Berliner Zeitung 21.05.2019
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6 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 116 · D ienstag, 21. Mai 2019<br />
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Wirtschaft<br />
NACHRICHTEN<br />
Ryanair verdient<br />
deutlich weniger<br />
DerPreiskampf in der Luftfahrtbranche,Anlaufverluste<br />
bei der<br />
übernommenen Fluglinie Laudamotion<br />
sowie gestiegene Ölpreise<br />
und Kosten für Personal haben den<br />
irischen Billigflieger Ryanair im Geschäftsjahr<br />
2018/19 starkbelastet.<br />
In den zwölf Monaten bis Ende März<br />
sank der Gewinn um rund 39 Prozent<br />
auf 885 Millionen Euro,wie das<br />
Unternehmen mitteilte. Ohne die<br />
Anlaufverluste bei Laudamotion<br />
hätte der Gewinn bei etwas mehr als<br />
einer Milliarde Euro gelegenund damit<br />
am unteren Rand der Anfang Januar<br />
bereits einmal gesenkten Prognose.Der<br />
Umsatz zogjedoch um<br />
knapp 8Prozent auf 7,7 Milliarden<br />
Euro an. (dpa)<br />
Deutsche Pharmabranche<br />
schwächelt<br />
Diedeutschen Pharmakonzerne<br />
können mit den Schwergewichten<br />
der Branche nicht Schritt halten.<br />
Während die globalen Marktführer<br />
aus den USA und der Schweiz ihren<br />
Umsatz im vergangenen Jahr kräftig<br />
steigerten, fielen die hiesigen Vertreter<br />
zurück, so eine Analyse der Beratungsgesellschaft<br />
EY.Die 22 untersuchten<br />
Konzerne steigerten ihren<br />
Umsatz aus dem Pharmageschäft<br />
insgesamt um 0,9 Prozent auf 460,8<br />
Milliarden Euro gemessen am Vorjahr.Die<br />
deutschenTopunternehmen<br />
Bayer, Merckund Boehringer<br />
Ingelheim mussten indes Rückgänge<br />
von0,3 Prozent hinnehmen<br />
und blieben deutlich hinter Pfizer,<br />
Roche und Novartis zurück. (dpa)<br />
Die höchsten Gehälter gibt<br />
es in San Francisco<br />
Die Skyline von San Francisco.<br />
Taxifahrt, Kinokarte,Restaurantbesuch<br />
–Zürich ist weltweit eines der<br />
teuersten Pflaster.Doch den Spitzenplatz<br />
als Metropole mit den<br />
höchsten Gehälternist die SchweizerStadt<br />
nach jahrelanger Dominanz<br />
los,wie aus einer aktuellen<br />
Auswertung vonDeutsche Bank Research<br />
hervorgeht. AufPlatz eins<br />
dieser Rangliste liegt nun SanFrancisco.Ein<br />
Grund nach Einschätzung<br />
der Analysten: Dasschnelle Wachstum<br />
des US-amerikanischen Technologiesektors.Die<br />
insgesamt<br />
höchsteLebensqualität messen die<br />
Autoren jedoch Zürich bei. (dpa)<br />
Stationäre Elektrohändler<br />
verlieren Umsatz<br />
FOTO: DPA<br />
Mode- und Elektrohändler in den<br />
Einkaufsstraßen verlieren immer<br />
mehr Umsatz an Onlineanbieter.<br />
Aber auch Wohn- und Einrichtungsgeschäften<br />
macht der Siegeszug des<br />
Internethandels zu schaffen. Das<br />
geht aus dem „Online-Monitor<br />
2019“ des Handelsverbandes<br />
Deutschland (HDE) hervor.<br />
Insgesamt gaben die Verbraucher<br />
2018 im Internet rund eine Milliarde<br />
Euro mehrfür Textilien und Accessoires<br />
aus.Das ging zulasten desstationären<br />
Handels.Dennhier gaben<br />
die Verbraucher rund 1,1 Milliarde<br />
Euro weniger aus –ein Minus von<br />
3,1 Prozent. DerElektrohandel in<br />
den Innenstädten büßte sogar<br />
4,3 Prozent Umsatz ein. (dpa)<br />
„Ein Gleichgewicht des Schreckens“<br />
Der Ökonom Rolf Langhammer über den Handelsstreitzwischen China und den USA<br />
Der Handelsstreit zwischen<br />
den USA und China<br />
eskaliert. Präsident<br />
Trump geht nun auch aggressiv<br />
gegen den Technologiekonzern<br />
Huawei vor. Für Rolf Langhammer<br />
vomKieler Institut für Weltwirtschaft<br />
ist klar, dass beide Seiten an<br />
einem„Waffenstillstand“ interessiert<br />
sein müssen. Den Europäern empfiehlt<br />
er, auf die USA zuzugehen und<br />
einseitig Einfuhrzölle zu senken.<br />
Herr Langhammer, imHandelsstreit<br />
zwischen den USA und China bekämpfen<br />
sich beide Seiten mit Zöllen,<br />
Vergeltungszöllen und Attacken auf<br />
Technologiekonzerne. Zugleich beteuern<br />
beide Seiten, dass man im Gespräch<br />
bleiben will. Wasist da los?<br />
Es geht um Gesichtswahrung für<br />
beide Seiten. Auch Trump dämmert,<br />
dass die Chinesen nicht sofort ihre<br />
Preise werden senken müssen, um<br />
ihr Exportvolumen in den USA trotz<br />
sinkender Nachfrage aufrechterhalten<br />
zu können. Es liegen Untersuchungen<br />
vonnamhaften US-Institutenvor,<br />
dieganzklarsagen:DieZeche<br />
zahlt zunächst vorallem der US-Verbraucher<br />
durch höhere Preise. Das<br />
deckt sich mit unseren Erkenntnissen.<br />
Dies gilt umso mehr,wenn–wie<br />
angedroht –sämtliche chinesischen<br />
Exporte in die USA mit Zöllen überzogen<br />
werden. Es wird vor allem die<br />
armen Amerikaner treffen, die diese<br />
Güter mehr konsumieren als die reichen.<br />
Es handelt sich also um eine<br />
sehr unsoziale Maßnahme.<br />
Dann müsste das Volk doch nun rebellieren?<br />
Aber das Gegenteil ist der Fall. Die<br />
Zustimmung für Trump steigt sogar<br />
noch. Die Amerikaner sehen vor allem<br />
eine Art „gelbe Gefahr“. Es<br />
herrscht die Meinung, wir müssen<br />
dagegenhalten, selbst wenn es für<br />
uns Einbußen bringt, Hauptsache,<br />
die Chinesen verlieren noch mehr.<br />
Zugleich muss man sich Hintertürchen<br />
offen halten. Das ist eine Art<br />
Gleichgewicht des Schreckens auf<br />
ökonomischer Basis. Wobei die Chinesen<br />
bei Industriegüternnicht stark<br />
vergelten können, denn sie importieren<br />
jährlich Güter im Wert von nur<br />
rund 120 Milliarden Dollar aus den<br />
USA im Gegensatz zu rund 540 Milliarden<br />
Dollar in der Gegenrichtung.<br />
Welche Handlungsoptionen haben<br />
die Chinesen noch?<br />
DieChinesen können amerikanische<br />
Dienstleistungsanbieter in China<br />
aussperren und letztlich über die<br />
Finanzmärkte gehen und amerikanische<br />
Anleihen aus ihrem riesigen Bestand<br />
verkaufen. Dasist die ultimative<br />
Drohung. Aber auch ein zweischneidiges<br />
Schwert für die Chinesen.<br />
Inwiefern?<br />
Weil der US-Dollar die globale<br />
Leitwährung ist und weil sich in einer<br />
verschärften Krise Anleger in den<br />
Dollar flüchten werden. Der Dollar<br />
würde dann aufwerten. Das würde<br />
chinesische Unternehmen, die sich<br />
sehr stark in Dollar-Krediten verschuldet<br />
haben, harttreffen, weil sie<br />
erheblich mehr,inihrer Währung gerechnet,<br />
für ihren Schuldendienst<br />
leisten müssten. Auch die Europäer<br />
würden in diesem Szenario massiv<br />
leiden, da europäische Wertpapiere<br />
verkauft und amerikanische gekauft<br />
würden. Um diese Flucht aus dem<br />
Euro zuverhindern,müsstedieEuropäische<br />
Zentralbank die Zinsen erhöhen,<br />
was angesichts der rückläufigen<br />
Konjunktur die Gefahr einer Rezession<br />
massiv verstärken würde. Es<br />
wird hart gepokert, und Kurt Tucholsky<br />
wirdbestätigt, der die Nationalökonomie<br />
einmal ironisch als die<br />
Metaphysik des Pokerspielers bezeichnet<br />
hat.<br />
Geht es dabei auch um Grundsätzliches?<br />
Es geht um einen Systemwettbewerb:<br />
Staatskapitalismus versus<br />
Unternehmenskapitalismus.Eine finale<br />
Lösung dieser Konfrontation<br />
EineChinesin sortiertRollen mitGlasfasergarnfür denExport. FOTO: ZHAO DONGSHAN/XINHUA/DPA<br />
wird esnicht geben. Die Chinesen<br />
werden Ende der Jahrzehnts die USA<br />
als größte Volkswirtschaft der Welt<br />
ablösen.TrumpwilldiesenZeitpunkt<br />
bestenfalls hinausschieben. Mehr<br />
kann er nicht tun.<br />
Trumps Forderungen –mehr Schutz<br />
geistigen Eigentums, Abbau staatlicher<br />
Subventionen, Abbau von erzwungenem<br />
Know-how-Transfer bei<br />
US-Firmen, die in China investieren –<br />
greifen die Stützpfeiler der chinesischen<br />
Industriepolitik an. Kann sich<br />
die kommunistische Regierung darauf<br />
einlassen?<br />
Der Staatskapitalismus bleibt erhalten.<br />
Sonst würde das Primat der<br />
Partei infrage gestellt. Wir haben<br />
Staatsunternehmen, die von Staatsbanken<br />
gestützt werden. Trump wird<br />
versuchen, „seine“ US-Unternehmen<br />
–und nur die –vor Know-how-<br />
Transfers und Industriespionage zu<br />
schützen.<br />
Istdas der Wegfür einen Kompromiss<br />
im Handelsstreit?<br />
Das Defizit der USA gegenüber<br />
China in der Handelsbilanz treibt<br />
Trump um, obwohl das ökonomisch<br />
bedeutungslos ist. Seine Importzölle<br />
sind auch für den Abbau des Defizits<br />
kontraproduktiv, da sie wie eine<br />
ZUR PERSON<br />
Rolf Langhammer befasst sich am Kieler Institut für Weltwirtschaft (IFW) mit den Themen Globalisierung<br />
und internationaler Handel. Langhammer hat Volkswirtschaft studiertund wurde<br />
1995 zum Honorarprofessor ernannt. Zwischen 1997 und 2012 war er Vizepräsident des IFW.<br />
Steuer auf US-Exporte wirken. Denn<br />
Rohstoffe und Vorprodukte werden<br />
für die Industrie teurer, und deshalb<br />
müssen die Endprodukte auch teurer<br />
verkauft werden. Nun hat aber Vizepremier<br />
Liu He schon versprochen,<br />
mehr Agrarprodukte aus den USA zu<br />
importieren. Das soll aber im Einklang<br />
mit der Nachfrage stehen. Deshalb<br />
müsste die chinesische Regierung<br />
die Nachfrage mit zusätzlichen<br />
Konjunkturprogrammen ankurbeln.<br />
Trumpwirdfordern,dassChinanoch<br />
mehr Agrarprodukte wie Sojabohnen<br />
oder Schweinefleisch exklusiv in<br />
den USA kauft. Dies zusammen mit<br />
einem verbesserten Schutz für US-<br />
Unternehmen, die sich in China niederlassen<br />
wollen, sehe ich als die<br />
zwei Voraussetzungen für einen Waffenstillstand.<br />
Nicht für einen Friedensvertrag.<br />
Daswürde Nachteile für Europa bringen?<br />
Nachteile für Europa würden<br />
Trump sogar freuen. Ihn interessieren<br />
nur Aktienkurse, das Zinsniveau<br />
und die Beschäftigung in den USA.<br />
Kommt es doch noch zum großen<br />
Knall, dann stürzen die Aktienkurse<br />
noch viel stärker ab, was US-Pensionsfonds<br />
und damit die Altersversorgung<br />
vonMillionen vonAmerika-<br />
nern belasten würde. Das muss<br />
Trump verhindern, um sich die Gefolgschaft<br />
seiner Wähler zu sichern.<br />
Er muss sich deshalb genau überlegen,<br />
wie weit er gehen kann. Wenn er<br />
eine Rezession auslöst, könnte das<br />
seine Wiederwahl im Herbst nächsten<br />
Jahres gefährden.<br />
Immerhin wurden Strafzölle aufEU-<br />
Autos zunächst einmal ausgesetzt.<br />
Wie müssen sich nun die Europäer<br />
positionieren?<br />
Wirhaben in der EU die außerordentlich<br />
hohen Einfuhrzölle von<br />
zehn Prozent auf Autoimporte. Die<br />
wurden vor 25Jahren aus Angst vor<br />
japanischen Autoimporten eingeführt,<br />
wurden aber auf alle Autoimporte<br />
aus der Welt –nach den Regeln<br />
der Handelspolitik –erhoben. Man<br />
könnte problemlos diese Zölle einseitig<br />
senken. Ichwürde das sehr begrüßen,<br />
denn es wäreauch eine vertrauensbildende<br />
Maßnahme für den<br />
Multilateralismus.<br />
Aber geht es Trump nicht vor allem<br />
darum, dass er für seine Farmer bessere<br />
Absatzmärkte in Europa haben<br />
will?<br />
Ganz klar. Dann kommen aber<br />
wieder die Debatten über Verbraucher-<br />
und Gesundheitsstandards<br />
hoch –Chlorhühnchen und anderes.<br />
Seit Jahrzehnten streitet Europa mit<br />
den USA um die Landwirtschaft. Und<br />
da steht natürlich Frankreich als Bastion<br />
gegen Lockerungen zu Gunsten<br />
der USA.<br />
Droht also ein langer Konflikt?<br />
Eine Öffnung des Agrarmarktes<br />
wäreeine sehr vernünftigeMaßnahme.<br />
Alle Mitgliedsländer der EU –<br />
einschließlich Frankreich –können<br />
sich das problemlos leisten. Das gilt<br />
auch für die Autobranche,zumal wir<br />
ohnehin eine Neujustierung der<br />
Branche in Richtung Elektromobilität<br />
sehen. Die Zölle müssen dabei<br />
nicht nur gegenüber den USA, sondern<br />
gegenüber allen Handelspartnerngesenkt<br />
werden.<br />
Wiemuss sich die EU gegenüber China<br />
verhalten?<br />
China will mit der EU ein Freihandelsabkommen<br />
schließen. DieEuropäer<br />
sagen zu Recht: Schritt für<br />
Schritt. Denn sie haben ein viel wichtigeres<br />
Thema: nämlich ein bilaterales<br />
Investitionsabkommen, das festlegt,<br />
dass europäische Investoren in<br />
China die gleichen Bedingungen vorfinden<br />
wie chinesische Investoren in<br />
Europa.<br />
Also sind wir auch hier bei dem Thema<br />
der erzwungenen Kooperationen<br />
mit chinesischen Firmen und beim<br />
Know-how-Transfer.<br />
Mittelfristig erscheinen mir Eingriffe<br />
bei Direktinvestitionen als gravierender<br />
als Eingriffe in den Handel.<br />
Direktinvestitionen behindern: das<br />
ist die Nuklearwaffe der Industriepolitik.<br />
Deswegen ist mein Plädoyer,<br />
solange wie möglich mit den Amerikanernzuverhandeln<br />
und auch Zölle<br />
zu senken, um dann gemeinsam mit<br />
den AmerikanernfaireBedingungen<br />
für Direktinvestitionen auszuhandeln,<br />
denen sich auch China anschließen<br />
müsste.<br />
Waswürde der Abbau der EU-Agrarzölle<br />
für die europäischen Bauern<br />
bringen? Nurmehr Konkurrenz?<br />
Nein, eine Senkung der Agrarzölle<br />
muss natürlich auf Gegenseitigkeit<br />
beruhen. Damit würden sich für<br />
europäische Landwirte neue Märkte<br />
erschließen. Und dann könnten die<br />
EU-Landwirte auch den Schutz der<br />
geografischen Herkunftsbezeichnung<br />
nutzen. Etwa, um SchwarzwälderSchinkenoderParmaschinkenzu<br />
exportieren. Da liegenriesigePotenziale<br />
–nicht nur in den USA, sondern<br />
in noch viel stärkerem MaßinChina.<br />
Denn China wird inden nächsten<br />
Jahren zu einer Konsumwirtschaft<br />
werden.<br />
DasGespräch führte<br />
Frank-Thomas Wenzel.<br />
Mehr Mittel<br />
gegen<br />
Geldwäsche<br />
Finanzminister plant<br />
Gesetzesänderung<br />
Von Timot Szent-Ivanyi<br />
Bundesfinanzminister Olaf Scholz<br />
(SPD) will stärker gegen Geldwäsche<br />
und Steuertricks vorgehen.<br />
Gegen den Widerstand der Wirtschaft<br />
soll das seit 2017 bestehende<br />
Transparenzregister,indem die wahren<br />
Hintermänner von Unternehmen<br />
genannt werden müssen, künftig<br />
öffentlich zugänglich sein. Das<br />
geht aus einem neuen Gesetzentwurf<br />
von Scholz hervor, der dem Redaktionsnetzwerk<br />
Deutschland (RND)<br />
vorliegt. Scholz will außerdem eine<br />
Reihe von Regelungen verschärfen<br />
und die Befugnisse der Geldwäsche-<br />
Spezialeinheit des Zolls erweitern.<br />
Bisher ist das Register nur für<br />
einen kleinen Kreis von Anspruchsberechtigten<br />
offen. Mit der Öffnung<br />
des Transparenzregisters geht Scholz<br />
auf Forderungen von Organisationen<br />
wie Transparency International<br />
oder dem NetzwerkSteuergerechtigkeit<br />
ein. Sie hatten argumentiert,<br />
dass ohne breite öffentliche Kontrolle<br />
falsche oder unvollständige Informationen<br />
jahrelang unerkannt bleiben<br />
könnten.<br />
In dem Register müssen die sogenannten<br />
wirtschaftlich Berechtigten<br />
genannt werden. Damit werden die<br />
tatsächlich Verantwortlichen hinter<br />
verschachtelten Unternehmenskonstruktionen<br />
oder Briefkastenfirmen<br />
öffentlich, auch wenn sie im<br />
Ausland sitzen. Allerdings geht<br />
Scholz in Teilen auf die Bedenken der<br />
Wirtschaft ein. So hatten Verbände<br />
vor einer Gefahr für Leib und Leben<br />
der in der Datenbank genannten Personen<br />
gewarnt. Künftig werden im<br />
öffentlich zugänglichen Teil zwar Namen,<br />
aber keine Adressen genannt.<br />
Einweiterer Schwerpunkt des Gesetzentwurfs,<br />
mit dem eine EU-<br />
Richtlinie umgesetzt wird, ist eine<br />
stärkere Überwachung sogenannter<br />
Kryptowährungen wie Bitcoin. Um<br />
gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung<br />
vorzugehen, gelten bereits<br />
seit einigen Jahren unter anderem für<br />
Banken, Versicherungen, Steuerberater<br />
oder Immobilienmakler besondere<br />
Transparenz- und Sorgfaltspflichten.<br />
Künftig sind nicht nur die<br />
Umtauschbörsen von Kryptowährungen,<br />
sondern auch die Anbieter<br />
sogenannter elektronischer Geldbörsen<br />
(„Wallet Provider“) erfasst.<br />
Diestrengen Regeln sollen zudem<br />
auch für Immobilienmakler gelten,<br />
sofern sie Mietverträge mit monatlichen<br />
Mieten über 10000 Euro vermitteln.<br />
Notare werden künftig verpflichtet,<br />
bei bestimmten Konstellationen<br />
stets eine Verdachtsmeldung<br />
abzugeben. Im Kunstsektorwirdder<br />
Kreis der Verpflichteten um die Betreiber<br />
von Lagern inFreihäfen erweitert.<br />
Scholz will mit seinem Gesetzentwurf<br />
zudem der Geldwäsche-Spezialeinheit<br />
des Zolls (Financial Intelligence<br />
Unit, abgekürzt FIU) neue<br />
Möglichkeiten geben. Sie soll Informationen<br />
aus der gemeinsamen<br />
Datenbank der Polizeien bekommen<br />
undZugriffaufdasZentrale staatsanwaltschaftliche<br />
Verfahrensregister<br />
erhalten. Das ist aber noch nicht in<br />
der Bundesregierung abgestimmt.<br />
OlafScholz willdas Transparenzregister<br />
öffentlich machen. FOTO: CONTINI/IMAGO IMAGES