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22 JOURNAL BERLINER KURIER, Sonntag, 24.März2019<br />
Wenn<br />
Träume<br />
wahr<br />
werden<br />
Wenn der Talentsucher<br />
der Show„Afrika! Afrika!“<br />
kommt,geben sich die<br />
jungen Artisten von Addis<br />
Abeba besonders viel Mühe:<br />
Es ist ihreChance auf<br />
den ganz großen Auftritt<br />
Fotos: zvg, Eyoel Mamo/EYOPHOTOGRAPHY.COM,NilzBoehme<br />
„Afrika! Afrika!“ gastiert<br />
vom28. bis 31. Märzim<br />
Theater am Potsdamer<br />
Platz. Tickets gibt es<br />
unter www.semmel.de.<br />
Winston Ruddle<br />
steht im Probenraum<br />
einer Zirkusschule<br />
in Addis<br />
Abeba und sieht zu, wie die<br />
jungen Artisten sich für ihn ins<br />
Zeug legen. Es ist alles dabei,<br />
was Zuschauer zum Staunen<br />
bringt: Fußjonglage, Seiltanz,<br />
Kontorsion, also jene Art Akrobatik,<br />
bei der sich der Körper in<br />
schier unglaubliche Positionen<br />
verbiegt.<br />
Mit seinem Tablet filmt Ruddle<br />
alles. Besonders beeindruckt<br />
ihn eine Truppe, die sich<br />
zu einer menschlichen Pyramide<br />
aufschichtet. Oben an der<br />
Spitze turnt ein kleiner Junge.<br />
Er beherrscht scheinbar alles,<br />
vom einarmigen Handstand bis<br />
zu atemberaubenden Luftsprüngen.<br />
„Schade, dass er erst sieben<br />
ist“, sagt Winston Ruddle. „Allein<br />
wegen der Schulpflicht wäre<br />
es problematisch, mit ihm zu<br />
reisen.“ Die Akrobaten, die der<br />
50-jährige Talentscout in<br />
Äthiopien sucht, sollten mindestens<br />
16Jahre alt sein. Ruddle,<br />
in Simbabwe geborener<br />
Deutscher, hilft, eine Crew für<br />
die Show „Afrika! Afrika!“ zusammenzustellen,<br />
die der österreichische<br />
Künstler André<br />
Heller vor 14 Jahren erfunden<br />
hat. Unter der künstlerischen<br />
Leitung von Georges Momboye,<br />
einem Choreografen von<br />
der Elfenbeinküste mit Wohnsitz<br />
in Paris, wirdsie jetzt fortgesetzt.<br />
In Afrikas Zirkusszene ist<br />
Winston Ruddle bekannt. Er<br />
betreibt in DaressalaminTansania<br />
die „Hakuna Matata Artists<br />
School“. Als sich herumspricht,<br />
dass er in Äthiopien<br />
Station macht, bekommt er<br />
prompt Einladungen von allen<br />
zwanzig Zirkusschulen des<br />
Landes.Dabei wird er es nicht<br />
einmal schaffen, die fünfzehn<br />
in der Hauptstadt zu besuchen.<br />
Woran lässt sich denn echtes<br />
Talenterkennen?<br />
Winston Ruddle lacht und<br />
sagt: „Ichfühle das.“<br />
Objektiv betrachtet ist natürlich<br />
auch die Körperhaltung<br />
aussagekräftig. Jemand<br />
mit hängenden Schultern gehört<br />
nicht in die Manege, wo<br />
Spannung in der Muskulatur<br />
und Ausstrahlung gefragt<br />
sind. Wie sich jemand zu präsentieren<br />
weiß, unabhängig<br />
von seinem Können, ist Ruddle<br />
sehr wichtig: „Ein Artist<br />
darf niemals zu nervös sein,<br />
sonst leistet er sich bloß Fehler.“<br />
Idealerweise sucht Ruddle<br />
Multitalente, die verschiedene<br />
Nummern vorführen können.<br />
Einfach weil die Ensembles immer<br />
kleiner werden, aus Kostengründen.<br />
Anfangs tourte<br />
„Afrika! Afrika!“ mit 120 Leuten,<br />
heute sind noch 60 Leute<br />
unterwegs. Sie bringen eine<br />
Show nach Europa, die weder<br />
Armut noch Krieg, Korruption<br />
oder Perspektivlosigkeit thematisiert.<br />
Schlangenmenschen<br />
definieren Gelenkigkeit neu,<br />
Basketballakrobatik folgt auf<br />
Stammestänze. Dazu spielt eine<br />
Band afrikanische Hits –von<br />
Miriam Makebas „Pata Pata“<br />
bis zu Cheb Khaleds „Aicha“.<br />
Diese Schönfärberei findet<br />
Winston Ruddle überhaupt<br />
nicht verwerflich, im Gegenteil:<br />
„In den Nachrichten werden<br />
meistens nur die negativen<br />
Schlagzeilen aufgearbeitet.<br />
Deswegen wollen wir den Zuschauern<br />
zeigen, was an Afrika<br />
positiv ist.“<br />
Aus der „Shegers Gymnasterie“,<br />
die Ruddle an diesem Tag<br />
besucht, sind schon andere<br />
Gruppen beim Casting für<br />
„Afrika! Afrika!“ erfolgreich ge-