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SEITE19<br />
BERLINER KURIER, Mittwoch, 6. Februar 2019<br />
k<br />
nen der großen Box-Office-Hits<br />
des Jahres am Start. Florian Henckel<br />
von Donnersmarck hat zum<br />
zweiten Mal gleich zwei Nominierungen<br />
für den Oscar bekommen,<br />
dieses Mal mit „Werk ohne Autor“.<br />
Beides sind deutsche Filme mit<br />
deutschen Themen. Ich muss sagen,<br />
ich kann das nicht so recht<br />
nachvollziehen, dass es dem deutschen<br />
Film schlecht gehen soll.<br />
18 Jahre Festivalchef, was macht<br />
das mit einem?<br />
Man hat natürlich unfassbar viele<br />
Kontakte, ist<br />
mehrere<br />
Male um die Erde geflo-<br />
sich aus:<br />
gen, und kennt<br />
Ich weiß, wo<br />
man in<br />
Schanghai<br />
essen<br />
,haben<br />
agt:<br />
kt!“<br />
die<br />
er<br />
w im KURIER<br />
Er hatgut lachen:<br />
18 Jahrelangist<br />
Dieter Kosslickvon<br />
schönen Menschen<br />
umgeben gewesen.<br />
Hier umarmt er Bai<br />
Ling, die Berlinackte.<br />
geht, auch in Tokio und in<br />
Mexiko. Leute vom Film<br />
kenne ich aus allen möglichen<br />
Erdteilen. Das ist schon<br />
ein Netzwerk, was da zusammenkommt.<br />
Es ist auch<br />
schon ein eindrucksvoller<br />
Job gewesen. Ich habe gelernt,<br />
wie man Deals macht,<br />
vor allem wie man positive<br />
Deals macht, wie man also<br />
Leute überzeugt, auch wenn<br />
man sie nicht bezahlt, damit<br />
sie nach Berlin kommen<br />
(lacht). Und ich habe wirklich<br />
viele Freunde gewonnen<br />
…<br />
Jemand, der so berühmt<br />
ist, ist sicher<br />
auch von Groupies<br />
umzingelt<br />
...<br />
Es gab natürlich<br />
viele<br />
Leu-<br />
te, die mir eine Art von Liebesbrief<br />
geschrieben haben, nicht<br />
Leute, die mir Angebote machen,<br />
zusammen in die Bar zu gehen. Es<br />
sind eher Leute, die besondere<br />
Erlebnisse hatten. Groupies?<br />
Wenn ich jetzt meine<br />
Rock’n’Roll-Karriere weiterverfolgt<br />
hätte, was nichtder Fall ist,<br />
dann würde ich das akzeptieren.<br />
Ansonsten habe ich einige Fans.<br />
Ihre Frau muss also nicht extra<br />
auf Sie aufpassen?<br />
Nee, meine Frau hat mich beim<br />
Film kennengelernt, von daher<br />
weiß sie aber auch, dass es noch<br />
andere Briefe gibt.<br />
Was bleibt?<br />
Dass man eines Tages mal fragen<br />
wird, wie bitte, die haben<br />
wirklich damals da diskutiert, ob<br />
es vegetarisches Essen gibt? Was<br />
waren das denn eigentlich für<br />
Zeiten, dass die Leute überhaupt<br />
noch Fleisch gegessenhaben? Die<br />
Berlinale war das erste Festival,<br />
wo es kein Fleisch mehr gab!<br />
Jetzt ist Berlin Europas Veganund-Vegetarier-Hauptstadt.<br />
Man<br />
kann es ja gar nicht glauben, vor<br />
20 Jahren war die Currywurst<br />
noch dein Partner! Dass der deutsche<br />
Film zurückkam, Berlinale<br />
Talents und mehr wird in Erinnerung<br />
bleiben. Über 50 deutsche<br />
Filme sind im Wettbewerb<br />
gelaufen, viele haben Silberne<br />
und Goldene Bären gewonnen,<br />
Fatih Akin etwa. Die ganze Neupositionierung<br />
der Berlinale, das<br />
hat ziemlich gut geklappt.<br />
Ihr hässlichster Moment?<br />
Wenn Stars absagen. Man<br />
pusht es so hoch, und dann kommen<br />
die plötzlich nicht. Ich<br />
kann mich noch gut erinnern,<br />
sehr gut erinnern: Im allerersten<br />
Jahr hatteich ganz stolz als<br />
ersten Film aus Hollywood Wes<br />
Andersons „The Royal Tenenbaums“<br />
bekommen. Das war<br />
wirklich ein großer Coup, dass<br />
ic<br />
ch den für die Berlinale bekommen<br />
habe–mit großen Stars, und<br />
natürlich ganz obendrauf unser<br />
Bill Murray. Und das war kein<br />
hässlicher Moment, sondern eine<br />
Katastrophe! Weil Bill Murray<br />
Dieses Jahr bekommt die<br />
wunderbareCharlotte<br />
Rampling einen Ehrenbären.<br />
Kosslick mit einer gut<br />
gelaunten Angela Merkel<br />
(2006). Li.: mit KURIER-<br />
Fotos:dpa(9),Mahmoud<br />
Reporter Karim Mahmoud.<br />
nicht gekommen ist. Bill Murray<br />
war aber plötzlich auf den Titelseiten<br />
der Stadtzeitungen. Und<br />
Bill Murray hat im Interview gesagt,<br />
obwohl es auf dem Titel war:<br />
Warum soll ich für ein Filmfestival<br />
in so eine kalte Stadt gehen?<br />
Im Winter? Seid ihr eigentlich<br />
verrückt geworden? Das war<br />
wirklich bitter.<br />
Und der schönste Moment?<br />
Dass Murray kam, und nicht nur<br />
einmal, mehrmals! Das letzte Mal<br />
im vergangenen Jahr mit dem Eröffnungsfilm<br />
„Isle of Dogs“. Er<br />
kam, und dann ist er auch mit uns<br />
um die Häuser gezogen und wurde<br />
wirklich zu einem Freund.<br />
Wie kriegt man Juliette Binoche<br />
rum? Sie ist jetzt endlich<br />
Jury-Präsidentin.<br />
Sie ist auch eine Freundin des<br />
Festivals und sie hat u.a. für „Der<br />
englische Patient“ einen Silbernen<br />
Bären bekommen. Viele Leute<br />
denken, dass das woanders<br />
war. Nein, es war auf der Berlinale!<br />
Und danach gab es den Oscar.<br />
Vor 22 Jahren …<br />
Korrekt. Ich wollte sie immer<br />
als Präsidentin haben. Das ist ein<br />
veritabler europäischer Weltstar,<br />
und sie wollte das auch. Es hatte<br />
aber nie geklappt. Wie 2016 bei<br />
Meryl Streep gab es dann abereinen<br />
Moment, wo sie gerade Zeit<br />
hatte, und daswar exakt der Moment<br />
–ich Glücklicher –woich<br />
angerufen habe und sagte:Juliette,<br />
jetzt können wir nicht mehr<br />
diskutieren, es ist das letzte Mal,<br />
ich bin zum letzten Mal auf dem<br />
tapis rouge, wie der rote Teppich<br />
auf Französisch heißt, du musst<br />
es jetzt machen! Dann hat sie<br />
mich fünf Minuten späterzurückgerufenund<br />
gesagt, ich mach’s.<br />
Was kommt nach dem Festival,<br />
wenn alles vorbei ist?<br />
Dann langweile ich mich garantiert<br />
nicht zu Tode.<br />
Es gibt Leute, die sagen, der<br />
Dieter Kosslick könnte auch<br />
gut ein Restaurant aufmachen.<br />
Ich würde gern Hoteldirektor<br />
werden,das würde mir gut gefallen<br />
(lacht). Das kann ich nämlich:<br />
Leute empfangen – „Herzlich<br />
willkommen in Berlin, herzlich<br />
willkommen zur 69. Berlinale“.