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4** <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 118 · D onnerstag, 23. Mai 2019<br />
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Politik<br />
NACHRICHTEN<br />
Kassenpatienten müssen<br />
immer mehr selbst zahlen<br />
Diegesetzlich Versicherten müssen<br />
immer höhereZuzahlungen aus der<br />
eigenen Tasche für Heilbehandlungen<br />
beim Physiotherapeuten, in der<br />
Ergotherapie oder beim Logopäden<br />
leisten. Dasgeht aus der Antwortder<br />
Bundesregierung auf eine Anfrage<br />
der Linksfraktion hervor. Danach<br />
stiegen die Zuzahlungen zwischen<br />
2016 und 2018 um knapp zehn Prozent,<br />
von609 auf 668 Millionen Euro.<br />
Hauptgrund sind laut Regierung die<br />
höheren Vergütungen für die Beschäftigten<br />
in der Branche. (tms.)<br />
Kritik an erster Personalie<br />
des Präsidenten der Ukraine<br />
Derukrainische Präsident Wolodymyr<br />
Selenskyj hat mit einer seiner<br />
ersten Personalentscheidungen Proteste<br />
ausgelöst. Er gab bekannt, dass<br />
er seinen Wahlkampfberater Andri<br />
Bogdan zum Stabschef machen will.<br />
Er ist Anwalt des umstrittenen Oligarchen<br />
Igor Kolomoiski und hatte für<br />
den gestürzten Präsidenten Viktor<br />
Janukowitsch gearbeitet. (AFP)<br />
Anklagen gegen<br />
Anhängerinnen des IS<br />
DieBundesanwaltschaft geht verstärkt<br />
gegen IS-Anhängerinnen vor<br />
und bringt zwei weitereFrauen in<br />
Deutschland vorGericht. Einer 41-<br />
jährigen Islamistin soll in Hamburg<br />
der Prozess gemacht werden, einer<br />
26-Jährigen in Düsseldorf, wie die Behörde<br />
am Mittwoch mitteilte.Der<br />
Hamburger Fall steht im Zusammenhang<br />
mit früheren Plänen für einen<br />
Terroranschlag in Deutschland. (dpa)<br />
Rücktritt schwächt Mays<br />
Position im Brexit-Poker<br />
Theresa Maykämpft um ihr politisches<br />
Überleben.<br />
Derneueste Kompromissvorschlag<br />
vonPremierministerin Theresa May<br />
für ein Brexit-Abkommen scheint einen<br />
Tagnach seiner Ankündigung<br />
bereits zum Scheiternverurteilt. Unterhausabgeordnete<br />
aller Parteien<br />
kritisierten MaysVorstoß am Mittwoch.<br />
DieUnterhausvorsitzende Andrea<br />
Leadsom erklärte ihren Rücktritt<br />
aus Mays Kabinett. Sieglaube nicht<br />
mehr daran, dass Mays Strategie dazu<br />
führen werde, das Ergebnis des Brexit-Referendums<br />
umzusetzen. May<br />
hatte am Dienstag eine Reihe von<br />
Kompromissen vorgestellt, um ihren<br />
Brexit-Deal durchs Unterhaus zu bekommen.<br />
Siestellte den Abgeordneten<br />
unter anderem ein zweites Referendum<br />
in Aussicht. (AFP)<br />
Zweifel an erneutem<br />
Giftgaseinsatz in Syrien<br />
Syrische Aktivisten haben einem Bericht<br />
der USA über einen neuen Giftgasangriff<br />
derTruppen vonStaatschef<br />
Baschar al-Assad widersprochen.<br />
„Wir haben keinen Beleg für einen<br />
solchen Angriff“, meldete die Syrische<br />
Beobachtungsstelle für Menschenrechte<br />
am Mittwoch. Auch die<br />
RettungsorganisationWeißhelme erklärte,esgebe<br />
keine Bestätigung für<br />
einen Giftgaseinsatz. DasUS-Außenministerium<br />
hatte vonAnzeichen gesprochen,<br />
dass Assads Streitkräfte am<br />
Sonntag im Nordwesten Chemiewaffen<br />
eingesetzt hätten. (dpa)<br />
AP<br />
Schlumpf nervt die Politik<br />
Der YouTuber Rezo hat mit seinem CDU-Video eine Diskussion um moderne Meinungsäußerung ausgelöst<br />
VonJörg Hunke<br />
und Marina Kormbaki<br />
Fünf Tage hat es gedauert,<br />
bis die CDU sich offiziell zu<br />
dem Video des YouTubers<br />
Rezo geäußerthat.„Die Zerstörung<br />
der CDU“ hatte der 26 Jahre<br />
alte Rezo, der seinen bürgerlichen<br />
Namen öffentlich nicht nennen will,<br />
sein am vergangenen Sonnabend<br />
veröffentlichtes Video genannt.<br />
Seine Abrechnung mit den Christdemokraten<br />
dauertknapp eine Stunde<br />
und ist mehr als 3,4 Millionen Malim<br />
Netz aufgerufen worden. Ein neuer<br />
Standardfür politische YouTube- Videos<br />
in Deutschland.<br />
Der CDU-Generalsekretär Paul<br />
Ziemiak hat das Video im Gespräch<br />
mit der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> (Redaktionsnetzwerk<br />
Deutschland) jetzt<br />
scharf kritisiert. „Rezo verbreitet<br />
Falschbehauptungen“, sagte Ziemiak.<br />
„Er macht von seinem Recht<br />
auf freie Meinungsäußerung Gebrauch.<br />
Journalismus ist das aber<br />
nicht“, so Ziemiak.<br />
DerZorndes Generalsekretärs<br />
Blau gefärbte Haare sind Rezos Markenzeichen.<br />
3,4<br />
Millionen Mal wurde Rezos<br />
CDU-Video aufgerufen.<br />
VIDEO MIT WIRKUNG<br />
2,2<br />
Millionen Abonnenten hat<br />
Rezo auf YouTube.<br />
55<br />
Minuten dauert„Die<br />
Zerstörung der CDU“.<br />
Umstrittenes SPD-Projekt<br />
PRIVAT<br />
Der CDU-Politiker wertet das Video<br />
als „Schrei nach Journalismus in<br />
Deutschland und nach dessen Stärkung“.<br />
Diesen brauche es, umWahres<br />
von Unwahrem zu unterscheiden.<br />
Rezo hatte in seinemVideo über<br />
den Klimawandel, falsche Versprechungen<br />
der Politiker und auch über<br />
die Urheber-Diskussion gesprochen,<br />
oder genauer –sich aufgeregt. Er hat<br />
mehr als 100 Quellen zusammengetragen<br />
aus den vergangenen zwei<br />
Jahren, um seine These zu stützen,<br />
dass Wissenschaft und Jugend sich<br />
einig sind, wenn es um den Klimaschutz<br />
geht –die CDU dagegen zu<br />
wenig tue.„Ein Journalist lernt früh,<br />
dass er für eine Behauptung mindestens<br />
zwei Quellen benötigt; dass er<br />
nicht nur Vorwürfe wiedergibt, sonderndie<br />
andereSeite mit den Thesen<br />
konfrontiert und mehrere Meinungen<br />
zu einem Thema einholt. Rezo<br />
tut all das nicht“, sagte Ziemiak.<br />
„Differenzierte Berichterstattung<br />
mag manchmal langweiliger wirken<br />
–umsich eine fundierte Meinung zu<br />
bilden, ist sie aber unerlässlich“, so<br />
der CDU-Bundestagsabgeordnete.<br />
DasVideo zeige,wie politische Kommunikation<br />
im Jahr 2019 „mitunter<br />
leider“ funktioniere. Ziemiak betonte:<br />
„Rezo hatkeine Hemmungen,<br />
Dinge im Internet einfacher darzustellen,<br />
als sie tatsächlich sind. Wir<br />
haben da mehr Skrupel, weil wir wissen,<br />
wie komplex viele Fragen sind.“<br />
Schon vorher hatte sich der Büroleiter<br />
des Ex-CDU-Generalsekretärs Peter<br />
Tauber bei Twitter geäußert: „Man<br />
kann vom #Rezo-Video halten, was<br />
man will. Ich sehe 1Stunde unsaubere<br />
Recherche, einseitige Darstellung<br />
&viel Clickbaiting. Er suggeriert,<br />
dass ‚zigtausende‘ Experten seiner<br />
Meinung wären. Aber: Andere Meinungen<br />
lässt er einfach außen vor.“<br />
Rezo selbst hat seinen Beitrag<br />
nicht als journalistischen Informationsbeitrag<br />
gesehen. „Mich hat der<br />
intrinsische Drang, einen Diskurs<br />
anzukurbeln und dabei dafür zu sorgen,<br />
dass Menschen unabhängig<br />
vom politischen Background oder<br />
Alter mitdiskutieren, motiviert“,<br />
sagte er der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong>. Und<br />
bei aller Kritik an den traditionellen<br />
demokratischen Parteien –den Aufruf<br />
zur Europawahl zu gehen, hat er<br />
nicht vergessen.<br />
Rezo hat Informatik studiert und<br />
war alsYouTuber vorallem im Unterhaltungsbereich<br />
aktiv. Eine Radiomoderatorin<br />
nannte ihn „Schlumpf<br />
des Jahres“, weil sein Markenzeichen<br />
die blau gefärbten Haaresind.<br />
Blöd und uncool<br />
Meinungsbeitrag oder schlechtgemachter<br />
Informationsjournalismus?<br />
Markus Beckedahl, Digital-Journalist<br />
und Gründer vonnetzpolitik.org,<br />
bezeichnete den Beitrag als sehr gut<br />
durchdachte und recherchierteWutäußerung<br />
kombiniertmit politischer<br />
Argumentation. „Und zwar so gemacht,<br />
dass man eine Stunde lang<br />
nicht abschaltet.“ Er sprach im<br />
Deutschlandfunk Kultur von dem<br />
Zeitdokument einer Generation von<br />
jungen Menschen, die verärgert<br />
sind, dass Politiker sich nicht entschieden<br />
genug gegen den Klimawandel<br />
stemmen.<br />
In den sozialen Medien wird der<br />
Beitrag heftig diskutiert. Kritiker versuchten<br />
zuletzt, Rezo als unseriös<br />
darzustellen, und verwiesen auf angebliche<br />
Fake-Accounts in seinem<br />
Twitter-Profil. Als nicht zuverlässig<br />
bezeichnet der Datenanalyst Luca<br />
Hammer die Erhebung über die angegebene<br />
Quelle „Twitteraudit“.<br />
Rezo selbst wundert sich nur noch<br />
über den Wirbel um sein Video. Er<br />
betonte bei Twitter, worum es ihm<br />
geht: „Mich erreichen in den letzten<br />
Tagen so viele Nachrichten vonLehrern<br />
und Schülern, die gemeinsam<br />
in der Schule das Video gucken und<br />
darüber diskutieren. Genau dafür<br />
habe ich es gemacht: Damit man gemeinsam<br />
einen Diskurs führt. Video<br />
gucken und passiv hinnehmen,<br />
wäre whack gewesen.“ Auf Deutsch:<br />
blöd und uncool.<br />
Vonder Grundrente würden vor allem Rentner im Osten profitieren –und Frauen. Die Union spricht von Wahlkampfmanöver<br />
VonRasmus Buchsteiner<br />
und Tobias Peter<br />
Die Grundrente wirdzum großen<br />
Streitthema in der Koalition.<br />
Die Union weist die Vorschläge von<br />
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD)<br />
scharfzurück. DieEinzelheiten:<br />
Wersoll profitieren?<br />
Vonden SPD-Plänen zur Grundrente<br />
würden laut Bundesministerium<br />
für Arbeit und Soziales rund drei<br />
Millionen Menschen profitieren, die<br />
jahrzehntelang eingezahlt haben,<br />
aber nur geringe Renten bekommen.<br />
Etwa 80 Prozent wären Frauen. Im<br />
Westen würden elf Prozent der Rentner<br />
profitieren, im Osten 15 Prozent.<br />
Welche Bedingungen gelten?<br />
Voraussetzung für das Beziehen<br />
der Grundrente ist das Erreichen von<br />
35 Beitragsjahren, wobei auch Kindererziehung<br />
und Pflege einbezogen<br />
werden.<br />
Wie hoch ist die Grundrente?<br />
DieHöhe ist abhängig davon, wie<br />
viele Renten-Punkte (Entgeltpunkte)<br />
eine Person im Verlauf ihres Erwerbslebens<br />
gesammelt hat. Einen<br />
Entgeltpunkt erhält jemand, der für<br />
ein durchschnittliches Jahreseinkommen<br />
(derzeit knapp 38 000<br />
Euro) Rentenbeiträge zahlt. Werim<br />
Schnitt weniger als 0,8 Punkte pro<br />
Jahr gesammelt hat, profitiert: Seine<br />
Rentenansprüche werden auf die<br />
maximal 0,8 Punkte erhöht. Man<br />
muss im Schnitt aber wenigstens<br />
0,24 Punkte erreicht, also das Viertel<br />
des Durchschnittseinkommens verdient<br />
haben. Wer immer nur Minijobs<br />
ausgeübt hat, profitiert nicht<br />
von der Grundrente. Geringverdiener<br />
mit weniger als 35 Beitragsjahren<br />
gehen auch leer aus.<br />
Wie wirkt sich das im Einzelnen aus?<br />
Das Bundesarbeitsministerium<br />
rechnet vor: Eine Friseurin, die 40<br />
Jahreauf dem Niveau von40Prozent<br />
des Durchschnittslohns gearbeitet<br />
habe, komme derzeit auf eine monatliche<br />
Rente von rund 512 Euro.<br />
Mit der Grundrente bekäme sie laut<br />
Ministerium rund 960 Euro.<br />
Werden andere Einkommen oder Vermögen<br />
berücksichtigt?<br />
Nein. Arbeitsminister Heil und die<br />
SPD argumentieren, es gehe um die<br />
Anerkennung von Lebensleistung.<br />
Eine Bedürftigkeitsprüfung solle es<br />
auch deshalb nicht geben, weil sie<br />
von vielen Betroffenen als entwürdigend<br />
empfunden werde. Die Union<br />
hält dagegen, es sei nicht geboten,<br />
mit der Gießkanne Geld zu verteilen.<br />
Reicht eine Teilzeit-Beschäftigung,<br />
um später Grundrente zu bekommen?<br />
Das gesetzte Kriterium sind 35<br />
Beitragsjahre. Es kann sich um Vollzeit-<br />
oder Teilzeitarbeit handeln. Um<br />
Anspruch auf die Grundrente zu haben,<br />
muss man mit einem Teilzeitjob<br />
jedoch auf im Schnitt wenigstens 0,24<br />
Rentenpunkte proJahr kommen.<br />
Waskosten die SPD-Vorschläge?<br />
Laut Arbeitsministerium summieren<br />
sich die Kosten auf 21,5 Milliarden<br />
Euro im Zeitraum zwischen<br />
2021 und 2025. Im Jahr 2021 würde<br />
die Grundrente 3,8 Milliarden Euro<br />
kosten. In den vier nächsten Jahren<br />
würden die Kosten auf 4,8 Milliarden<br />
Euro proJahr ansteigen.<br />
Und wie würde das Ganze finanziert?<br />
Die SPD schlägt einen Mix aus<br />
Steuern- und Beitragsmitteln vor. Zunächst<br />
sollen knapp 50 Prozent der<br />
Grundrenten-Ausgaben steuerfinanziertwerden.<br />
2025 wären es dann gut<br />
70 Prozent. Konkret schlagen die Sozialdemokraten<br />
vor, den Mehrwertsteuer-Rabatt<br />
auf Hotel-Übernachtungen<br />
(„Mövenpick-Steuer“) abzuschaffen<br />
und Mittel aus der geplanten<br />
Finanztransaktionssteuer, die 2021<br />
eingeführtwerden soll, für die Grundrente<br />
zu verwenden. Zudem sollen<br />
die Rentenkassen mehr Geld aus anderen<br />
Sozialversicherungen erhalten.<br />
So soll der Krankenkassenbeitrag für<br />
Rentner abgesenkt werden.<br />
Wassagt die Union dazu?<br />
CDU und CSU sprechen von<br />
„Wahlkampfmanöver“ und „Taschenspielertricks“.<br />
Und: Die Union<br />
pocht weiter auf eine Bedürftigkeitsprüfung<br />
und verweist dabei auf den<br />
Koalitionsvertrag.<br />
Parität<br />
statt<br />
Quote<br />
Ex-Ministerinnen streiten<br />
für Wahlrechtsreform<br />
VonChristineDankbar<br />
Sie sind Veteraninnen der Frauenpolitik,<br />
zum Teil schon seit Jahren<br />
nicht mehr in Amt und Mandat –<br />
doch sie sind kämpferisch wie eh<br />
und je: Die ehemaligen Bundesministerinnen<br />
Rita Süssmuth (CDU),<br />
Brigitte Zypries (SPD) und Kerstin<br />
Müller (Bündnis 90/Grüne) nutzen<br />
den Jahrestag des Grundgesetzes,<br />
um darauf hinzuweisen, dass die<br />
Gleichberechtigung von Mann und<br />
Frau noch längst nicht umgesetzt<br />
sei. Deshalb müsse im Wahlrecht<br />
künftig die Parität der Geschlechter<br />
festgeschrieben werben.<br />
Der Deutsche Frauenrat hat mit<br />
der Forderung „Mehr Frauen in die<br />
Parlamente“ seit Beginn des Jahres<br />
eine Kampagne gestartet, die zum<br />
Ziel hat, dauerhaft die Hälfte der Bundestagmandate<br />
in allen Fraktionen<br />
für Frauen zu sichern. Dieprominenten<br />
Unterstützerinnen bekräftigten<br />
diesen Anspruch am Mittwoch.<br />
Rita Süssmuth will sich nicht mehr mit<br />
Frauenquoten begnügen. B. JUTRCZENKA/DPA<br />
Am ungeduldigsten mit den bestehenden<br />
Verhältnissen zeigte sich<br />
dabei die Älteste unter ihnen, die 82-<br />
jährige Rita Süssmuth. Siewar in den<br />
80er-und 90er-Jahren Bundesministerin<br />
für Jugend, Familie,Frauen und<br />
Gesundheit in der Regierung von<br />
Kanzler Helmut Kohl und erklärte<br />
klipp und klar, sie sei die Trippelschritte<br />
voneinst mehr als leid:„Hier<br />
ein Quötchen und dort ein Quötchen,<br />
das bringt uns nicht weiter“,<br />
sagte sie.„Wirbrauchen die Parität“.<br />
Im übrigen sehe sie es wie Elisabeth<br />
Selbert, die den Gleichberechtigungssatz<br />
im Grundgesetz einst erstritten<br />
und später immer wieder beklagt<br />
hatte, dass die Frauen in den<br />
Parlamenten unterrepräsentiert<br />
seien. „Ich sehe es wie sie: Das ist<br />
fortgesetzter Verfassungsbruch“,<br />
sagte Süssmuth. Ex-Justizministerin<br />
Zypries pflichtete ihr bei: „Immer,<br />
wenn eine Regelung verbindlich ist,<br />
funktioniert sie“, erklärte sie mit<br />
Blick auf das Gesetz für eine Frauenquote<br />
in Aufsichtsräten. Sie sei zuversichtlich,<br />
dass ein Paritätsgesetz<br />
auch vordem Bundesverfassungsgericht<br />
standhalten werde.<br />
Dererste Versuch scheiterte<br />
Doch erst einmal geht es darum, es<br />
zu erstreiten. Große Hoffnungen setzen<br />
die Befürworterinnen auf eine<br />
interfraktionelle Frauengruppe von<br />
Bundestagsabgeordneten, die zu<br />
dem Thema eine Kommission einberufen<br />
wollen. Der Versuch einer<br />
Wahlrechtsreform, auf die sich alle<br />
Fraktionen des Bundestages einigen<br />
wollten, war in den vergangenen<br />
Wochen gescheitert, weil kein Vorschlag<br />
die nötige Zustimmung fand.<br />
Gestritten wird darum, ob die Zahl<br />
der Wahlkreise verringert werden<br />
soll und wie Überhangmandate<br />
künftig ausgeglichen werden sollen.<br />
Das Thema Parität war bis dahin<br />
noch gar nicht angesprochen worden.<br />
Zu den Unterstützerinnen gehört<br />
auch die frühere Parlamentarische<br />
SPD-Staatssekretärin Elke Ferner,nun<br />
Vorstandsmitglied im Frauenrat.<br />
Sie ist optimistisch: „Wo ein<br />
politischer Wille ist, findet sich auch<br />
ein gesetzlicher Weg.“