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Berliner Kurier 06.09.2019

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*<br />

Parteifreund<br />

per Mausklick<br />

CSU prüft Mitgliedschaften, die nur online<br />

existieren –andereParteiensind da skeptisch<br />

Berlin – Wer einer Partei<br />

beitreten will, begegnet erst<br />

mal einem besonderen Begriff:<br />

Der „Ortsverband“<br />

nimmt den Mitgliedsantrag<br />

entgegen und ist auch Ansprechpartner.<br />

Dies könnte sich nun möglicherweise<br />

ändern. Die CSU<br />

hat angekündigt, künftig Online-Mitgliedschaften<br />

zuzulassen.<br />

Damit die allerdings<br />

nicht nur eine Light-Mitgliedschaft<br />

ohne Stimmrechte<br />

bei Parteitagen wird, halten<br />

Experten dafür eine Änderung<br />

des Parteiengesetzes<br />

für nötig. Dafür deutet sich in<br />

Berlin Offenheit an.<br />

Grünen-Bundesgeschäftsführer<br />

Michael Kellner sagte<br />

dem RedaktionsNetzwerk<br />

Offen für neue Verfahren: Michael<br />

Kellner vonden Grünen.<br />

Foto: Michael Kappeler/dpa<br />

FDP –weder cool noch smart<br />

Wer braucht die FDP?<br />

Die Brandenburger<br />

und Sachsen haben entschieden:Niemand.Deshalb<br />

gibtes<br />

in keinem ostdeutschen Parlament<br />

die FDP. NurinBerlin,<br />

aber das ist wegen Westberlin<br />

atypisch. Im Osten gibt es weder<br />

eine ausreichende industrie-<br />

und wirtschaftsfreundliche<br />

Wählerschaft noch wird<br />

die Partei zum Regieren gebraucht.<br />

Die FDP-Spitze reagiert arrogant<br />

und sieht keine Schuld<br />

bei sich. Man müsse nichts am<br />

Kurs ändern. Im Übrigen sei<br />

Deutschland (RND): „Parteien<br />

sollten sich weiter öffnen<br />

und für gesellschaftliche<br />

Entwicklungen empfänglich<br />

sein. Deshalb gehört auch das<br />

Parteiengesetz dringend<br />

überarbeitet, um Parteien<br />

mehr Freiheiten zu geben,<br />

die Möglichkeiten der Digitalisierung<br />

zu nutzen.“ In der<br />

CDU hieß es vorsichtiger:<br />

„Eine Änderung des Parteienrechts,die<br />

für die Schaffung<br />

einer reinen Online-<br />

Mitgliedschaft Voraussetzung<br />

wäre, halten wir nicht<br />

für falsch.“ Zwingend erforderlich<br />

für eine intensive Online-Beteiligung<br />

der Mitglieder<br />

sei dies allerdings nicht,<br />

sagte eine Parteisprecherin.<br />

Reales Zusammentreffen sei<br />

ein wichtigerBestandteil von<br />

Parteiarbeit.<br />

Nichts Neues, findet die<br />

FDP. Deren Generalsekretärin<br />

Linda Teuteberg weist<br />

darauf hin, dass die FDP<br />

schon seit 2001 einen virtuellen<br />

Landesverband hat –an<br />

die Bundespartei angegliedert.<br />

Die Linkspartei sieht das<br />

skeptisch: „Es muss sich um<br />

echte Beteiligung handeln,<br />

die auch verbindlich ist, nicht<br />

um Twitter- und Facebook-<br />

Blasen.“ Und bei der AfD verweist<br />

man auf großen Prüfbedarf:<br />

„Wir schieben einen<br />

Berg von mehreren Tausend<br />

Mitgliedsanträgen vor uns<br />

her, da eröffnen wir kein weiteres<br />

Feld.“<br />

die Partei Opfer taktischer<br />

Wähler geworden. Von Demut<br />

und Einsicht keine Spur.<br />

DieFDP hat aber nicht nur im<br />

Osten, sondern in ganz<br />

Deutschland ein Problem. Sie<br />

hat seit der Bundestagswahl<br />

(10,7 Prozent) ein Viertel<br />

ihrer Wähler verloren. Der<br />

damalige Erfolg war in erster<br />

Linie ein Marketing-Erfolg.<br />

Ein smarter Chef mit neuen<br />

Haaren, coolen Parolen („Digital<br />

first, Bedenken second“)<br />

und eine neue Farbe (Magenta)<br />

im Parteilogo. Das funktionierte<br />

2017 auch deshalb, weil<br />

Getrennte Leute: Boris (l.) und Jo Johnson.<br />

AuchJolässt Boris<br />

beim Brexit hängen<br />

Bruderdes Premiers schmeißt wegen Anti-EU-Kurs hin<br />

London –Boris Johnson hat<br />

sich verzockt –und gibt sich<br />

nun einsichtig. Gestern kündigte<br />

er an, das am Mittwoch<br />

gegen seinen Willen vom<br />

Unterhaus verabschiedete<br />

No-No-Deal-Gesetz nicht<br />

durch das Oberhaus blockieren<br />

lassen zu wollen. Es soll<br />

dort heute gebilligt werden.<br />

Damit werden baldige Neuwahlen<br />

wahrscheinlich. Labour<br />

hatte die Zustimmung<br />

dazu davon abhängig gemacht,<br />

dass es keinen No-Deal-Brexit<br />

gibt. Möglicherweise<br />

droht Johnson dann eine<br />

neue Schlappe, denn viele<br />

junge Briten, die eher EUfreundlich<br />

sind, lassen sich<br />

seit einigen Tagen zur Wahl<br />

Spreng-<br />

Stoff<br />

Der Journalist<br />

und Politik-Berater<br />

Michael H. Spreng<br />

schreibt<br />

jeden Freitag<br />

im KURIER<br />

viele die große Koalition abwählen<br />

wollten und auf<br />

Schwarz-Grün oder Jamaika<br />

mit der FDPhofften.<br />

Und dann machte die FDP<br />

einen historischen Fehler: Sie<br />

verweigerte sich der Regierungsbeteiligung,<br />

was dem<br />

Parteiensystem Schaden zufügte.<br />

DieSPD musstewieder<br />

in die GroKo und stürzte ab,<br />

die CDU geriet in die Krise,<br />

und die AfD wurde stärker.<br />

Dieser Fehler wird nicht nur<br />

der FDP langeanhängen.<br />

Heute wirkt die FDP weder<br />

cool noch smart, sondern angestaubt.<br />

Heute stellt sich in<br />

ganz Deutschland die Frage:<br />

Wer braucht noch die FDP?<br />

Bisher hat der Vorsitzende<br />

Christian Lindner keine überzeugende<br />

Antwort.<br />

Foto: A. Parsons/Imago Images<br />

registrieren –imAugust waren<br />

es noch 22000 pro Woche,<br />

jetzt sind es schon mehr<br />

als 66000.<br />

Auch innerparteilich gerät<br />

Johnsonunter Druck. Die gemäßigte<br />

One-Nation-Gruppe<br />

in der Tory-Fraktion veröffentlichte<br />

eine Erklärung, in<br />

der sie den Regierungschef<br />

aufforderte, die verbannten 21<br />

Fraktionsmitglieder wieder<br />

aufzunehmen. Einen sehr<br />

peinlichen Rücktritt musste<br />

der Premier auch hinnehmen:<br />

Sein Bruder Jo Johnson warf<br />

wegen des harten Brexit-Kurses<br />

gestern als Staatssekretär<br />

der Regierung hin und legte<br />

auch sein Mandat im Unterhaus<br />

nieder.<br />

Foto: Presidential Press Service/AP<br />

Foto: Ben Curtis/dpa<br />

SEITE3<br />

BERLINER KURIER, Freitag, 6. September 2019<br />

NACHRICHTEN<br />

Flüchtlinge als Drohung<br />

Ankara –Der türkische Präsident<br />

Recep Tayyip Erdogan<br />

hat dem Westen mit der Öffnung<br />

seiner Grenzen für syrische<br />

Flüchtlinge gedroht.<br />

Wenn nicht bald eine Sicherheitszone<br />

im Norden Syriens<br />

entstehe, „werden wir die<br />

Tore öffnen“, sagte er. Dort<br />

sollen rund eine Million Syrer<br />

untergebracht werden.<br />

GroKobesser als ihr Ruf<br />

Berlin –Die Bürger in<br />

Deutschland gehen davon<br />

aus, dass die große Koalition<br />

bis zur Wahl 2021 weiterregieren<br />

wird. Laut ZDF-„Politbarometer“<br />

rechnen 72 Prozent<br />

damit. 73 Prozent der<br />

Befragten fanden es auch gut,<br />

dass Angela Merkel bis 2021<br />

Kanzlerin bleiben wird.<br />

Lob für Friedensvertrag<br />

Maputo –Papst Franziskus<br />

hat bei seinem Besuch in Mosambik<br />

das unlängst geschlossene<br />

Friedensabkommen zwischen<br />

der Regierung und den<br />

Renamo-Milizen gewürdigt.<br />

Die Renamo hatte von 1976<br />

bis 1992 Bürgerkrieg gegen<br />

die Frelimo geführt, die heute<br />

in Mosambik regiert.<br />

TeureTrennungskinder<br />

Berlin –Die Zahl der Trennungskinder,<br />

für die der Staat<br />

Unterhaltsvorschuss zahlt, ist<br />

laut Bundesfamilienministerin<br />

Franziska Giffey (SPD)<br />

stark gestiegen. Ende vergangenen<br />

Jahres wurde für<br />

805 799 Kinder in Deutschland<br />

gezahlt –das sind fast<br />

doppelt so viele wie 2017.<br />

Streit um U-Ausschuss<br />

Hongkong –Hongkongs<br />

Regierungschefin Carrie<br />

Lam hat die Untersuchungskommissionfür<br />

Fälle von<br />

Polizeigewalt als„glaubwürdig<br />

undunabhängig“bezeichnet.<br />

Kritiker sehen das<br />

anders.AmWochenende<br />

sollen die Protestefortgesetztwerden<br />

–wohlauch<br />

wieder am Airport.

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