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12 * <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 118 · D onnerstag, 23. Mai 2019<br />
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Berlin<br />
POLIZEIREPORT<br />
Mordopfer identifiziert.<br />
DerTote aus dem TreptowerParkist<br />
identifiziertworden, nachdem die<br />
Polizei ein Foto des Mannes veröffentlicht<br />
hat. Beidem Mordopfer<br />
handelt es sich Polizeiangaben zufolge<br />
um einen 28-jährigen Mann<br />
aus Augsburg. DerObdachlose war<br />
Mitte Aprilnach Berlin gekommen.<br />
Passanten hatten seine Leiche am<br />
vergangenen Sonntag in der Nähe<br />
des Ehrenmals entdeckt. DiePolizei<br />
hat jetzt zwei weitereFotos des Mannes<br />
auf ihrer Internetseite veröffentlicht<br />
und bittet Menschen, die den<br />
Mann kannten, sich zu melden.<br />
Schlägerei auf dem Alexanderplatz.<br />
Zwei Männer aus Polen haben in der<br />
Nacht zum Mittwoch am Bahnhof<br />
Alexanderplatz in Mitte auf einen<br />
Landsmann eingeprügelt. ZuvorwarenTäter<br />
und Opfer in Streit geraten.<br />
Reisende alarmierten die Polizei. Beamte<br />
nahmen einen der Schläger<br />
fest. Gegen den 23-Jährigen wirdwegen<br />
gefährlicher Körperverletzung<br />
ermittelt. Sein Komplizeentkam.<br />
Das39Jahrealte Opfer wurde in ein<br />
Krankenhaus gebracht. DieHintergründe<br />
der Auseinandersetzung<br />
sind noch unklar.<br />
Drogenkuriere festgenommen.<br />
Beamte des mobilen Einsatzkommandos<br />
haben am Dienstagabend<br />
in der Fritzi-Massary-Straße in Neukölln<br />
zwei Drogenkurierefestgenommen<br />
und Kokain im Wert von<br />
40 000 Euro sichergestellt. Einer von<br />
ihnen saß bei der Festnahme in seinem<br />
Auto.Die Zivilfahnder schlugen<br />
die linke Seitenscheibe ein und zerrten<br />
den Mann ins Freie.<br />
Autos in Flammen.<br />
In Kreuzbergbrannten am frühen<br />
Mittwochmorgen in der Schöneberger<br />
Straße zwei Autos und ein Kleintransporter<br />
der Bundespolizei aus.<br />
Zehn Feuerwehrleute löschten die<br />
Flammen. Verletzt wurde niemand.<br />
DieBrandursache ist noch unklar.<br />
DiePolizei vermutet vorsätzliche<br />
Brandstiftung.<br />
Diese Männer sollen einen Mann geschlagen<br />
und ausgeraubt haben.<br />
POLIZEI<br />
Fahndung nach Räubern.<br />
Miteinem Foto aus einer ÜberwachungskameraamU-Bahnhof<br />
Mehringdamm<br />
in Kreuzbergfahndet die<br />
Polizei nach drei MännernimAlter<br />
von18bis 25 Jahren. Siesollen am<br />
13. Maigegen 5Uhr einen 32-Jährigen<br />
geschlagen und ausgeraubt haben.<br />
Hinweise nimmt jede Polizeidienststelle<br />
entgegen.<br />
Unfall bei Blaulichtfahrt.<br />
In der Alten Hellersdorfer Straße in<br />
Hellersdorfist am Dienstagabend<br />
ein Streifenwagen der Polizei mit einem<br />
Mercedes Benz zusammengestoßen.<br />
Dabei wurden die beiden<br />
Polizisten sowie der Fahrer des Mercedes<br />
verletzt. DieStreife war mit<br />
eingeschaltetem Blaulicht und Martinshornauf<br />
dem Wegzueinem<br />
Brand in der Ludwigsfelder Straße<br />
unterwegs. (ls.)<br />
GEWINNZAHLEN<br />
Mittwoch-Lotto:<br />
6-16-40- 41 -46 -49<br />
Superzahl: 6<br />
Spiel 77: 1489260<br />
Landeslotterie Super 6: 643179<br />
Alle Angaben ohne Gewähr!<br />
Jetzt sollen die Notare ran<br />
Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) will mit einer Taskforce an das Geld krimineller Clans<br />
VonKatrin Bischoff<br />
Gegen kriminelle Clans<br />
gibt es nur zwei Druckmittel:<br />
Kinder und Kohle.<br />
Das sagte Neuköllns Jugendstadtrat<br />
Falko Liecke (CDU) unlängst<br />
in einem Interview mit der<br />
<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong>. Während Liecke<br />
bei den Kindern ansetzt und sie aus<br />
den arabischen Großfamilien herausholen<br />
will, hat es Justizsenator<br />
Dirk Behrendt nun auf das Geld der<br />
Clans abgesehen, das diese Familien<br />
gerne in Immobilien anlegen. Der<br />
Grünen-Politiker will eine schnelle<br />
Eingreiftruppe einrichten. Das berichtete<br />
der Tagesspiegel.<br />
Mit der Taskforce soll überprüft<br />
werden, ob NotareGeschäfte mit kriminellem<br />
Geld beurkunden. Behrendt<br />
sagte der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong>: „Wir<br />
wollen an das Geld der organisierten<br />
Kriminalität. Über Immobiliengeschäfte<br />
kann illegal erwirtschaftetes<br />
Geld in großem Stil gewaschen werden.“<br />
Aus diesem Grund setze man<br />
bei den Immobiliengeschäften an. Da<br />
in diesen Fällen jeder Kaufvertrag von<br />
einem Notar beurkundet werden<br />
müsse, seien Notare„eine Art Nadelöhr“.„Unser<br />
Ziel ist es,die Sensibilität<br />
bei den Notaren zu erhöhen“, erklärte<br />
der Justizsenator. Erst im Sommer<br />
hatte die Staatsanwaltschaft in Berlin<br />
77 Immobilien eines Clans beschlagnahmt,<br />
die vermutlich mit Geld aus<br />
Straftaten finanziertworden waren.<br />
60 000 gemeldetVerdachtsfälle<br />
Laut Justizverwaltung liegt die Aufsicht<br />
der Notare, die Notarrevision,<br />
derzeit beim Landgericht. Die Kontrollen<br />
beschränken sich bisher lediglich<br />
auf die korrekte Arbeit der<br />
Notare. Drei Experten sollen die Revision<br />
demnächst verstärken und<br />
Verstöße gegen das Geldwäschegesetz<br />
aufdecken. Denn Notare hätten<br />
eine Meldepflicht bei dem Verdacht,<br />
dass Immobilien durch illegal erworbenes<br />
Geld gekauft werden sollen.<br />
Wenn ein 19-jähriges Mitglied eines<br />
kriminellen Clans,der Sozialhilfe bekomme,<br />
mit einem Sack voll Geld<br />
eine Villa kaufe, dann müssten bei<br />
dem Notar die Alarmglocken läuten.<br />
2017 gab es laut Justizverwaltung<br />
in Deutschland rund 60 000 Meldungen<br />
wegen des Verdachts der<br />
Geldwäsche. Fast alle kamen von<br />
Banken, sie gingen an die Financial<br />
Intelligence Unit (FIU), die Zentralstelle<br />
für Finanztransaktionsuntersuchungen<br />
des Zolls. Nur fünf Verdachtsfälle<br />
auf Geldwäsche wurden<br />
von Notaren gemeldet – lediglich<br />
eine Nachricht kam aus Berlin.<br />
Justizsenator Behrendt will an das Geld der kriminellen Clans.<br />
In Berlin gibt es laut Positionspapier<br />
des Bundes der<br />
Kriminalbeamten (BDK)<br />
20 bis 30 arabischsprachige<br />
Großfamilien mit jeweils bis<br />
zu 900 Familienangehörigen.<br />
Mehr als die Hälfte von<br />
ihnen seien inzwischen deutsche<br />
Staatsangehörige.<br />
Nicht alle Mitglieder dieser<br />
Familien begingen Straftaten.<br />
IN BERLIN GIBT ES 20 BIS 30 CLANS<br />
Kriminelle Clans begingen<br />
in der Vergangenheit mehrere<br />
spektakuläre Straftaten,<br />
darunter den Pokerraub im<br />
Hyatt-Hotel im März 2010<br />
und den Überfall auf das<br />
KaDeWeEnde 2014. Mitglieder<br />
eines Clans stehen<br />
derzeit als mutmaßliche<br />
Diebe der 100-Kilo-Goldmünze<br />
aus dem Bodemuseum<br />
vordem Landgericht.<br />
BERLINER ZEITUNG/PAULUS PONIZAK<br />
Bundesinnenminister Horst<br />
Seehofer (CSU) wird in der<br />
zweiten Jahreshälfte in Neukölln<br />
erwartet. Seehofer hat<br />
gerade angekündigt, mehr<br />
Personal für den Kampf gegenkriminelle<br />
Clans bereitzustellen.<br />
Zudem wird es im<br />
nächsten Bundeslagebild zur<br />
Organisierten Kriminalität<br />
erstmals ein Kapitel zu kriminellen<br />
Großfamilien geben.<br />
„Wir stehen dem Vorschlag des<br />
Justizministers durchaus aufgeschlossen<br />
gegenüber“, sagte Stefan<br />
Schmitz vom Deutschen Notarverein.<br />
Niemand könne gutheißen, dass<br />
kriminelle Clans Geld in Immobilien<br />
anlegten. DasProblem sei aber,dass<br />
nicht klar sei, ob der Notar schon den<br />
Verdachtsfall melden müsse,oder ob<br />
er damit gegen seine Verschwiegenheitspflicht<br />
verstoße.<br />
Daniel Kretzschmar, Landesvorsitzender<br />
des Bundes der Kriminalbeamten<br />
(BDK), findet den Plan des<br />
Justizsenator nicht abwegig. Allerdings<br />
dürfte es für den Notar schwierig<br />
sein, einen Geldwäschefall zu erkennen.<br />
„Was, wenn ein Strohmann<br />
als Käufer auftaucht?“<br />
Nach seinen Worten hat der BDK<br />
erst kürzlich in Kassel ein Positionspapier<br />
zur Clankriminalität verabschiedet<br />
und darin zahlreiche Vorschläge<br />
unterbreitet –auch für Berlin.<br />
„Wir praktizieren in der Hauptstadt<br />
mit den zahlreichen Razzien im Clanmilieu<br />
gerade die Politik der Nadelstiche<br />
und durch die Verfolgung kleinster<br />
Delikte die Null-Toleranz-Politik“,<br />
sagte Kretzschmar.„Aber dafür brauchen<br />
wir dringend mehr Personal.“<br />
Reifen zerstochen<br />
Um die kriminellen Machenschaften<br />
der Clans besser bekämpfen zu können,<br />
fordertder BDK zudem, das anonyme<br />
Hinweissystem, das derzeit<br />
zur Bekämpfung vonKorruption eingesetzt<br />
wird, auch auf Organisierte<br />
Kriminalität auszuweiten. Denn Zeugen<br />
würden oft schweigen – aus<br />
Angst. In diesem Zusammenhang erwähnt<br />
der BDK, dass im Jahr 2017 in<br />
Berlin kriminelle Clanmitglieder für<br />
etwa ein Viertel aller Straftaten der<br />
Organisierten Kriminalität verantwortlich<br />
gewesen seien.<br />
Empfehlenswertwäreeslaut BDK<br />
auch, Strafkammern an Gerichten<br />
speziell für Clankriminalität einzurichten.<br />
Auch sollten Polizeibeamte,<br />
die mit Ermittlungen gegen diese<br />
Strukturen betraut sind,„unter Tarnnamen<br />
oder Codenummern arbeiten“<br />
dürfen, um sie so besser vorBedrohungen<br />
zu schützen.<br />
Daniel Kretzschmar berichtet,<br />
Einsatzkräfte seien in Berlin durchaus<br />
schon bedroht oder eingeschüchtert<br />
worden. So wurden etwa<br />
die Reifen der Privatfahrzeuge von<br />
Beamten zerstochen, nachdem sie<br />
an Razzien im Clanmilieu beteiligt<br />
gewesen waren. Laut BDK sei auch<br />
zu prüfen, ob Kinder aus den Familien<br />
genommen werden können. So,<br />
wie es der Neuköllner Jugendstadtrat<br />
Liecke gerne möchte.<br />
Erlanger Unternehmen lässt <strong>Berliner</strong> Mieter zittern<br />
Investor kauft Wohnhäuser in mehreren Bezirken. Diese prüfen, wie sie die Bewohner schützen können<br />
VonUlrich Paul<br />
Die Angst ist groß.„Ich bin jetzt 57<br />
Jahre alt und bete darum, das<br />
ich mein Zuhause nicht aufgeben<br />
muss“, sagt eine Mieterin. Grund für<br />
die Sorge: Ihr Wohnhaus in Kreuzberg<br />
wurde gerade verkauft. Neuer<br />
Besitzer ist die Zentral Boden Immobilien<br />
(ZBI) Gruppe aus Erlangen. Sie<br />
hat bei einer Groß-Transaktion bundesweit<br />
mehr als 20 Immobilien erworben,<br />
zwölf davon in Berlin. Die<br />
Bewohner befürchten, dass sie<br />
durch steigende Mieten verdrängt<br />
werden könnten.<br />
Vonden zwölf Häusern inBerlin<br />
stehen laut ZBI vier in Friedrichshain-Kreuzberg,<br />
drei in Neukölln,<br />
drei in Wedding und zwei in Pankow.<br />
Fünf der Häuser befinden sich in Milieuschutzgebieten,<br />
für vier davon<br />
kommt die Ausübung des Vorkaufsrechts<br />
durch die Bezirke in Betracht.<br />
Diese wollen, wenn möglich, davon<br />
Gebrauch machen. „Wir prüfen, ob<br />
wir für die Häuser unser Vorkaufsrecht<br />
geltend machen“, sagt Florian<br />
Schmidt (Grüne), Baustadtrat von<br />
Friedrichshain-Kreuzberg. „Dabei<br />
sprechen wir uns mit den Bezirken<br />
Mitte und Neukölln ab.“ Wenn die<br />
Bezirke ihr Vorkaufsrecht geltend<br />
machen, tun sie dies in der Regel zugunsten<br />
einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft.<br />
Oftmals muss<br />
das Land Berlin dabei Zuschüsse<br />
zahlen, damit der Erwerb angesichts<br />
hoher Kaufpreise nicht zu einem Zuschussgeschäft<br />
wird. Für die Mieter<br />
ist jedoch klar: Sie sind nach der<br />
Übernahme durch eine landeseigene<br />
Wohnungsbaugesellschaft vor<br />
Verdrängung geschützt.<br />
Käufer beschwichtigt<br />
Die ZBI versucht unterdessen, die<br />
Sorgen der Mieter zu zerstreuen.<br />
Vorstandsmitglied Mark Münzing<br />
sagt auf Anfrage: „Wir wollen die<br />
Wohnungen behalten und nicht verkaufen.“<br />
Sie sollten auch nicht von<br />
Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt<br />
werden. Die Mieten in<br />
den <strong>Berliner</strong> Häusern seien schon<br />
jetzt „marktgerecht“, große Mieterhöhungen<br />
seien deswegen „nicht<br />
beabsichtigt“. Ziel sei es, eine „nor-<br />
male Rendite“ zu erwirtschaften.<br />
Insgesamt habe die ZBI in Berlin<br />
1300 Wohnungen, sagt Münzing.<br />
Die neu erworbenen Wohnungen<br />
kämen noch dazu. „Sie gehen in einen<br />
Fonds,der auf mehr als 15 Jahre<br />
angelegt ist“, so Münzing.<br />
Geschäftsmodell der ZBI sei es,<br />
Wohnungen zu erwerben, zu entwickeln<br />
und zu bewirtschaften. Laut<br />
Münzing ist die ZBI „grundsätzlich<br />
bereit“, mit den Bezirken eine Vereinbarung<br />
auszuhandeln, in der sich<br />
das Unternehmen zur Einhaltung<br />
der Milieuschutzziele verpflichtet.<br />
Abwendungsvereinbarungen heißen<br />
diese Regelungen im Behördendeutsch,<br />
weil die Eigentümer damit<br />
die Ausübung desVorkaufsrechts abwenden<br />
können. Kommt es zu einer<br />
solchen Abwendungserklärung, sind<br />
die Bezirke meist zufrieden. Denn<br />
auf diesem Wegerreichen sie ohne<br />
Landeszuschüsse, dass die Ziele des<br />
Milieuschutzes eingehalten werden.<br />
Zwar gibt es bereits Verhandlungen<br />
zwischen Bezirken und ZBI,<br />
doch ist es bisher offenbar noch zu<br />
keiner Verständigung gekommen.<br />
Streitpunkte sind dem Vernehmen<br />
nach Forderungen, wonach sich der<br />
Eigentümer zur Einhaltung der<br />
Mietpreisbremse verpflichten und<br />
auf Wunsch Auskunft darüber geben<br />
soll. Auch sollen auf Wunsch der ZBI<br />
die Vertragsstrafen von der ursprünglich<br />
verlangten Höhe von einer<br />
Million Euro deutlich herabgesetzt<br />
werden.<br />
Forderungen vonBezirksseite<br />
Baustadtrat Schmidt sagt dazu: „Die<br />
ZBI teilt mit, sich an Gesetze halten<br />
zu wollen, verkennt jedoch, dass<br />
auch die von uns vorgegebenen Abwendungen<br />
Teil gesetzlichen Handelns<br />
sind.“ Darüber hinaus bestehe<br />
in Zeiten der Wohnungsnot die Herausforderung<br />
für jeden Investor,<br />
aber besonders für Publikumsfonds,<br />
sich in den Dialog mit den Hausgemeinschaften<br />
zu begeben. Außerdem<br />
sollten sie „eine gewisse Gemeinwohlorientierung<br />
unter Beweis“<br />
stellen, so Schmidt. Dies wäre<br />
auch im Interesse der Einzelanleger,<br />
„von denen ja auch viele Mieter<br />
sind“, so Stadtrat Schmidt.<br />
Viele<br />
Bürgermeister,<br />
ein Gipfel<br />
Michael Müller in Tokio:<br />
Endlich werden wir gehört<br />
VonElmar Schütze<br />
Bevölkerungswachstum,<br />
soziale<br />
Ungleichheit, schlechte Luft, zu<br />
viel Müll, überbordender Verkehr,<br />
Bewältigung der Folgen des Klimawandels,<br />
Gewährleistung von Gesundheitsversorgung<br />
– das sind,<br />
grob gesagt, die enormen Herausforderungen,<br />
vor denen alle großen<br />
Städte weltweit stehen. Repräsentanten<br />
von rund 40 solcher Städte<br />
waren in den vergangenen Tagen in<br />
der japanischen Hauptstadt Tokio zu<br />
gleich mehreren Gipfeltreffen zusammengekommen.<br />
Darunter auch<br />
Berlins Regierender Bürgermeister<br />
Michael Müller (SPD). Fazit: In den<br />
Städten der Welt entscheide sich die<br />
Zukunft. Es sei daher vorallem wichtig,<br />
dass die nationalen Regierungen<br />
den Bürgermeisternzuhören.<br />
Drei Tage lang hatten die Stadtoberhäupter<br />
in Tokio getagt, mit<br />
ganz unterschiedlichen Voraussetzungen.<br />
So berichtete Diana Alarcon,<br />
Vertreterin von Mexiko Stadt,<br />
dass in der mexikanischen Hauptstadt<br />
kürzlich fünf Tage lang Umweltalarm<br />
herrschte, weil Grenzwerte<br />
überschritten waren. Unter<br />
anderem mussten die dieselbetriebenen<br />
städtischen Busse in den Depots<br />
bleiben. Eine Repräsentantin<br />
des südafrikanischen Durban berichtete,<br />
dass dort viele Einwohner<br />
mangels Infrastruktur ihren Müll<br />
einfach in Flüsse und Kanäle werfen.<br />
Eine Buddy-Bär für die deutsche Botschaft:<br />
Müller bei der Einweihung. E.SCHÜTZE<br />
Aber es gibt auch die europäische<br />
Perspektive –und selbst die ist bekanntlich<br />
differenziert. Roms Bürgermeisterin<br />
Virginia Raggi etwa erklärte,dass<br />
es in Romschier unmöglich<br />
sei, U-Bahnen zu bauen, weil<br />
man bei Bauarbeiten ständig auf<br />
schützenswerte Anlagen aus der Zeit<br />
des Römischen Reichs stoße. Zugleich<br />
ersticke Rom imVerkehr und<br />
würde U-Bahnen dringend benötigen.<br />
UndMichael Müller,der zumindest<br />
vor all diesen Problemen nicht<br />
wirklich steht? Er verwies auf die großen<br />
Anstrengungen, die die Integration<br />
neuer Bewohner mit sich<br />
bringe. Auch da weiß er sich einig<br />
mit seinen Kollegen aus aller Welt.<br />
Die Bürgermeister haben sich in<br />
Tokio auf ehrgeizige Ziele verständigt.<br />
Dazu gehören: Ab 2030 soll Elektrizität<br />
in diesen Städten ausschließlich<br />
aus erneuerbaren Quellen kommen.<br />
20 Jahre später soll sämtlicher Energieverbrauch<br />
aus erneuerbaren Quellen<br />
stammen. Das steht als Zielvereinbarung<br />
im Schlusskommuniqué<br />
des Gipfels, das an Japans Premier<br />
ShinzoAbe überreicht wurde.<br />
Der Regierende Bürgermeister<br />
zog eine positive Bilanz der Gipfeltage.<br />
„Es ist ein erstaunlicher Prozess.<br />
Noch vor drei Jahren mussten<br />
wir darum kämpfen, gehört zuwerden“,<br />
sagte Müller. „Die Städte werden<br />
endlich wahrgenommen als das,<br />
was sie sind: Treiber der Entwicklung“,<br />
sagte er. Er werde das<br />
Kommuniqué jetzt auch an KanzlerinAngela<br />
Merkel schicken.