Berliner Kurier 02.10.2019
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MEDIZIN<br />
SEITE17<br />
BERLINER KURIER, Mittwoch, 2. Oktober 2019<br />
In Deutschland essen die<br />
meisten Menschen zu wenig<br />
Obst.Man kann des Guten aber<br />
auch zu viel essen –dann ist es<br />
eben auch nicht mehr gesund.<br />
ZuvieldesGuten<br />
Der O-Saft,die Banane, der Smoothie: Obst kann auch ungesund sein<br />
Foto: imago stock&people<br />
Ein Apfel ist gesund, klar.<br />
Und zwei Äpfel sind noch immer<br />
besser als jeder Schokoriegel.<br />
Drei vermutlich auch,<br />
oder? Was ist mit vier Äpfeln?<br />
Fünf? Zehn? Kann man<br />
zu viel Obst essen –ganz nach<br />
dem Klischee von der Dosis,<br />
die das Gift macht?<br />
„Obst kann definitiv auch ungesund<br />
sein“, sagt der Allgemeinmediziner<br />
und Autor Carsten<br />
Lekutat. Schließlich enthält<br />
Obst Fruchtzucker – darum<br />
schmeckt es so gut und süß.<br />
„Fruchtzucker ist am Ende<br />
auch Zucker, mit allen Problemen,<br />
die damit einhergehen“,<br />
sagt Lekutat.<br />
Sein aktuelles Buch heißt „Ein<br />
Apfel macht gesund, drei Äpfel<br />
machen eine Fettleber“. Bei einer<br />
Verfettung der Leber, die<br />
teils schwere Folgeerkrankungen<br />
verursachen kann, denken<br />
die meisten wohl an zu viel Alkohol.<br />
Tatsächlich seien 20 bis<br />
30 Prozent der Fälle aber nicht<br />
auf Schnaps und Bier zurückzuführen,<br />
schreibt Lekutat, sondern<br />
zum Beispiel auf zu viel<br />
Fruchtzucker.<br />
Also nur noch Gemüse essen?<br />
Oder doch lieber Schokolade?<br />
Nein, sagt Lekutat. „In<br />
Deutschland ist das Problem<br />
eher, dass wir zu wenig Obst essen.<br />
Bei vielen meiner Patienten<br />
wäre ich froh, wenn sie<br />
mehr Obst essen würden“, sagt<br />
er. Es kann sich allerdings<br />
trotzdem lohnen, über die Art<br />
des Obstkonsums nachzudenken<br />
–und über die Sorte.<br />
Denn Obst ist nicht gleich<br />
Obst, wenn es um den Zuckerund<br />
Energiegehalt geht. „Obstarten<br />
wie Bananen, Trauben,<br />
Äpfel oder Mirabellen haben einen<br />
hohen Zuckergehalt, Orangen<br />
oder Beerenfrüchte zum<br />
Beispiel haben da deutlich weniger“,<br />
erklärt Antje Gahl von<br />
der Deutschen Gesellschaft für<br />
Ernährung. Auch sie sagt: Obst<br />
ist gesund, aber zuckerreich –<br />
und deshalb mit Vorsicht zu genießen.<br />
So empfiehlt die DGE<br />
zwar, fünf Portionen Obst oder<br />
Gemüse am Tag zu essen. Gemüse<br />
habe dabei jedoch den<br />
Vorrang, so Gahl. Im Detail lautet<br />
die Empfehlung: zwei Obst,<br />
drei Gemüse.<br />
Entscheidend ist außerdem,<br />
wie man Apfel und Co. konsumiert.<br />
„Grundsätzlich ist reines<br />
Obst besser als verarbeitetes“,<br />
sagt Lekutat. „Wer sich die Zutaten<br />
von einem Smoothie mal<br />
hinlegt, würde diese Obstmenge<br />
vermutlich nicht in einer<br />
Mahlzeit essen“, so Gahl.<br />
Tobias Hanraths<br />
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HELIOS KLINIKUM BERLIN-BUCH<br />
Prostatakrebs gezielt behandeln<br />
Prof. Dr. med. Stefan Dresel erläutert im Gespräch die Vorteile der PSMA-Therapie<br />
Jedes Jahr wird bei rund 60000 Männern in<br />
Deutschland ein Prostatakarzinom diagnostiziert,<br />
etwa 12000 Patienten sterben jährlich<br />
an der häufigsten Krebserkrankung bei Männern.<br />
Doch es gibt Hoffnung: Forscher haben<br />
mit PSMA ein spezielles Eiweiß entdeckt, das<br />
sich sowohl zur exakten Diagnostik als auch<br />
Behandlung von Prostatakrebs eignet. Alle<br />
Fakten zu PSMA im Gespräch mit Prof. Dr. Stefan<br />
Dresel, Chefarzt der Nuklearmedizin in den<br />
Helios Kliniken in Berlin-Buch und Bad-Saarow.<br />
Prof. Dresel, was ist PSMA und die damit verbundene<br />
Therapie?<br />
Die PSMA-Therapie ist eine Therapie mit einer<br />
radioaktiven Substanz, die an die Prostatakarzinomzellen<br />
bindet. Dabei werden der Tumor und<br />
die Metastasen vor Ort und von innen heraus<br />
bestrahlt und zerstört. Das kleine Molekül PSMA<br />
(Prostata spezifisches Membran-Antigen) ist mit<br />
einer radioaktiven Substanz verbunden. Die Prostatakarzinomzellen<br />
besitzen an ihrer Oberfläche<br />
Strukturen, woran dieses Molekül binden und in<br />
die Zelle eingeschleust werden kann. Dort zerstört<br />
die Substanz die bösartigen Zellen. Die<br />
direkt spürbaren Nebenwirkungen für den Patienten<br />
sind sehr gering. Gesundes, umliegendes<br />
Gewebe wird geschont. Im Bereich des Tumors<br />
findet die Hauptstrahlenwirkung statt und im<br />
restlichen Körper ist diese niedrig. Der Anteil<br />
der Substanz, die nicht im Tumor aufgenommen<br />
wird, wird über die Nieren ausgeschieden. Damit<br />
ThomasOberländer/Helios Kliniken<br />
Das kleine Molekül PSMA ermöglicht große Erfolge bei Diagnose und Therapie von Prostatakrebs.<br />
die radioaktiven Substanzen nicht in die Kanalisation<br />
gelangen, müssen die Patienten drei Tage<br />
stationär in der Klinik bleiben. Hier gibt es eine<br />
technische Anlage zur Aufbewahrung radioaktiven<br />
Abwassers.<br />
Wie gestalten sich Diagnostik und Therapie?<br />
Bevor die Therapie beginnt, wird diagnostisch<br />
ein PSMA-PET/CT durchgeführt. Das geschieht<br />
mit der gleichen Substanz PSMA, nur ist<br />
dieses Molekül nicht an das zu therapeutischen<br />
Zwecken eingesetzte Lutetium-177 gebunden,<br />
sondern für die Diagnostik an das Gallium-68.<br />
Wir können dann nachweisen, ob die Tumorherde<br />
des Patienten dieses PSMA auch aufnehmen.<br />
Nur wenn dies der Fall ist, ist die Therapie<br />
erfolgversprechend. Zur Vorbereitung erfolgt<br />
eine Untersuchung der Nieren um sicher zu stellen,<br />
dass diese gut funktionieren. Dann kommt<br />
der Patient auf die Station und erhält das therapeutische<br />
Lu-177 PSMA über eine Infusion. Wir<br />
führen durch tägliche Bildgebung eine Qualitätskontrolle<br />
durch, um zu prüfen, dass die Substanz<br />
tatsächlich im Tumor angekommen ist. Das<br />
gesamte Prozedere wird nach den aktuellen<br />
Empfehlungen der Fachgesellschaften in sechs<br />
Zyklen durchgeführt, das bedeutet sechs Einzeltherapien<br />
im Abstand von acht Wochen.<br />
Welche Therapieerfolge sind zu erwarten?<br />
Momentan wird diese Therapie bei Patienten<br />
mit fortgeschrittenen metastasierten Prostatakarzinom<br />
eingesetzt, die nicht mehr auf die<br />
„klassischen“ Therapien ansprechen. Die Therapie<br />
soll ein Fortschreiten der Erkrankung aufhalten<br />
und die Lebensqualität der Patienten verbessern.<br />
Die oftmals schwerkranken Patienten<br />
blühen regelrecht auf und benötigen wesentlich<br />
weniger Schmerzmedikamente. Sie sind allgemein<br />
mobiler und können besser am Alltagsleben<br />
und Familienleben teilnehmen.<br />
Wer übernimmt die Kosten der Therapie?<br />
Unter den genannten Voraussetzungen wird<br />
die Therapie von den Krankenkassen übernommen.<br />
In der interdisziplinären Zusammenarbeit<br />
wird mit den Strahlentherapeuten, den Urologen<br />
und Onkologen gemeinsam die Entscheidung<br />
gefällt, dass diese Therapie für den Patienten<br />
zu diesem Zeitpunkt die richtige ist.<br />
Der Krebs-Infotag: Am Samstag, 9. November<br />
sprechen Spezialisten von 9bis 15 Uhr im<br />
Helios Klinikum Berlin-Buch mit Interessierten<br />
über moderne Krebsmedizin. Arzt und TV-<br />
Moderator Dr. Carsten Lekutat moderiert eine<br />
Expertenrunde zur fachübergreifenden Krebsbehandlung.<br />
Interessierte können sich über die<br />
Website anmelden, aber auch spontane Teilnehmer<br />
sind herzlich willkommen:<br />
www.helios-gesundheit.de/krebs-weiter-leben