleger<br />
aus der Partei zu<br />
drängen –und erregt so den<br />
Unmut von Mitgliedern wie<br />
Poggenburg.<br />
Ob es nutzt? Der neue Verfassungsschutzchef<br />
Thomas<br />
Haldenwang hatte kürzlich<br />
angekündigt, das Personal<br />
aufstocken zu wollen, das sich<br />
mit der Gefahr von rechts beschäftigt.<br />
Die Zahl der dafür<br />
zuständigen Mitarbeiter soll<br />
von 200 auf 300 wachsen.