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Berliner Zeitung 23.07.2019

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24 * <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 168 · D ienstag, 23. Juli 2019<br />

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Netzwerk<br />

DOKUS<br />

Nachts<br />

backt der<br />

Roboter<br />

VonTorsten Wahl<br />

Wer versteht schon alle Zusammenhänge<br />

der vernetzten<br />

Welt?Werkennt sich wirklich aus mit<br />

den technischen Veränderungen?<br />

Und was bringt die digitale Zukunft<br />

für die Menschheit? Zwei ARD-Wissensmagazine<br />

fragen nach, welche<br />

Dynamik das Netz erzeugen kann –<br />

in Wirtschaft wie im Privatleben.<br />

Arbeiten: „Ein Blick in die Zukunft“<br />

lautet das Motto der Reihe „Campus<br />

Doku“ beim digitalen Bildungskanal<br />

ARD Alpha. Die Reporter und Autoren<br />

des Bayrischen Rundfunks widmen<br />

sich hier in jeder Woche Themen,<br />

die verstärkt unseren Alltag<br />

prägen und verändern. Die aktuelle<br />

Doku von Monika Haas und Dorothee<br />

Rengeling heißt „Teamplayer<br />

4.0“, fragt nach den Veränderungen<br />

in der Arbeitswelt und stellt besondere<br />

Beispiele vor. So werden in der<br />

Tablet-Klasse am Erlanger Ohm-<br />

Gymnasium Kinder auf die digitale<br />

Arbeitswelt vorbereitet. Im fränkischen<br />

Münchberg versucht eine Bäckerei,<br />

wieder attraktiver für Lehrlinge<br />

zu werden: Die ungeliebte<br />

Nachtarbeit übernimmt jetzt ein Roboter.Experten<br />

des Fraunhofer Instituts<br />

erklären, wie Vernetzungen<br />

funktionieren und neue Jobs entstehen<br />

können.<br />

CampusDoku: Teamplayer 4.0 –amDienstag,<br />

23. Juli, um 10.30 Uhr bei ARD Alpha, danach<br />

fünfJahre in der BR-Mediathek.<br />

Die digitale Technik begleitet uns überall<br />

–das zeigt die Doku „Teamplayer 4.0“. BR<br />

Abhängig: Nicht nur in der Wirtschaft<br />

sorgt das Netz für eine neue Dynamik<br />

–auch bei den „Verhaltenssüchten“.<br />

Eine Viertelmillion Deutsche<br />

soll onlinesüchtig sein. Das ARD-<br />

Wissensmagazin „Quarks“ führtBeispiele<br />

vor. EinFamilienvater war fast<br />

ununterbrochen im Netz, wechselte<br />

nachts zwischen Cybersex und Candycrush.<br />

EinJugendlicher ließ sämtliche<br />

Kontakte abreißen, nur um bei<br />

Counterstrike ganz vorn zu sein. Moderatorin<br />

Mai Thi Ngyuen-Kim, die<br />

mit ihrem eigenen YouTube-Kanal<br />

MaiLab selbst Zehntausende Neugierige<br />

fesselt, erklärt gewohnt anschaulich,<br />

was im Gehirnaus chemischer<br />

Sicht passiert. Beim Familienvater<br />

trieb ein Dopamin-Präparat<br />

gegen Parkinson die Spielsucht an,<br />

bei Jugendlichen, deren Gehirn umgebaut<br />

wird, versagt die Impulskontrolle.<br />

Das Quarks-Experiment mit<br />

einem jungen Paar, dessen exzessiver<br />

Medienkonsum aufgezeichnet<br />

wurde, führte zu unerwarteten Folgen:<br />

Die beiden stellten ihre Abendgestaltung<br />

um und bekamen ein<br />

Kind.<br />

Quarks: Warum unser Gehirn sogerne online<br />

ist, bis zum 20. Juli2020 in der ARD-Mediathek.<br />

Torsten Wahl<br />

hat sich mit Sucht und<br />

Arbeit beschäftigt.<br />

Moderne Apps sorgen dafür,dass die Tour de France auch über Wege führt, die eigentlich nur Amateure kennen.<br />

Heldenhafte Amateure<br />

Bei der Tour de France wird deutlich, wie moderne Apps den Radsport verändert haben<br />

VonSebastian Moll<br />

Wer als treuer Radsportfan<br />

die diesjährige<br />

Tour de France verfolgt,<br />

dem dürfte kaum<br />

entgangen sein, dass die Streckenführung<br />

sich deutlich vonden Vorjahren<br />

unterscheidet. Die klassischen Gebirgsüberquerungen<br />

über die Alpen<br />

und die Pyrenäen sind in diesem Jahr<br />

kompakt an das Ende der Frankreichrunde<br />

gerückt. Dafür wurden die Vogesen<br />

und das Zentralmassiv zu Beginn<br />

als echte Prüfungen für die Titelkandidaten.<br />

Verfeinerte Streckenführung<br />

Doch es ist nicht alleine die Tatsache,<br />

dass die Mittelgebirge so prominent<br />

im Tour-Profil auftauchen, die Kenner<br />

der Frankreich-Runde aufhorchen<br />

lässt. Es ist auch die Art und<br />

Weise,wie diese Landschaften durchquertwerden,<br />

die für viele neu ist. So<br />

gab es in den Vogesen eine Schotterpiste,die<br />

zur Bergankunft führte und<br />

wohl auf kaum einer Karte als Straße<br />

verzeichnet ist. In den Tagen davor<br />

und danach gab es immer wieder<br />

Passagen durch Felder und über Hügel,<br />

die ansonsten wohl nur vonTraktoren<br />

genutzt werden. Undinden Pyrenäen<br />

gab es Bergankünfte auf<br />

schmalen Landwirtschaftswegen, die<br />

in den 116 Jahren Tour-Geschichte<br />

noch nie zuvor genutzt worden waren.<br />

Die Befahrung solch malerischer<br />

Nebenstrecken haben die Rennfahrer<br />

nicht zuletzt ganz neuen Planungswerkzeugen<br />

zu verdanken, derer sich<br />

in den vergangenen Jahren zunehmend<br />

Rennveranstalter rund um die<br />

Welt bedienen. Mittels der Daten sozialer<br />

Netzwerke für Radsportler können<br />

die Streckenplaner sehen, welche<br />

Routen in den jeweiligen Regionen<br />

die örtlichen Radsportler wählen.<br />

Undsofinden sich neueWege,umdie<br />

Tour für Athleten und Zuschauer attraktiv<br />

zu gestalten.<br />

Das beliebteste Netzwerk dieser<br />

Art nennt sich Strava, das im Jahr<br />

2018 von 36 Millionen Athleten in<br />

195 Länderngenutzt wurde.Die Athleten<br />

luden die Daten von mehr als<br />

624 Millionen Trainingseinheiten<br />

hoch –das waren mehr als 10 Milliarden<br />

gefahrene Rad-Kilometer. Dass<br />

Strava und ähnliche digitale Tools<br />

den Radsportverändern, macht sich<br />

nicht alleine an der verfeinerten<br />

Streckenführung bemerkbar. Die<br />

Netzwerke sind dabei, bis weit in den<br />

Hobbybereich hinein die Art und<br />

Starten: Die Tour de France<br />

istdas berühmteste und für<br />

dieFahrerbedeutendste<br />

Radrennen der Welt. Seit<br />

1903wird es alljährlich im<br />

Juli ausgetragen und führt<br />

dabei in wechselnder Streckenführung<br />

querdurch<br />

Frankreich und das nahe<br />

Ausland.<br />

DAS BEDEUTENDSTE RENNEN<br />

Staunen: Das dreiwöchige<br />

Etappenrennen wird von<br />

der Amaury SportOrganisation<br />

(ASO) veranstaltet.<br />

Die Tour wird oft als das<br />

nachden Olympischen<br />

Spielen und der Fußball-<br />

Weltmeisterschaft drittgrößte<br />

Sportereignis der<br />

Welt bezeichnet.<br />

Strampeln: In den ersten<br />

zehn Jahren wurde ausschließlich<br />

im Uhrzeigersinn<br />

gefahren, von1913 bis<br />

1932 nur gegendie Uhr.<br />

Seither ändertsich die Fahrtrichtung<br />

in immer rascherer<br />

Folge, zwischen 1998 und<br />

2009 wurde sogar konsequent<br />

jährlich gewechselt.<br />

Moderne Apps zeigen die gefahrene Streckeund liefernweitere Informationen über die<br />

Leistung des Athleten, auch Profis wie Emanuel Buchmann machen mit.<br />

STRAVA<br />

„Wir wollen Leute anregen, mehr<br />

rauszugehen und sich mehr zu bewegen.<br />

Mehr Sport: Das ist unsere Vision.“<br />

Weise, wie heute Fahrrad gefahren<br />

wird, neu zu definieren.<br />

So stellt Strava eine Nähe zwischen<br />

Profi- und Hobbysport her,<br />

wie sie etwa über konventionelle<br />

Fernsehübertragungen kaum zu realisieren<br />

ist. Etwa die Hälfte der Tourde-France-Fahrer<br />

ist Strava-Nutzer<br />

und stellt die aufgezeichneten Daten<br />

ihrer Etappen abends ins Netz. Dort<br />

kann dann der Freizeitradler sehen,<br />

wie seine Tretleistung im Vergleich<br />

zu Stars wie Emanuel Buchmann<br />

Paul Niemeyer, Deutschland-Chef von Strava<br />

DPA/YUZURU SUNADA, PRIVAT<br />

oder Peter Sagan abschneidet. Wer<br />

schon einmal eine Straße gefahren<br />

ist, die auch von der Tour passiert<br />

wird, kann genau erkennen, wie viel<br />

schneller die Profis sind.<br />

Natürlich messen sich die Millionen<br />

von Strava-Nutzern nicht nur<br />

mit den Stars, um bewundern zu<br />

können, wie stark die Helden der<br />

Landstraße tatsächlich sind. Strava<br />

ermöglicht auch einen permanenten<br />

Vergleich, eine Art globales Dauerrennen<br />

mit Millionen von Gegnern.<br />

In den Strava-Rankings für bestimmte<br />

Streckenabschnitte aufzusteigen,<br />

wird für manch einen zum<br />

Trainingsziel.<br />

Diese Virtualisierung des Radsports<br />

hat auch etwas Unheimliches.<br />

Auch wenn Strava laut Selbstauskunft<br />

auf keinen Fall anstrebt, das<br />

analoge, sinnliche Erlebnis des Fahrens<br />

mit Freunden in der freien Natur<br />

zu ersetzen. „Wir wollen es lediglich<br />

aktualisieren“, sagt Paul Niemeyer,<br />

Deutschland-Chef von<br />

Strava. Für Niemeyer ersetzt Strava<br />

ein wenig den alten Sportverein<br />

durch eine Community, die besser<br />

zu unserem individualisierten Alltag<br />

im 21. Jahrhundertpasst.<br />

Virtuelle Etappe beim Giro?<br />

Andere digitale Sporterlebnis-Verstärker<br />

sind da etwas radikaler. So<br />

unternimmt die Plattform Zwift in<br />

jüngster Zeit offensive Vorstöße in<br />

die reale Welt des Sports auf der<br />

Straße. Gewöhnlich nutzen Radsportler<br />

Zwift, um das Training auf<br />

einem stationären Fahrrad interessanter<br />

zu gestalten. Man setzt sich<br />

auf seinen Heimtrainer, loggt sich<br />

ein und kann sich dann auf einer<br />

ausgewählten Strecke mit anderen<br />

messen, die zeitgleich dieselbe virtuelle<br />

Piste befahren.<br />

Nunwill Zwift mit solchen E-Rennen<br />

Teil des Profi-Zirkus werden. Es<br />

werden Gespräche mit den Veranstaltern<br />

der Tour de France und des<br />

Giro d’Italia geführt, eine virtuelle<br />

Etappe in die Rundfahrt zuintegrieren,<br />

bei der die Profis in einer Turnhalle<br />

auf der Stelle treten. Der Zuschauer<br />

kann dann livedie Rennanimation<br />

samt eines Wusts an Leistungsdaten<br />

auf seinen Laptop<br />

spielen. Besser noch, man muss als<br />

Fan nicht auf dem Sofa sitzen, sondernkann<br />

mitstrampeln.<br />

Dass die Tour de France des Jahres<br />

2030 komplett in Wohnzimmern<br />

und auf Servernstattfindet, ist indes<br />

kaum vorstellbar. Doch die Grenzen<br />

ins Virtuelle werden immer weicher.<br />

So haben sich bereits drei Fahrer<br />

Profiverträge erstrampelt, die über<br />

Zwift auf sich aufmerksam gemacht<br />

hatten. Der 21Jahre alte Ollie Jones<br />

aus Neuseeland etwa setzte sich in<br />

einem Wettbewerb mit 9000 Konkurrenten<br />

durch. Nunfährterfür das<br />

südafrikanische Team Dimension<br />

Data. Dort muss erallerdings noch<br />

beweisen, dass er gut genug ist, auch<br />

wenn ihm der heiße Wind ins Gesicht<br />

bläst und erdie Ellbogen der<br />

Gegner in seiner Flanke spürt.<br />

Bundesbank<br />

äußert<br />

Bedenken<br />

Facebooks Währung könnte<br />

Geldwertstabilität gefährden<br />

Die Deutsche Bundesbank sorgt<br />

sich um die Sicherheit des Zahlungsverkehrs<br />

und die Finanzstabilität<br />

bei einer möglichen Einführung<br />

von Facebooks Digitalwährung<br />

Libra. Zwar seien wichtige Fragen<br />

zum Vorgehen des Libra-Konsortiums<br />

um Facebook noch offen,<br />

schrieb die Notenbank in ihrem am<br />

Montag veröffentlichten Monatsbericht.<br />

„Gleichwohl scheint es sinnvoll,<br />

dass Aufsichtsbehörden und<br />

Zentralbanken das Vorhaben schon<br />

jetzt sorgfältig beobachten und bewerten.“<br />

Grundsätzlich könnten sogenannte<br />

Stable Coins wie Libra die<br />

teilweise sehr hohen Gebühren bei<br />

grenzüberschreitenden Überweisungen<br />

senken, erläuterte die Notenbank.<br />

Zugleich könnten sie klassische<br />

Zentralbankaufgaben berühren.<br />

„Die Erfüllung der gesetzlichen<br />

Notenbankaufgaben muss jedoch<br />

Vorrang haben vor privaten geschäftspolitischen<br />

Interessen“,<br />

mahnte die Bundesbank. Wichtige<br />

Ziele wie die Geldwertstabilität, die<br />

Finanzstabilität und die Sicherheit<br />

des Zahlungsverkehrs dürften nicht<br />

beeinträchtigt werden.<br />

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg<br />

hatte im Juni die Einführung<br />

der eigenen Internet-Währung angekündigt.<br />

Mit stabilen Währungen<br />

wie Dollar oder Euro soll man sie ab<br />

dem Jahr 2020 kaufen können. Libra<br />

könnte dann nachVorstellungen von<br />

Facebook vor allem für grenzüberschreitende<br />

Überweisungen, aber<br />

auch zum Bezahlen von Einkäufen<br />

eingesetzt werden. Kursschwankungen<br />

sollen vermieden werden, indem<br />

die Libra an einen Korb etablierter<br />

Währungen gekoppelt und<br />

durch Staatsanleihen abgesichert<br />

(„Stable Coin“) wird. 28 private Unternehmen<br />

wie Mastercard, Visa,<br />

Paypal und Uber gehören zu den ersten<br />

Partnern.<br />

Die großen Wirtschaftsmächte<br />

stehen einer möglichen Libra-Einführung<br />

kritisch gegenüber. Bei ihremTreffen<br />

hatten die Finanzminister<br />

der sieben großen Industrieländer<br />

(G7) und die Chefs der großen<br />

Notenbanken jüngst unisono<br />

„schwere Bedenken“ gegen das Facebook-Geld<br />

zum Ausdruck gebracht.<br />

Zweifel gibt es unter anderem<br />

darum, wie effizient bei Libra<br />

Geldwäsche und Terrorfinanzierung<br />

unterbunden werden können. (dpa)<br />

Equifax<br />

zahlt nach<br />

Datenklau<br />

Konzern muss 700 Millionen<br />

Dollar bereitstellen<br />

E<br />

in schwerer Datendiebstahl aus<br />

dem Jahr 2017 kommt die US-<br />

Wirtschaftsauskunftei Equifax teuer<br />

zu stehen. Das Unternehmen habe<br />

im Rahmen eines Vergleichs einer<br />

Zahlung von bis zu 700 Millionen<br />

Dollar (625 Mio Euro) zugestimmt,<br />

teilte die Handels- und Verbraucherschutzbehörde<br />

FTC amMontag mit.<br />

„Equifax hat den Profit über den Datenschutz<br />

gestellt“, kritisierte New<br />

Yorks Generalstaatsanwältin Letitia<br />

James in einer separaten Mitteilung.<br />

Equifax war vorgeworfen worden,<br />

durch mangelnde Sicherheit einen<br />

Cyber-Angriff ermöglicht zu haben,<br />

von dem laut FTC Informationen<br />

von rund 147 Millionen Menschen<br />

betroffen waren. Darunter waren<br />

sensible Daten wie Sozialversicherungs-<br />

und Kreditkartennummern.<br />

Die Affäre hatte bereits den damaligen<br />

Equifax-Chef RichardSmith seinen<br />

Jobgekostet. (dpa)

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