Berliner Kurier 19.02.2019
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PANORAMA 31<br />
ICE entgleist:240 Reisende evakuiert<br />
Schon zum zweiten Mal sprang in Basel ein Zugaus denGleisen<br />
Basel/Berlin -Esist schon wieder<br />
passiert. Ein ICE aus<br />
Deutschland mit rund 240<br />
Menschen an Bord ist in Basel<br />
entgleist. „Verletzte gab es<br />
nicht. Der ICE wurde noch in<br />
der Nacht evakuiert“, sagte ein<br />
Sprecher der Deutschen Bahn<br />
am Montagmorgen.<br />
Ein Waggon war nach Angaben<br />
der Schweizer Bahn SBB<br />
bei der Zufahrt zum Bahnhof<br />
aus den Schienen gesprungen.<br />
Der ICE 373 war auf dem Weg<br />
von Berlin-Ostbahnhof nach<br />
Interlaken Ost. Details zu dem<br />
Unfall oder zur Ursache gab es<br />
zunächst nicht. Technik-Experten<br />
inspizieren den Zug<br />
jetzt genau. Denn das Unglück<br />
ist nicht das erste seiner Art.<br />
Reisende müssen mit Beeinträchtigungen<br />
rechnen. Wegen<br />
des Unfalls wurde die Strecke<br />
zwischen dem Badischen<br />
Bahnhof und dem Bahnhof Basel<br />
SBB bis mindestens Dienstag<br />
gesperrt, wie ein Sprecher<br />
der Deutschen Bahn am Montagmorgen<br />
sagte. Reisende<br />
müssen auf die Straßenbahn<br />
oder den Bus umsteigen. Das<br />
betreffe etwa Zugfahrende, die<br />
von Deutschland über Basel in<br />
Richtung Zürich oder Bern fahren<br />
wollten.<br />
Wie und wann der entgleiste<br />
Zug geborgen werden soll, war<br />
zunächst nicht bekannt.<br />
Bereits im November 2017<br />
war ein ICE inBasel entgleist -<br />
allerdings an dem anderen der<br />
beiden großen Bahnhöfe der<br />
Stadt. Damals waren mehrere<br />
Waggons eines Zugs aus Hamburg<br />
entgleist. 500 Passagiere<br />
waren in dem Zug. Auch damals<br />
wurdeniemand verletzt.<br />
Foto: dpa<br />
Wenige Kilometer vorder Einfahrtinden Bahnhof Basel warder erste Wagen<br />
hinter dem Triebkopf des ICE entgleist.<br />
Der Tatort: An der Fahrertür des Bentleysind Blutspuren vonDariusch F. zu sehen.<br />
Lisa Melina S. bei ihrer Verhaftung am 4. September 2018 Ex-„Mongol“ Arasch R. Er sitzt bis heute in U-Haft.<br />
Anschlag auf Hells-Angels-Boss<br />
Ein Mordkomplott aus Liebe?<br />
WieHureLisa S. (23) fast den gefürchtetsten Rocker Hamburgs getötet hätte<br />
Fotos: Ruega<br />
Dariusch „Dari“ F.:<br />
Aktuell wird wegen<br />
Schüssen auf die<br />
„Mongols“ an der<br />
Reeperbahn gegen ihn<br />
ermittelt.Die Beweislage<br />
allerdings ist dünn.<br />
Hamburg – Sie observierte<br />
Hells-Angels-Boss Dariusch<br />
„Dari“ F. über Stunden. Sie<br />
fuhr den Mercedes, aus dem<br />
ein Killer auf den Rocker feuerte.<br />
Die Rede ist von Lisa S.<br />
(23). Die Prostituierte und ihr<br />
Freund Arasch R.(28) sollen<br />
lautStaatsanwaltschaft hinter<br />
dem Mordanschlag<br />
auf den Hells-Angels-<br />
Bossstecken.<br />
Die Hintergründe<br />
des Verbrechens<br />
im Milieu<br />
der verfeindeten<br />
„Mongols“<br />
und „Hells<br />
Angels“<br />
erinnern<br />
an Krimi-Serienwie<br />
„4<br />
Blocks“.<br />
Die Stunden vor dem Mordanschlag:<br />
Am 26. August 2018<br />
sitzt die Prostituierte in einem<br />
silber-grauen 200er-Mercedes-<br />
Coupé. Unterwegs steigt ein bis<br />
heute unbekannter Mann zu. Er<br />
hat eine Pistole vom Kaliber7,65<br />
Millimeter dabei.<br />
Beide Insassenbeobachten die<br />
„Trattoria Palermo“,vor der der<br />
weiße Bentley von Dariusch F.<br />
steht. Der „Sergeant at Arms“des<br />
Hamburger Hells-Angels-Charters„Southport“<br />
ist dort Stammgast.<br />
„Dari“ ist Führungsfigur der<br />
berüchtigten Rockerbande, wegen<br />
seiner Härtegefürchtet. Das<br />
bekamen auchdie Anhängerder<br />
„Mongols“ zu spüren, die meinten<br />
sich 2015 mit den Hells Angelsanlegen<br />
zu müssen und nach<br />
einigen Schießereien die Stadt<br />
verließen.<br />
Gegen 23.50 Uhr verlässt der<br />
Angels-Boss das Lokal, steigt in<br />
sein Auto und fährt los. Lisa S.<br />
verfolgt ihn im Mercedes bis<br />
zum nahen Millerntorplatz.<br />
Die Schüsse:Ander Budapester<br />
Straßehalten beide Fahrzeuge<br />
nebeneinander an der roten<br />
Ampel. Der Beifahrer im Mercedes<br />
lässt die Scheibe runter und<br />
schießt fünfmal auf die Fahrertür<br />
des Bentley. Der Mercedes<br />
wendet,rast davon. Fahrerin und<br />
Schütze entkommen zunächst.<br />
Dariusch F. sitzt blutend auf<br />
dem Fahrsitz. Die Kugeln haben<br />
den Angels-Chef an Schultern,<br />
Hinterkopf und Brust getroffen.<br />
Der Schwerverletzte kommt in<br />
eine Klinik.<br />
Die Flucht: Lisa S. macht sich<br />
auf den Weg in ein Bordell in<br />
Hessen, in dem sie anschafft. Einige<br />
Tage später wird sie verhaftet.Sie<br />
sitzt bisheute in U-Haft,<br />
wie Arasch R.<br />
Das Motiv: Die 23-Jährige<br />
wollte die „Hauptfrau“ von<br />
Arasch R., Ex-Anhänger der<br />
„Mongols“ werden. Der hatte<br />
nämlich noch zwei weitere<br />
Freundinnen, die ihn auchinder<br />
Haft besucht hatten. Doch Lisa S.<br />
träumte von Heirat und wollte<br />
vermutlich durch den Mordanschlag<br />
beweisen, wie sehr sie ihn<br />
liebt.<br />
Opfer DariuschF.kämpft heute<br />
in einer Reha-Einrichtung irgendwo<br />
im Norden eisern Tag<br />
für Tagdarum,aus dem Rollstuhl<br />
zu kommen. Durch ein Geschoss<br />
ist ein Ödem an der Brust entstanden,<br />
das bis heute aufs Rückenmark<br />
drückt.<br />
Wird ersich rächen wollen?<br />
Gegenüber der Polizei schweigt<br />
der Rocker-Boss. Er habe halt<br />
seine Regeln, sagte er lapidar.<br />
Der Prozess: Lisa S. und<br />
Arasch R. sind wegen versuchten<br />
Mordes angeklagt. Bisher ist das<br />
Verfahren bis Ende Mai terminiert.<br />
„Bonnie und Clyde“, wie<br />
sich die beiden selbst nennen,<br />
droht eine lebenslängliche Gefängnisstrafe.<br />
Thomas Hirschbiegel