ADAC Motorwelt Februar 2019
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SCHNEECHAOS<br />
Winterfest: Straßenwachtfahrer Stefan Bartok eilt vom Einsatz im Berchtesgadener Land direkt zur nächsten Panne in Freilassing<br />
Gelbe Engel trotzen dem Schnee<br />
Der Wintereinbruch in Süddeutschland brachte auch für die Straßenwacht besondere<br />
Arbeitstage. Wir waren mit einem Pannenhelfer rund um Berchtesgaden unterwegs<br />
Als das Schneechaos in Bayern losbricht,<br />
hat <strong>ADAC</strong> Straßenwachtfahrer<br />
Stefan Bartok den ersten Einsatz vor seiner<br />
Garage: „Ich musste erst einmal die<br />
Zufahrt freischaufeln“, sagt der 44-Jährige,<br />
der in Bergen am Chiemsee zu Hause<br />
ist. Seine Einsätze fährt der südöstlichste<br />
Pannenhelfer des <strong>ADAC</strong> im Raum Traunstein,<br />
Freilassing, Berchtesgadener Land.<br />
Genau dort, wo wegen der Schneemassen<br />
der Katastrophenalarm ausgelöst wurde.<br />
Chaotisch sei es am Donnerstag, dem<br />
10. Januar, gewesen, erzählt Bartok, während<br />
er seinen Wagen vorbei an hüfthohen<br />
Schneehaufen nach Schönau am Königssee<br />
lenkt. Eigentlich hätte er Urlaub,<br />
doch wegen der aktuellen Lage mussten<br />
viele Engel Sonderschichten schieben.<br />
„Überall standen Lkw quer. Ich sollte zu<br />
einer Panne nach Traunstein und habe<br />
für 27 Kilometer zweieinhalb Stunden<br />
gebraucht.“ Insgesamt schaffte Bartok an<br />
dem Tag nur vier Einsätze. „Immer wieder<br />
wurde die A8 gesperrt, da Helfer mit<br />
Helikoptern die Bäume in der Nähe der<br />
Fahrbahn von Schnee befreit haben“, erzählt<br />
Bartok.<br />
Einmal braucht er selbst Hilfe, als er<br />
auf dem Weg zu einem Mitglied stecken<br />
bleibt, obwohl er Schneeketten aufgezogen<br />
hatte. Zu dritt müssen sie sein Auto<br />
befreien. Seine Kollegen in der Münchner<br />
Innenstadt haben sich jetzt zum ersten<br />
Stefan Bartok, 44, <strong>ADAC</strong> Pannenhelfer<br />
„Bei viel Schnee streiken<br />
Scheibenwischermotoren<br />
besonders häufig“<br />
Mal überhaupt Ketten besorgt, um klarzukommen.<br />
Wegen der Schneemassen verzeichnete<br />
der Club 13 Prozent mehr Hilferufe<br />
als in der Vorjahreswoche, größere<br />
Zwischenfälle gab es allerdings nicht.<br />
Die jetzige Fahrt nach Schönau verläuft<br />
problemlos, auch wenn der Ausnahmezustand<br />
offensichtlich ist: THW und<br />
Feuerwehr sind unterwegs, die Gleise der<br />
Bahnlinie Freilassing–Berchtesgaden unter<br />
dickem Weiß begraben. Dächer mit<br />
Eiszapfen ducken sich unter mächtigen<br />
Schneehauben, Menschen mit Schaufeln<br />
kämpfen gegen die weiße Last.<br />
Sehr besorgt ist in Schönau ein Paar<br />
aus Nordhessen. Bei ihrem 15 Jahre alten<br />
VW Golf hat der Scheibenwischer den<br />
Geist aufgegeben. Eine häufige Panne bei<br />
viel Schnee. „Morgen müssen wir 600 Kilometer<br />
nach Hause fahren“, seufzt die<br />
Besitzerin. Ohne Wischer ist das bei diesem<br />
Wetter gefährlich. Bartok baut den<br />
kleinen Motor aus, findet die lockere<br />
Schraube und löst das Problem. Kaum hat<br />
er die Panne behoben, ruft schon das<br />
nächste Mitglied um Hilfe. „Platter Reifen<br />
bei einem Mazda 6 in Freilassing“ steht<br />
auf dem Bordcomputer. Schneeregen<br />
setzt ein, der Wind nimmt zu. Gut 30 Stunden<br />
später verschüttet eine Lawine die<br />
B305 im Berchtesgadener Land. Von Normalität<br />
kann längst keine Rede sein.<br />
Text: Katja Fastrich; Fotos: Rasmus Kaessmann<br />
34 <strong>ADAC</strong> motorwelt 2/<strong>2019</strong>