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18 * <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 84 · M ittwoch, 10. April 2019<br />
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Sport<br />
„Wer die längere Nas’n hat, gewinnt“<br />
Alpenvollyes-Manager Hannes Kronthaler über das Halbfinale gegen die BR Volleys, Sahnehäubchen, Kopfzerbrechen und widerspenstige Tiroler Medien<br />
Nach den packendenViertelfinals<br />
gegen Düren<br />
beginnen für die BR Volleys<br />
an diesem Mittwoch<br />
die Halbfinals um die deutsche Volleyball-Meisterschaft<br />
gegen die<br />
Hypo Tirol Alpenvolleys Haching.<br />
Das Team, das im zweiten Jahr mit<br />
einer Wildcard in der Bundesliga<br />
spielt, führte lange Zeit die Tabelle<br />
an, ehe es vonFriedrichshafen überflügelt<br />
wurde. Die <strong>Berliner</strong> starten<br />
die Best-of-five-Serie in Innsbruck<br />
(19 Uhr, www.sporttotal.tv) und tragen<br />
damit zum ersten Mal ein Playoff-Spiel<br />
in Österreich aus. Dort hat<br />
Alpenvolleys-Manager Hannes<br />
Kronthaler, 53, seit Monaten viel Arbeit<br />
in die Vorbereitungen gesteckt.<br />
Und beinahe wäre im letzten Moment<br />
noch alles schiefgegangen.<br />
Herr Kronthaler, Volleys-Manager<br />
Kaweh Niroomand sagt, Sieseien sein<br />
Freund, er finde es gut, was Sie machen.<br />
Haben Sie mit ihm telefoniert,<br />
seit die Halbfinals feststehen?<br />
DasKompliment kann ich nur zurückgeben.<br />
Wir haben über die Trainingszeiten<br />
der Teams gesprochen.<br />
Wirsind uns schnell einig geworden.<br />
Wir sind beide Champions-League-<br />
Teilnehmer.Wir wissen, dass wir nebenbei<br />
keine Spielchen brauchen.<br />
Dabei wäre esIhnen lieber gewesen,<br />
Berlin und Friedrichshafen hätten<br />
sich im Halbfinale gegenseitig ausgeschaltet<br />
und Siewären erst im Finale<br />
auf einen der Topklubs getroffen.<br />
Wir hatten die Chance, die<br />
Hauptrunde als Erster abzuschließen.<br />
Dashaben wir leider nicht geschafft.<br />
Da hat man die Verkrampfung<br />
des Teams gesehen. Ich freue<br />
mich jetzt auf ein sehr attraktives<br />
Halbfinale.<br />
Voriges Jahr hatten die Alpenvolleys<br />
gegen Friedrichshafen im Halbfinale<br />
keine Chance.<br />
Da habe ich nicht die Mannschaft<br />
gehabt wie heuer,dawar die Überraschung<br />
schon der Halbfinaleinzug.<br />
Heuer schaut das anders aus.Wir haben<br />
Friedrichshafen zweimal besiegt.<br />
Bei Berlin gegen Alpenvolleys<br />
steht es 1:1. Und Düren hat bewiesen,<br />
dass man Berlin auch mit Sergej<br />
Grankin schlagen kann.<br />
Sie sagen, seit Grankin in Berlin Zuspieler<br />
ist, kann man das Team nicht<br />
mit dem der Hinrunde vergleichen?<br />
Ich habe sogar gesagt, ohne die<br />
Verpflichtung von Grankin würde<br />
Berlin nicht im Semifinale stehen.<br />
Dabei mussten auch die Alpenvolleys<br />
im Viertelfinale gegen Herrsching in<br />
ein drittes, entscheidendes Spiel …<br />
Volleyballriesen aus dem Alpenraum: Kirill Klets, MatthewPollock und Hugo de León (v.n.).<br />
Ja, dawar ich sehr unter Druck.<br />
Ich habe alles auf diese Halbfinals<br />
aufgebaut, was die Zuschauer betrifft,<br />
die Vermarktung. Es hätte mir<br />
sehr wehgetan, wenn wir das nicht<br />
geschafft hätten. Für die Alpenvolleys<br />
ist jetzt das Wichtigste: gute Veranstaltungen<br />
mit guten Spielen. Das<br />
Finale wäre das Sahnehäubchen,<br />
nicht das Pflichtprogramm.<br />
In der Rückrunde war bei Ihrem<br />
Team die Leichtigkeit dahin.<br />
Nachdem wir in Friedrichshafen<br />
gewonnen hatten, haben plötzlich<br />
alle gemerkt, dass es jetzt wirklich<br />
sein kann, dass wir Erster bleiben.<br />
Dann waren wir gegen Frankfurtund<br />
Düren verkrampft. Im Viertelfinale<br />
haben wir einfach schlecht gespielt<br />
und mussten in ein drittes Spiel, das<br />
niemand gebraucht hat.<br />
Entsprechend sauer waren Sie, sprachen<br />
von einer Frechheit und kritisierten<br />
explizit zwei Ihrer Spieler.<br />
So ist es. Ich lobe meine Spieler<br />
gern. Aber wenn sie nicht gelobt werden<br />
können, sage ich es auch offen.<br />
Ausgerechnet Ihr Sohn Niklas hat im<br />
dritten Spiel gegen Herrsching dann<br />
ZUR PERSON<br />
Hannes Kronthaler ist Österreichs Volleyball-Rekordnationalspieler.Weil es dem 53-Jährigen<br />
nach zehn Meistertiteln für Innsbruck und zuletzt vier in Serie in der österreichischen Ligazu<br />
langweilig wurde, beantragte er 2017 eine Wildcard in der Bundesliga. Dortspielt Innsbruck<br />
mit der Lizenz des TSV Unterhaching,der 2014 in die Insolvenz ging.Vor allem Deutschlands<br />
Topvereine stimmten bei der Ligaversammlung (7:3) für eine Wildcard an den Betriebswirtaus<br />
Tirol, der in seinem Bauunternehmen 400 Mitarbeiter beschäftigt. Kronthalers Sohn Niklas,<br />
24, ist Außenangreifer bei den Hypo Tirol Alpenvolleys Haching.<br />
den gescholtenen Außenangreifer<br />
Hugo de León ersetzt –und das Spiel<br />
nach 0:1-Satzrückstand gedreht.<br />
Mein Sohn hat mir viel Kopfzerbrechen<br />
genommen. Ein Jahr wäre<br />
umsonst gewesen. Es wäre für mich<br />
eine Schmach gewesen. Herrsching<br />
hat guteVolleyballer,aber es wäregegen<br />
meine Gedankenwelt, denn ich<br />
sage: Professionalität setzt sich immer<br />
durch. Wenn jemand zigmal<br />
trainieren geht, einen Physiotherapeuten<br />
hat und einen Fitnesscoach,<br />
dann gewinnt er so ein Spiel gegen<br />
einen, der das alles nicht hat. Dashat<br />
sich Gott sei Dank bewahrheitet.<br />
Ihr Drei-Jahres-Plan sieht im zweiten<br />
Jahr die Halbfinalteilnahme vor.<br />
Spielt Ihr Team also ohne Druck auf?<br />
IMAGO IMAGES/AMIR BEGANOVIC<br />
Das könnte unser Vorteil sein.<br />
Man hat sofort gemerkt in der Kabine<br />
beim Duscheaufdrehen, dass<br />
alle durchschnaufen und sich<br />
freuen, dass mehr möglich ist.<br />
Sie hoffen auf 1800 Zuschauer an<br />
diesem Mittwoch. In die Innsbrucker<br />
Olympiahalle passen aber mehr?<br />
Es passen bis zu 8000 rein. Wir<br />
haben in der Ebene 600, 700 Plätze,<br />
dann sperre ich jetzt noch 1500 auf.<br />
Es gäbe in der Ebene B1500 auf Ost,<br />
1500 auf West und dann auf Cnoch<br />
mal so viel. Ichhabe alles getimet für<br />
das Halbfinale.<br />
Washaben Siekonkret getan?<br />
Ich habe Vereinsaktionen gemacht,<br />
1000 Tickets im Vorfeld abgesetzt.<br />
Jetzt kommen die normalen<br />
Zuschauer noch dazu. Beim ersten<br />
Spiel gegen Berlin haben wir 1200<br />
gehabt, ich denke,dass jetzt 600, 700<br />
mehr kommen.<br />
Wasmeinen Siemit Vereinsaktionen?<br />
Es gibt in TirolFachverbände.Der<br />
Allgemeine Sportverband Österreich<br />
ASÖ hat 13 000 Mitglieder, dahabe<br />
ich mit dem Tirol-Präsidenten ausgemacht:<br />
Wenn wir im Halbfinale<br />
sind, sind seine Vereinsmitglieder<br />
eingeladen. 800 Leute haben sich gemeldet.<br />
Im dritten Halbfinale habe<br />
ich alle Mitarbeiter meiner 26 Sponsoren<br />
eingeladen. Da habe ich den<br />
Plan, dass von den 800, die zum ersten<br />
Mal dawaren, im dritten Halbfinale,<br />
wenn es 1:1 steht, wieder 300<br />
kommen. Plus die Sponsorenmitarbeiter.Und<br />
wenn es ein fünftes Spiel<br />
geben sollte,wenn es 2:2 steht, brauche<br />
ich niemanden mehr einladen.<br />
Dann kommen alle vonselber.<br />
Istdas so?<br />
Jeder, der Volleyball einmal bei<br />
uns gesehen hat, das in einem ähnlichen<br />
Rahmen wie in Berlin aufgezogen<br />
wird–nur statt mit 6000 Leuten<br />
mit 1800 –, ist begeistert von der<br />
Stimmung, vom Sport, von der Professionalität.<br />
Wir müssen schauen,<br />
dass wir mehr Leuten dieses erste<br />
Malzeigen. Da arbeite ich hartdran,<br />
da habe ich ein Produkt mit der<br />
deutschen Liga, das dafür absolut<br />
geeignet ist. Jetzt habe ich ein Top-<br />
Halbfinale. Da kann keiner sagen,<br />
ich hätte Blödsinn geredet.<br />
Warum haben Sie sich zuletzt über<br />
die mangelnde Anerkennung in den<br />
Medien beklagt?<br />
Wirhaben eine sehr gute Presse in<br />
Deutschland. Ich habe mich mit einer<br />
<strong>Zeitung</strong> in Tirolangelegt. Weil sie<br />
zu wenig machen. Jetzt bin ich in<br />
Deutschland Tabellenführer, bin der<br />
Erste, der eine Wildcard bekommen<br />
hat –und wir in Österreich schreiben<br />
immer nur noch übers Skifahren. Ich<br />
mache professionellen Volleyball auf<br />
Topniveau. Als wir noch in der österreichischen<br />
Liga gespielt haben,<br />
habe ich mich nicht beklagt. Da waren<br />
janur die Play-offs interessant<br />
und die drei Champions-League-<br />
Spiele. Aber jetzt spiele ich in der<br />
viertbesten Liga Europas mit Fernsehverträgen<br />
–gegen Berlin, Friedrichshafen,<br />
Lüneburg.<br />
Warum hat es Volleyball so schwer?<br />
Manche sagen:„Duhast nur 1000<br />
Zuschauer? Ja, der FC Wacker Innsbruck<br />
hat 5000.“ Das ist aber Fußball.<br />
Wenn ich 2000 Zuschauer habe<br />
und die haben fünfmal soviel Geld,<br />
dann müsste der Fußball ja 10 000<br />
Zuschauer haben.<br />
Waserwarten Sie von der Halbfinalserie<br />
gegen Berlin?<br />
Ich erwarte eine ausgeglichene<br />
Serie von zwei Mannschaften, die<br />
unerschrocken hochklassigen Volleyball<br />
bieten –und wer die längere<br />
Nas’nhat, gewinnt.<br />
DasGespräch führte<br />
Karin Bühler.<br />
Siege ohne Wert<br />
Das nahezu perfekt funktionierende Team von Tampa Bay Lightning geht als Favorit in die Play-offs der NHL, aus gutem Grund wehrt man sich in Florida aber gegen diese Einschätzung<br />
VonMatti Lieske<br />
Esfällt nicht schwer sich vorzustellen,<br />
wie Gary Bettman, der<br />
Commissioner der Eishockeyliga<br />
NHL, und seine Mitstreiter zusammensitzen,<br />
sich die Haare raufen<br />
und verzweifelt fragen, wie es passieren<br />
konnte, dass Connor McDavid<br />
ausgerechnet bei den Edmonton Oilers<br />
mit ihrem überforderten Management<br />
landete. Wenn heute die<br />
Play-offs beginnen, weilt der beste<br />
Spieler der National Hockey League<br />
schon wieder im Urlaub,zum dritten<br />
Mal inMcDavids vier NHL-Jahren.<br />
So müssen die Eishockeyfans in der<br />
entscheidenden Phase wieder auf eines<br />
der attraktivsten Angriffsduos<br />
der Liga verzichten. Neben McDavid<br />
glänzte bei den Oilers auch der deutsche<br />
Nationalspieler Leon Draisaitl,<br />
der 50 Treffer erzielte und in der Torjägerwertung<br />
nur Washingtons Alexander<br />
Owetschkin (51) den Vortritt<br />
lassen musste.<br />
Vorallem wegen der schwachen<br />
Defensive reichte es aber wieder<br />
nicht, ein Novum in der NHL, wo es<br />
Cracks wie Wayne Gretzky,Mario Lemieux,<br />
Sidney Crosbyoder Owetschkin<br />
eigentlich immer schafften, ihre<br />
Mannschaft in die Play-offs zu befördern.<br />
Besserung ist vorerst nicht in<br />
Sicht, McDavid hat 2017, warum<br />
auch immer, einen Achtjahresvertrag<br />
in Edmonton unterschrieben.<br />
Trotz aller Kunstfertigkeit und 116<br />
Punkten war der 22-Jährige jedoch<br />
nicht der Topscorer der NHL-Saison.<br />
Diesen Titel holte sich mit 128 Zählern<br />
der Russe Nikita Kutscherow,<br />
der seine Tore und Assists,anders als<br />
McDavid, bei einer nahezu perfekt<br />
funktionierenden Mannschaft sammelte.<br />
Die Tampa Bay Lightning<br />
stellten mit 62 Siegen den Rekordder<br />
Detroit RedWings von 1996 ein und<br />
standen schon Anfang März als Gewinner<br />
der President’s Trophy für das<br />
beste Team fest. Das garantiert<br />
Heimvorteil bis zum Finale –nicht<br />
dass Tampa dies nötig hätte, 30Partien<br />
gewann man auswärts.<br />
Seit Trainer Jon Cooper 2014 sein<br />
Amt antrat, hat Tampa Baydie meisten<br />
Saisonsiege in der NHL geschafft<br />
und 2015 auch den Einzug ins Finale,<br />
das gegen die Chicago Blackhawks<br />
verlorenging. „Jeder sprach damals<br />
darüber, wie unerfahren wir waren<br />
und dass sie Tonnen an Erfahrung<br />
hatten“, sagt Kapitän Steven Stamkos,<br />
mit 45 Treffern viertbester Torschützeder<br />
Saison,„nun, jetzt haben<br />
wir Tonnen an Erfahrung.“<br />
Aufs Herzlichste verabscheuen<br />
Natürlich ist der Stanley-Cup-Gewinner<br />
von 2004 aus Florida der<br />
große Favorit auf den Titel, doch in<br />
Tampa hört man das gar nicht so<br />
gern. Seit 2005 haben nur zwei als<br />
Nummer eins in die Play-offs gegangene<br />
Teams den Titel gewonnen.<br />
Dreimal ereilte dieWashington Capitals<br />
ein frühes Aus, insofern war das<br />
Team um Owetschkin fast froh, als<br />
Topscorer der NHL: Tampa Bays<br />
Nikita Kutscherow<br />
AP/SANCYA<br />
vor einem Jahr noch die Nashville<br />
Predators an ihnen vorbeizogen.<br />
Prompt holten die Capitals im Finale<br />
gegen die Las Vegas Golden Knights<br />
ihren ersten Titel –nachdem sie eine<br />
dramatische Halbfinalserie gegen<br />
Tampa Bayinsieben Spielen gewonnen<br />
hatten.<br />
Eine Neuauflage mit den beiden<br />
Mannschaften, die sich gegenseitig<br />
aufs Herzlichste verabscheuen, ist<br />
durchaus möglich, einen Vorgeschmack<br />
gaben zwei hitzige Duelle<br />
Ende März. Zunächst gewann<br />
Tampa Bay 5:4 in der Verlängerung,<br />
wobei Lightning-Keeper Andrei<br />
Wassilewski 54 Schüsse parierte, elf<br />
von Owetschkin, danach siegte Washington<br />
in Tampa 6:3, Owetschkin<br />
traf zweimal. Eine Reminiszenz an<br />
Spiel sieben des Halbfinales 2018,<br />
welches die Lightning in eigener<br />
Halle 0:4 verloren hatten. „Der saure<br />
Geschmack“ dieser Niederlage sei<br />
eine besondere Motivation, sagt<br />
Stürmer Adam Erne.<br />
In Runde eins muss Tampa Bay<br />
aber erst mal die Columbus Blue Jackets<br />
aus dem Weg räumen und<br />
dann mit den Toronto Maple Leafs<br />
oder den Boston Bruins ein weiteres<br />
bärenstarkes Team. Die Blue Jackets<br />
sind mit sieben Siegen aus den letzten<br />
acht Partien noch in die Play-offs<br />
gestürmt. Eine tückische Aufgabe für<br />
den Favoriten, der seit einem Monat<br />
praktisch nur Vorbereitungsspiele<br />
absolvierthat.<br />
Spieler und Trainer sind sich der<br />
Gefahr zu großer Siegessicherheit<br />
bewusst, und ihreKommentareklingen<br />
fast wie Beschwörungsformeln.<br />
„Es ist immer noch dasselbe Spiel,<br />
das wir die ganzeSaison gespielt haben<br />
und bei dem wir ziemlich gut<br />
waren“, sagt beispielsweise der Kanadier<br />
Stamkos. „Wenn wir irgendwo<br />
hinwollen, müssen wir uns<br />
steigern“, meint hingegen Coach<br />
Cooper. „Wenn die Play-offs beginnen,<br />
kannst du die 60 Siege an deinen<br />
Huthängen.“