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Berliner Kurier 04.10.2019

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SEITE17<br />

BERLINER KURIER, Freitag, 4. Oktober 2019<br />

DieSpione<br />

vom Ponyhof<br />

Wieesdeutschen Spezialisten gelang, den US-Tarnkappenbomber zu enttarnen<br />

Ein Kampfflieger vomTyp<br />

F-35 bei einer Flugshow.<br />

DasFlugzeug kann als<br />

Bomber eingesetzt werden<br />

und gilt als teuerstes<br />

Rüstungsprojekt in der<br />

Geschichte der USA.<br />

Foto: Hensoldt,Canadian Press, dpa,<br />

Von<br />

P. DEBIONNE<br />

Ein Ponyhof in Brandenburg<br />

ist derzeit<br />

Thema bei Rüstungsfirmen<br />

in aller Welt.<br />

Denn von hier aus wurde eines<br />

der modernsten Kampfflugzeuge,<br />

die US-amerikanische F-35,<br />

gründlich entzaubert. Der Flieger<br />

ist das teuerste Rüstungsprojekt<br />

der US-Streitkräfte aller<br />

Zeiten. Stark, schnell und<br />

vor allem unsichtbar für die<br />

derzeit verfügbaren Radar- und<br />

Überwachungssysteme, wirbt<br />

Hersteller Lockheed Martin.<br />

Doch das stimmt so offenbar<br />

nicht. Der Tarnkappenbomber<br />

wurde im Rahmen seiner Vorstellung<br />

auf der ILA 2018 geortet<br />

– von einem Ponyhof in<br />

Brandenburg aus. Das berichtet<br />

nun die Fachzeitschrift „Defense<br />

News“.<br />

Im Jahr 2018 hatten die Amerikaner<br />

zwei ihrer brandneuen<br />

Kampfflugzeuge unter größten<br />

Sicherheitsvorkehrungen nach<br />

Berlin zur Luftfahrtmesse ILA<br />

gebracht. Hier wurden die zwei<br />

Stealth-Bomber der staunenden<br />

Öffentlichkeit präsentiert.<br />

Allerdings nur am Boden, in die<br />

Luft gingen die Flugzeuge<br />

nicht.<br />

Das sorgte bereits damals für<br />

Verwunderung und Spekulationen,<br />

die Amerikaner könnten<br />

Angst vor einer neuen, noch<br />

unbekannten Ortungstechnik<br />

haben, die ihre F-35 womöglich<br />

doch entdecken könnte. Offenbar<br />

war diese Angst berechtigt.<br />

Denn die deutsche Rüstungsfirma<br />

Hensoldt entdeckte die fliegenden<br />

Tarnkappenbomber<br />

mithilfe eines neuartigen Passivradarsnamens<br />

TwInvis.<br />

Die Technikspezialisten der<br />

Rüstungsfirma hatten sich<br />

während der ILA in einem Ponyhof<br />

in Selchow, einem Ortsteil<br />

von Schönefeld eingemietet.<br />

„Hier können die Kleinsten<br />

ihr erstes Pony streicheln. Hier<br />

können Oma und Opa ihre<br />

Angst vor dem Sportpartner ihrer<br />

Enkel verlieren. Hier kön-<br />

nen Mama und Sohn das erste<br />

Mal für ein paar Meter in den<br />

Sattel steigen und die Welt von<br />

oben betrachten“, heißt es auf<br />

der Homepage des Ponyhofs.<br />

Zudem könne man mit<br />

„Schneewittchen, Peter, Hercules<br />

oder vielen anderen Pferden<br />

und Ponys eine Runde kuscheln,<br />

putzen und schmusen“<br />

oder auch Esel Sam im Streichelzoo<br />

besuchen. Doch die<br />

Männer der Waffenfirma Hensoldt<br />

hatten im Frühjahr 2018<br />

anderes im Sinn.<br />

Die Betreiberin Marion K. bestätigte<br />

dem <strong>Berliner</strong> KURIER<br />

am Donnerstag, dass da „für ein<br />

paar Tage ein paar Männer“ gewesen<br />

seien, die „irgendeinen<br />

Radar aufgestellt haben. Sonderlich<br />

gesprächig seien die Besucher<br />

laut Marion K. aber<br />

nicht gewesen: „Was sie da eigentlich<br />

genau machen, haben<br />

sie uns nicht gesagt“. Sie hätten<br />

allerdings noch „eine Art Bus“<br />

dabei gehabt.<br />

Was K. nicht wusste: Die<br />

Männer hatten einfach ihr neues<br />

Radarsystem erst aufgebaut<br />

und dann scharfgestellt. Anschließend,<br />

so die Zeitschrift<br />

„Defense News“, die als führendes<br />

Nachrichtenmagazin im<br />

Bereich Militär gilt, hätten die<br />

Männer auf den Anruf ihres Informanten<br />

im Flughafen<br />

Schönfeld gewartet. Der gab<br />

dem Team auf dem beschaulichen<br />

Ponyhof Bescheid, als die<br />

beiden F-35-Flieger ihre Heimreise<br />

in Richtung USA antraten.<br />

Diese F-35-Flieger<br />

wurden trotz<br />

Tarnung von<br />

einem deutschen<br />

Radarsystem<br />

entdeckt.<br />

Wenig später wurden die unsichtbaren<br />

Flugzeuge dann erfasst.<br />

„Das in ein Geländefahrzeug<br />

oder einen Van integrierbare<br />

TwInvis sendet zur Überwachung<br />

des Luftverkehrs keine<br />

Signale aus, sondern wertet lediglich<br />

passiv die Signalechos<br />

von Rundfunk- und Fernsehsendern<br />

aus“, heißt es bei Hensoldt.<br />

Ein Passivradar fungiere<br />

„als reiner Empfänger und ortet<br />

Flugzeuge mittels Auswertung<br />

der am Ziel reflektierten Signale<br />

von bereits vorhandenen<br />

Fremd-Sendern“. Vereinfacht<br />

ausgedrückt kann TwInvis erkennen,<br />

wenn in der Luft plötzlich<br />

ein Art Loch im unsichtbaren<br />

digitalen Wellenteppich<br />

entsteht, das sich noch dazu bewegt.<br />

Ein Software-Programm<br />

kann dann errechnen, ob es sich<br />

bei dem Loch tatsächlich um<br />

ein Flugzeug handelt.<br />

So wie nun im Fall der beiden<br />

F-35: So habe Hensoldt die Flieger<br />

rund 150 Kilometer verfolgen<br />

können. Hersteller Lockheed<br />

versucht abzuwiegeln und<br />

erklärte, an den F-35-Jets seien<br />

aus Sicherheitsgründen spezielle<br />

Reflektoren angebracht gewesen,<br />

um die Flieger erkennbar<br />

zu machen. Nur deshalb<br />

seien die Jets sichtbar gewesen.<br />

Ein Sprecher von Hensoldt behauptete<br />

hingegen, dass die angesprochenen<br />

Reflektoren bei<br />

der Erkennung der Kampfflugzeuge<br />

gar keine Rolle gespielt<br />

hätten.

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