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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 66 · M ittwoch, 20. März 2019 – S eite 9 *<br />
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Berlin<br />
Die Polizei sucht<br />
Rebecca in einem<br />
Brandenburger See<br />
Seite 12<br />
Absturz eines Lieblings: Nur noch wenige Anmeldungen an Johanna-Eck-Schule Seite 11<br />
Bestätigung eines Umstrittenen: Raed Saleh bleibt SPD-Fraktionschef Seite 11<br />
Stadtbild<br />
Klamotten<br />
und Kaffee<br />
Marcus Weingärtner<br />
hat die Bergmannstraße<br />
schon mal besser gefallen.<br />
Vor ein paar Wochen ging mir an<br />
dieser Stelle das drohende<br />
Schicksal„meines“ Spätis zu Herzen.<br />
Der kleine Laden in der Nähe der<br />
Bergmannstraße sollte schließen,<br />
der Betreiber lag über Kreuz mit den<br />
Anwohnern, man wurde sich nicht<br />
einig. Wie das eben so ist. Ein Zettel<br />
wies auf das Ende des Geschäfts hin,<br />
im Februar sollte Schluss sein. Doch<br />
man fand einen Kompromiss –den<br />
Späti, die Lebensader meiner Straße,<br />
gibt es weiterhin.<br />
Ein Glück, denn der Teil von<br />
Kreuzberg, in dem ich lebe,wirdimmer<br />
mehr zu einer Art monothematischer<br />
Fun-Meile mit angegliederter<br />
Textilindustrie, Coffee-to-go-Ketten,<br />
Tex-Mex-Buden und mittelpreisigen<br />
Asia-Restaurants. ImLadenlokal einer<br />
Boutique mit dem bräsigen Namen<br />
„Fräulein Sonntag“ war früher<br />
ein Eisenwarenhändler. Als ich neulich<br />
einen Dichtungsring für den<br />
Duschkopf brauchte,musste ich dafür<br />
einen anderen Stadtteil aufsuchen.<br />
Der Eisenwarenhändler fehlt<br />
mir. Ebenso wie der Fahrradladen.<br />
Mir fehlt auch der Mittelmeer-Feinkost-Familienbetrieb,der<br />
nach rund<br />
20 Jahren geschlossen hat. Waswird<br />
da reinkommen? Wahrscheinlich die<br />
Fastfood-Kette Subway mit ihren<br />
pappigen Sandwiches.<br />
Oder eine weitere Starbucks-Filiale.<br />
Dann kann man sich mit seinem<br />
Starbucks-Kaffee für acht Euro<br />
in eines der scheußlichen Parklets<br />
setzen, die in den Straßenverkehr hineinragen<br />
und ungefähr so gemütlich<br />
sind wie ein Zahnarztstuhl. Aber<br />
die Bezirksbürgermeisterin von<br />
Friedrichshain-Kreuzberg behauptet<br />
nach wie vor steif und fest, dass<br />
das doch eine tolle Sache sei, die von<br />
den Bürgern und Flaneuren begeistert<br />
angenommen werde. Ich habe<br />
da noch niemanden länger als fünf<br />
Minuten sitzen sehen. Und schon<br />
mal gar nicht zwischen Oktober und<br />
März, aber das schrieb ich hier schon<br />
mal.<br />
Der Verkehr hat sich auch trotz<br />
der Parklets nicht entschleunigt. Die<br />
Gefahr, mit seinem Coffee-to-go-<br />
Humpen von einem heranbretternden<br />
LKW erfasst zu werden, während<br />
man bei Nieselregen in einem Parklet<br />
sitzt, besteht also nach wie vor.<br />
DerVersuch, die Bergmannstraße<br />
vomVerkehr zu entlasten, ist so halbherzig<br />
wie völlig misslungen. Gleichzeitig<br />
übernimmt eine austauschbareFormdes<br />
Einzelhandels die Ladenlokale,<br />
die frei werden. So sieht<br />
ein Stadtteil aus, indem man es offenbar<br />
allen recht machen will, und<br />
in dem man andererseits Angst hat,<br />
irgendjemanden zu verprellen.<br />
Möchte man da länger zum Plausch verweilen?<br />
Nein!<br />
IMAGO/KITTY KLEIST-HEINRICH<br />
Parkzonen in Berlin 2019<br />
Parkzone<br />
S-Bahn-Strecke<br />
Erst mal nur ein Vorschlag<br />
Im Roten Rathaus sieht man noch Diskussionsbedarf am Luftreinhalteplan der Umweltsenatorin<br />
VonPeter Neumann<br />
Die Nachricht hat viele Autofahrer<br />
aufgeschreckt.<br />
Mehr Parkzonen, höhere<br />
Parkgebühren, mehr<br />
Tempo 30 und 15 Durchfahrverbote<br />
für Diesel bis Euro 5: Das sieht der<br />
Entwurfdes neuen <strong>Berliner</strong> Luftreinhalteplans<br />
vor, den Umweltsenatorin<br />
Regine Günther (parteilos, für<br />
Grüne) vorgelegt hat. Doch offenbar<br />
sieht man im Roten Rathaus noch<br />
Diskussionsbedarf. „Es handelt sich<br />
um einen Vorschlag“, sagte Senatssprecherin<br />
Claudia Sünder. Beschlossen<br />
sei noch nichts, stellte die<br />
Sprecherin des Regierenden Bürgermeisters<br />
Michael Müller (SPD) fest.<br />
Erst am Ende des Beteiligungsverfahrens<br />
werde klar sein, was tatsächlich<br />
im Plan stehen wird, so Sünder.Die<br />
Ressortabstimmung, wie die<br />
Einbeziehung anderer Senatsverwaltungen<br />
heißt, habe noch nicht<br />
begonnen. Anfang Aprilsoll der Entwurf<br />
öffentlich ausgelegt und im In-<br />
Ringbahn<br />
MITTE<br />
ternet publiziertwerden.„Es wirdergebnisoffen<br />
diskutiert“, sagte die Senatssprecherin.<br />
Ende Mai soll der<br />
Senats seinen Beschluss fällen.<br />
Ob der Regierende oder die Senatskanzlei<br />
inhaltliche Bedenken<br />
haben, ließ Sünder offen. Doch es ist<br />
bekannt, dass sich Müller dafür eingesetzt<br />
hat, Dieselfahrverbote zu<br />
vermeiden. Bei drei „Mobilitätsgipfeln“<br />
im Roten Rathaus ließ der Regierende<br />
nach Ideen suchen, mit denen<br />
die Luft sauberer werden<br />
könnte, die aber einschneidende<br />
Verkehrsbeschränkungen vermeiden.<br />
DerSPD-Politiker fürchtet, dass<br />
die Wirtschaft Schaden nimmt.<br />
HöhereParkgebühr noch nicht klar<br />
PANKOW<br />
CHARLOTTENBURG-<br />
WILMERSDORF<br />
TEMPELHOF-<br />
SCHÖNEBERG<br />
FRIEDRICHSHAIN-<br />
KREUZBERG<br />
NEUKÖLLN<br />
Viele Unternehmen sind auf Dieselfahrzeuge<br />
angewiesen. Allerdings<br />
sieht der nun vorgelegte Entwurfdes<br />
Luftreinhalteplans großzügige Ausnahmeregelungen<br />
vor. So sollen die<br />
Fahrverbote für Diesel bis Euro 5, die<br />
im Juli auf 15 Abschnitten in Kraft<br />
treten, für Taxis, Liefer- und Pflegedienste<br />
sowie Handwerker nicht gelten.<br />
Fahrzeuge dieser Betriebe sollen<br />
in die Straßen hineinfahren dürfen.<br />
Skepsis kam auch aus einer anderen<br />
Richtung und zu einem anderen<br />
Thema. Wie berichtet will Günthers<br />
Verwaltung die Bezirke dabei unterstützen,<br />
die Parkzonen bis Ende 2020<br />
auszuweiten –von 40 auf 75 Prozent<br />
der Fläche innerhalb des S-Bahn-<br />
Rings. Die verkehrsvermeidende<br />
Wirkung der Maßnahme soll durch<br />
höhere Parkgebühren verstärkt werden.<br />
Der Senat will die Bezirke dazu<br />
animieren, das stündliche Entgelt<br />
auf drei Euro proStunde anzuheben.<br />
„Ob wir an bestimmten Orten<br />
75 Cent pro Viertelstunde nehmen<br />
können, ist noch nicht klar“, sagte<br />
Sara Lühmann, Sprecherin des Bezirksamts<br />
Friedrichshain-Kreuzberg.<br />
Zwar sei es schon jetzt möglich, so viel<br />
Geld zu kassieren. Doch ob dies sinnvoll<br />
sei und wirklich so gemacht werden<br />
sollte, müsse sorgfältig geprüft<br />
werden. Dazu werden Wirtschaftspläne<br />
erstellt. „Die Gebührenhöhe in<br />
Münchner müsste man sein<br />
LICHTENBERG<br />
BLZ/REEG, QUELLE: SENAT<br />
der jeweiligen Parkzone bemisst sich<br />
in erster Linie am jeweiligen Parkdruck“,<br />
so Lühmann. „Wenn die Gebühren<br />
sehr hoch sind, besteht teilweise<br />
die Gefahr, dass der Wirtschaftsplan<br />
ins Defizit rutscht, weil<br />
dann kaum noch jemand von extern<br />
in den bewirtschafteten Zonen<br />
parkt.“ Dann sei nichts gewonnen.<br />
ADACfordertbillige Mittagstarife<br />
„Parkraum sollte nur dort bewirtschaftet<br />
werden, wo es ein gutes Nahverkehrsangebot<br />
gibt“, sagte Sandra<br />
Hass vom ADAC. „Diejenigen, die<br />
mangels Alternativen auf die Nutzung<br />
eines Autos angewiesen sind,<br />
dürfen nicht zusätzlich bestraft werden.“<br />
Parkgebühren sollten nicht<br />
pauschal erhöht werden,und es sollte<br />
auch Angebote geben –etwavergünstigte<br />
Mittags-, Sonnabends- und<br />
Stadtrandtarife. Mit einer wichtigen<br />
praktischen Fragehätten sich die Planeroffenbar<br />
noch nicht befasst, etwa<br />
der Frage: „Wie kann der erhöhte<br />
Kontrollaufwand bewältigt werden?“<br />
In mehreren deutschen Städten wird der Kauf von Elektrorollern finanziell gefördert –inBerlin nicht. Warum?<br />
Soviel steht fest: Je mehr Elektromobile<br />
auf den <strong>Berliner</strong> Straßen<br />
unterwegs sind, desto sauberer ist<br />
die Luft in dieser Stadt. Da stellt sich<br />
die Frage, warum der Senat nicht<br />
auch die Anschaffung von Pedelecs<br />
und Elektrorollern fördert –wie das<br />
in anderen Städten der Fall ist.<br />
Münchener müsste man sein –<br />
zumindest wenn es darum geht, einen<br />
Elektroroller anzuschaffen.<br />
Denn die Hauptstadt des Freistaats<br />
zahlt in diesem Fall einen attraktiven<br />
Bonus. Bis zu 2200 Euro Förderprämie<br />
werden geboten: 1000 Euro als<br />
Zuschuss für die Anschaffung, weitere<br />
1000 Euro als Abwrackprämie<br />
für den alten Roller und 200 Euro<br />
Ökobonus, wenn das neue Gefährt<br />
mit Ökostrom betrieben wird. Auch<br />
die Anschaffung von Pedelecs wird<br />
in München bezuschusst, mit bis zu<br />
500 Euro –jedoch nur,wenn ein Unternehmer<br />
oder Freiberufler kauft.<br />
Werbei den Göttinger Stadtwerken<br />
ein Ökostrom-Paket bestellt,<br />
kann sich einen E-Roller ins Haus<br />
liefern lassen. Ersparnis: bis zu<br />
400 Euro. Ähnlich funktioniert ein<br />
Bonuspaket der Stadtwerke im westfälischen<br />
Lüdenscheid, bei dem es<br />
ebenfalls 400 Euro zu gewinnen gibt.<br />
Geringer fallen die Zahlungen in<br />
Würzburg, Erlangen und Mainz aus.<br />
In Berlin ist man allerdings skeptisch<br />
bis ablehnend. „Wir förderndie<br />
private Anschaffung von Elektrorollern<br />
nicht –unter anderem weil die<br />
Sharingmodelle aus unserer Sicht<br />
den Bedarf derzeit gut decken“,<br />
sagte Jan Thomsen, Sprecher der<br />
Verkehrssenatorin Regine Günther<br />
(parteilos,für Grüne). Unternehmen<br />
wie Emmy und Coup bieten E-Roller<br />
zum Mieten an. Die Zweiräder warten<br />
auf Gehwegen auf Kunden, sie<br />
lassen sich per Appbuchen. Andreas<br />
Knie, Mobilitätsforscher vom Wissenschaftszentrum<br />
Berlin, sieht es<br />
ähnlich wie der Senat. „Alles, was<br />
elektrisch ist, hilft schon mal“, sagte<br />
er.„Aber wir sollten die Zahl der Gerätschaften<br />
deckeln, daher eine Förderung<br />
nur dann, wenn das Ganze<br />
im Sharing-Modus daher kommt.“<br />
„Eine Förderung wäre nur dann<br />
sinnvoll, wenn Elektroroller wirklich<br />
als Alternative zum Auto genutzt<br />
werden“, sagte Tilmann Heuser vom<br />
Bund für Umwelt und Naturschutz<br />
Deutschland (BUND). Wenn mit ihrer<br />
Hilfe nur der Kauf eines Drittautos<br />
vermieden werden soll, wären<br />
sie nicht notwendig. „Viel wichtiger<br />
ist aus meiner Sicht, dieInfrastruktur<br />
zu verbessern, um die Nutzung von<br />
Elektrorollern zuerleichtern“ –zum<br />
Beispiel mit Parkplätzen. (pn.)<br />
NACHRICHTEN<br />
Senat will Mietendeckel<br />
einführen<br />
DieMieten in Berlin sollen per Landesgesetz<br />
nach oben begrenzt werden.<br />
Dafür hat sich die rot-rot-grüne<br />
Landesregierung bei ihrer Sitzung am<br />
Dienstag ausgesprochen, teilte Stadtentwicklungssenatorin<br />
Katrin<br />
Lompscher (Linke) mit. DerSenat sei<br />
davon überzeugt, dass ein Mietendeckel„als<br />
zusätzliches Instrument“ zur<br />
Preisdämpfung außerordentlich<br />
wünschenswertsei,sagte Lompscher.Fragen<br />
zur verfassungsrechtlichen<br />
Zulässigkeit sollen geklärtwerden.<br />
Ziel sei, die Eckpunkte für ein<br />
Gesetz noch vorder Sommerpause<br />
vorzulegen. (ulp.)<br />
Barack Obama spricht<br />
am 6. April in Berlin<br />
Derehemalige US-Präsident Barack<br />
Obama kommt am 6. Aprilnach Berlin<br />
und wirdsich bei einer Veranstaltung<br />
den Fragen junger Menschen<br />
stellen. Dasteilte die Stiftung des<br />
US-Demokraten am Dienstag mit.<br />
DieObama-Stiftung rief dazu auf, für<br />
dieVeranstaltung in Berlin Fragen an<br />
den Ex-Präsidenten einzureichen.<br />
DenAngaben zufolge nehmen an<br />
dem „TownHall“ 300 junge Menschen<br />
aus Europa teil, die sich in Bereichen<br />
wie Zivilgesellschaft, Integration<br />
und Ernährungssicherung<br />
engagieren. Obama war zuletzt im<br />
Mai2017 in Berlin. (dpa)<br />
Journalist Billy Six will<br />
Bundesregierung verklagen<br />
Dernach vier Monaten aus venezolanischer<br />
Haft freigekommene deutsche<br />
Journalist Billy Sixwill die Bundesregierung<br />
verklagen. DerVater<br />
des 32-Jährigen, der für rechtskonservativePublikationen<br />
wie „Junge<br />
Freiheit“ arbeitet, begründete den<br />
Schritt am Dienstag mit angeblicher<br />
Tatenlosigkeit der deutschen Botschaft<br />
in Caracas und des Auswärtigen<br />
Amts.Dieses wies die Vorwürfe<br />
zurück und betonte,die Botschaft<br />
habe dem Journalisten „durchgehend<br />
zur Seite“ gestanden. (AFP)<br />
Mann in der Nähe<br />
vom Alex erstochen<br />
Offenbar völlig unvermittelt ist am<br />
Montagabend in Mitte ein 26-Jähriger<br />
erstochen worden. Er war kurz<br />
nach 22 Uhrauf dem Gehweg der<br />
Karl-Marx-Allee unterwegs.Erlief in<br />
Richtung Alexanderplatz. Plötzlich<br />
kam ihm ein unbekannter Mann<br />
entgegen, der ihn mit einer Stichwaffe<br />
angriff und verletzte.Der Angreifer<br />
flüchtete.Der Verletzte<br />
konnte noch mit seinem Handy den<br />
Notruf der Polizei wählen. Er starb<br />
am Tatort. DieHintergründe sind<br />
noch völlig unklar.Eine Mordkommission<br />
ermittelt. (kop.)<br />
US-Soldaten via Berlin zur<br />
Übung nach Polen unterwegs<br />
1500 US-Soldaten sind auf dem Weg<br />
über Berlin zu einer internationalen<br />
Übung nach Polen. 600 Soldaten aus<br />
Texas trafen am Dienstag mit Flugzeugen<br />
in Tegel ein. Siewerden per<br />
Buszum Truppenübungsplatz<br />
Drawsko Pomorskie nahe Szczecin<br />
gebracht. „Die Bundeswehr ist an<br />
den Übungen nicht beteiligt, aber sie<br />
weiß Bescheid“, sagte ein Bundeswehr<br />
Sprecher.„Wirsicherndie<br />
Transporte nach Polen.“ (dpa)