Berliner Kurier 19.02.2019
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RECHT<br />
Die wichtigsten<br />
Urteile der Woche<br />
SEITE17<br />
BERLINER KURIER, Dienstag, 19. Februar 2019<br />
DIE PROFIS<br />
Wolfgang Büser,<br />
Rechtsexperte<br />
in der ARD<br />
und im<br />
ZDF<br />
Mussder Teppich<br />
ersetzt werden?<br />
Um im Notfall<br />
Informationen zum<br />
Gesundheitszustand<br />
des Patienten zu<br />
erfahren, ist der Partner<br />
mit einer Patientenverfügung<br />
und einer<br />
zusätzlichen Vorsorgevollmacht<br />
auf der<br />
sicheren Seite.<br />
Ein Mieter, der schon vier<br />
Jahre bei mir wohnt, hat<br />
jetzt gekündigt.Vor seinem<br />
Einzug habe ich einen<br />
neuen Teppichboden verlegt.<br />
Muss der Mann nun<br />
den Teppich ersetzen?<br />
Vermutlich nicht. Ein Teppich<br />
gehört zur normalen<br />
Ausstattung einer Mietwohnung<br />
–sei er fest verlegt<br />
oder „aufgelegt“. Deshalb<br />
braucht Ihr Ex-Mieter<br />
nichts zu ersetzen –essei<br />
denn, der Bodenbelag wäre<br />
über normalen Gebrauch<br />
hinaus abgenutzt, etwa<br />
durch Risse oder Rotweinflecken.<br />
Infos: www.wolfgang-büser.de<br />
NACHRICHTEN<br />
Drogen absolut tabu<br />
Nach der –auch einmaligen<br />
–Einnahme sogenannter<br />
harter Drogen (wie zum<br />
Beispiel Amphetamin, Ecstasy,<br />
Kokain) wird die Fahrerlaubnis<br />
im Regelfall entzogen.<br />
Im Unterschied zum<br />
Alkoholkonsum kommt es<br />
beim Konsum dieser Drogen<br />
nicht darauf an, ob der<br />
Betroffene unter Drogeneinfluss<br />
Auto gefahren ist<br />
und sich selbst in der Lage<br />
sieht, auch zukünftig zwischen<br />
Drogenkonsum und<br />
Fahren zuverlässig zu trennen.<br />
Darauf weist das Verwaltungsgericht<br />
Neustadt<br />
an der Weinstraße hin (Az.:<br />
1L1587/18.NW).<br />
Vorsicht beim Queren<br />
Einen Fußgänger treffen<br />
beim Überschreiten eines<br />
Geh- und Radweges dieselben<br />
Sorgfaltspflichten wie<br />
beim Überschreiten einer<br />
Fahrbahn. Dazu gehöre es,<br />
sich zu vergewissern, ob<br />
der Weg gefahrlos für sich<br />
und andere betreten werden<br />
kann (OLG Celle, Az.:<br />
14 U102/18).<br />
Fragen?<br />
Wünsche?<br />
Tipps?<br />
Tel. 030/63 33 11-456<br />
(Mo.–Fr. 10–15 Uhr)<br />
E-Mail: berlin.service@dumont.de<br />
Foto: dpa<br />
Ohne Trauschein: So gibt es<br />
trotzdem Auskunft vomArzt<br />
Es ist der Albtraum schlechthin: Ein geliebter Mensch liegt als Notfall im Krankenhaus.<br />
Doch der Arzt schweigt.Wen darferüberden Zustand des Patienten informieren?<br />
Grundsätzlich fällt alles, was<br />
zwischen Arzt und Patient<br />
besprochen wird, unter die<br />
ärztliche Schweigepflicht.<br />
„Unsere Patienten müssen<br />
sich darauf verlassen können,<br />
dass Informationen<br />
über ihren Gesundheitszustand<br />
von uns absolut vertraulich<br />
behandelt werden“,<br />
sagt Max Kaplan, Vize-Präsident<br />
der Bundesärztekammer.<br />
Daher wird meist schon<br />
bei der Aufnahme in ein<br />
Krankenhaus abgefragt, wer<br />
überhaupt informiert werden<br />
darf.<br />
Nur wenn der Arzt von seiner<br />
Schweigepflicht entbunden<br />
wurde, kann er Angehörigen<br />
berichten, wie der Münchner<br />
Rechtsanwalt Rudolf Ratzel erklärt.<br />
„Möchte derjenige nicht,<br />
dass beispielsweise die Ehefrau<br />
etwas von der Krankheit erfährt,<br />
hat sie keine Auskunft zu<br />
bekommen“, ergänzt Hans<br />
Martin Wollenberg, Vorsitzender<br />
des Marburger Bundes Niedersachsen.<br />
Liegt der Betroffene jedoch<br />
im Koma oder ist aus anderen<br />
Gründen nicht ansprechbar,<br />
wird es komplizierter. Im Idealfall<br />
hat derjenige zuvor eine<br />
Vorsorgevollmacht ausgestellt.<br />
Darin könnte stehen, dass die<br />
Angehörigen unterrichtet werden<br />
dürfen. Derartige Vollmachten<br />
gibt es zum Herunterladen<br />
unter anderem auf den<br />
Homepages der Kirchen, beim<br />
Bundesjustizministerium oder<br />
bei Verlagen.<br />
Allerdings müsste man dieses<br />
Dokument streng genommen<br />
immer mit sich führen. „Das<br />
macht kaum jemand“, gibt Ratzel<br />
zu. Manch einer habe zu<br />
Hause eine Mappe mit den<br />
wichtigsten Unterlagen, von<br />
der die engsten Verwandten<br />
wüssten, wo sie sich befindet.<br />
Auch eine schriftliche Erklärung<br />
über die Entbindung der<br />
Schweigepflicht kann in unklaren<br />
Situationen helfen. Allerdings<br />
gilt hier ebenfalls: Man<br />
sollte sie entweder bei sich<br />
haben, oder Angehörige müssen<br />
wissen, wo sie ist. Selbst ein<br />
handgeschriebener Zweizeiler<br />
kann laut Ratzel schon eine<br />
Entlastung sein: „Für den Fall,<br />
dass ich nicht mehr ansprechbar<br />
bin, bevollmächtige ich XY,<br />
entsprechende Auskünfte einzuholen.“<br />
So etwas könne die<br />
Entscheidung erleichtern,<br />
meint Kaplan. Bei schwerwiegenderen<br />
Entscheidungen reiche<br />
das aber nicht aus, gibt<br />
Wollenberg zu bedenken.<br />
Fehlt es also an nötiger Information,<br />
entscheidet der Arzt,<br />
wem er Auskunft erteilt. Dafür<br />
muss er einschätzen, ob der<br />
(Ehe-)Partner dem Patienten<br />
tatsächlich nahesteht. Dabei<br />
macht es laut Ratzel rechtlich<br />
keinen Unterschied, ob jemand<br />
verheiratet ist oder nicht. „Aber<br />
ich weiß, dass viele Ärzte sich<br />
sicherer fühlen, wenn sie sich<br />
an formale Kriterien halten“,<br />
erläutert der Fachanwalt für<br />
Medizinrecht.<br />
Neben diesen rein formalen<br />
zählen aber auch weiche Kriterien<br />
wie: Hat der Patient mal<br />
von demjenigen gesprochen,<br />
als er noch bei Bewusstsein<br />
war? Hat der Kranke ein Bild<br />
im Geldbeutel oder die Telefonnummer<br />
notiert? Man gerät<br />
schnell in einen Graubereich,<br />
erklärt Wollenberg. Einige Ärzte<br />
fürchteten juristische Konsequenzen.<br />
Die Ärzte müssen abwägen,<br />
was der Kranke wollen würde.<br />
In der Regel werde ein Arzt davon<br />
ausgehen können, dass es<br />
dem Willen des Patienten entspricht,<br />
den Ehegatten oder<br />
eingetragenen Lebenspartner<br />
im notwendigen Umfang zu informieren,<br />
erklärt Kaplan. Hat<br />
der Arzt Zweifel, kann er das<br />
Familiengericht entscheiden<br />
lassen. „Das geht in der Regel<br />
sehr schnell“, sagt Ratzel. Ein<br />
Angehöriger kann sich ebenfalls<br />
an die Richter wenden,<br />
kommt ihm die Entscheidung<br />
des Arztes willkürlich vor.<br />
Manchmal helfe hier ein Gespräch<br />
mit der Krankenhausverwaltung,<br />
empfiehlt Ratzel.<br />
Sie könnte dem Arzt seine Befürchtungen<br />
nehmen, eine falsche<br />
Entscheidung zu treffen.<br />
Bernadette Winter