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Auch dieser Vater mit<br />
seiner Tochter wurde<br />
vonder „Sea Watch 3“<br />
gerettet.<br />
SEITE5<br />
BERLINER KURIER, Mittwoch, 9. Januar 2019<br />
Philipp Hahn (41)ist seit 2015<br />
Einsatzleiter auf der<br />
„Sea Watch 3“.<br />
Fotos: Otto, SeaWatch/ Chris Grodotzki<br />
Im hinteren Teil der „Sea<br />
Watch 3“ müssen die<br />
Flüchtlinge auf engstem<br />
Raum campieren.<br />
Die Flüchtlinge an Bord der<br />
„Sea Watch 3“ seien aus libyschen<br />
Flüchtlingslagern geflohen,<br />
so Ärztin Bothe. „Sie berichteten<br />
mir von Folter und<br />
Misshandlungen“, sagt sie. Die<br />
Ärztin erklärt, dass sich bei den<br />
Geretteten vor allem der psychische<br />
Zustand verschlechtert<br />
habe. Auf beiden Hilfsschiffen<br />
hätten einige kurzzeitig<br />
die Nahrung verweigert.<br />
„Viele kommen mit der Situation<br />
nicht klar: Sie sehen, dass<br />
die Schiffe vor einer sicheren<br />
Küste stehen, sie dürfen aber<br />
nicht an Land“, sagt Verbena<br />
Bothe. Sie berichtet, dass am 4.<br />
Januar offenbar ein Flüchtling<br />
von Bord gesprungen sei, weil<br />
er keinen Ausweg mehr sah.<br />
Der Mann wurde gerettet.<br />
Auch Philipp Hahn (41) ist<br />
wieder in der Heimat. Der <strong>Berliner</strong><br />
Bootsbauer arbeitet seit<br />
2015 ehrenamtlich bei Sea<br />
Watch, leitete den jetzigen Rettungseinsatz.<br />
Hahn berichtet,<br />
wie er verzweifelt die europäischen<br />
Seenotrettungsstellen<br />
kontaktierte, damit die „Sea<br />
Watch 3“ einen sicheren Hafen<br />
anlaufen kann. „Es ist beschämend:<br />
Wir stehen vor Malta,<br />
doch die Regierung lässt uns<br />
nicht an Land“, sagt Hahn.<br />
„Zum ersten Mal erleben wir,<br />
dass EU-Staaten, auch<br />
Deutschland, uns jede Hilfe<br />
verweigern. Dabei haben Städte<br />
wie Berlin sich gerade bereit<br />
erklärt, Flüchtlinge aufzunehmen.<br />
Wir reden hier nicht von<br />
Milliarden von Menschen, sondern<br />
von gerade einmal 49.“<br />
Papst Franziskus rief die EU-<br />
Politiker auf, eine schnelle Lösung<br />
zu finden. Doch die politische<br />
Lage ist komplizierter als<br />
gedacht. Zunächst stellte<br />
Deutschland die Bedingung,<br />
dass sich bei der Aufnahme der<br />
Flüchtlinge auch andere EU-<br />
Staaten beteiligen sollten. Dazu<br />
erklärten sich bei einem Treffen<br />
der EU-Botschafter am<br />
Montag in Brüssel auch Frankreich,<br />
die Niederlande, Luxemburg,<br />
Italien, Irland, Portugal<br />
und sogar Malta bereit. Problem<br />
nur, dass Malta nun fordert,<br />
dass auch 250 von seiner<br />
Küstenwache gerettete Flüchtlinge<br />
mit verteilt werden –also<br />
insgesamt 299 Menschen. „Die<br />
bisherigen Angebote der neun<br />
Mitgliedstaaten sind zwar<br />
deutlich höher als 50 Flüchtlinge“,<br />
sagt ein EU-Diplomat.<br />
„Aber sie reichen nicht an die<br />
299 heran.“ Die EU-Staaten<br />
wollen diese Woche weiter<br />
über eine Lösung beraten.