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GELD<br />
Wucher an<br />
der Haustür<br />
Jemand verliert seinen<br />
Schlüssel, kommt nicht<br />
mehr in die Wohnung rein.<br />
Dann kann das Öffnen einer<br />
Tür teuer werden. Denn<br />
manche Schlüsseldienste<br />
verlangen ein Vielfaches der<br />
ortsüblichen Preise. Das<br />
zeigt eine Stichprobe der<br />
Stiftung Warentest (Zeitschrift<br />
„test“, Ausgabe<br />
10/2019). So kassieren einige<br />
Anbieter für ihren Service<br />
65 Euro, während andere<br />
mehr als 450 Euro wollen –<br />
in Extremfällen sogar über<br />
1000 Euro. Wer sich am Wochenende<br />
oder nachts aussperrt,<br />
muss häufig noch mit<br />
Zuschlägen rechnen.<br />
Je nach Tageszeit und Region<br />
sollte die Dienstleistung<br />
maximal aber etwa 110<br />
bis 250 Euro kosten –davon<br />
gehen Gerichte nach Angaben<br />
der Experten aus. Das<br />
Problem: Manche Dienstleister<br />
nutzen die missliche<br />
Lage aus und zocken Verbraucher<br />
ab. Die Tester raten<br />
deshalb, nicht den erstbesten<br />
Anbieter anzurufen,<br />
sondern im Internet nach einen<br />
korrektem Schlüsseldienst<br />
in der Nähe zu suchen.<br />
Dafür das Impressum<br />
der Webseite kontrollieren.<br />
Verbraucher sollten am Telefon<br />
auch nach Anfahrtskosten<br />
fragen, um hohe Zusatzkosten<br />
zu vermeiden.<br />
Zudem sollten sie vorab<br />
am Telefon einen Festpreis<br />
vereinbaren und den Betrag<br />
niemals bar zahlen –sonst<br />
ist das zu viel gezahlte Geld<br />
in der Regel weg. Sicher sei<br />
nur eine Überweisung. Wer<br />
zu viel gezahlt hat, sollte<br />
sich an einen Anwalt wenden<br />
–eine Anzeige bei der<br />
Polizei bringe laut Stiftung<br />
Warentest meist wenig. Das<br />
Risiko liege dann jedoch<br />
beim Kläger, er müsse auch<br />
in Vorkasse gehen.<br />
Am besten sorgen Verbraucher<br />
für den Notfall vor:<br />
Speichern Sie die Notrufnummer<br />
von einem seriösen<br />
Anbieter in ihrer Umgebung<br />
im Handy ab. Noch besser:<br />
Deponieren Sie einen Ersatzschlüssel<br />
bei Vertrauten<br />
–Nachbarn oder Freunden<br />
zum Beispiel.<br />
Einen Ersatzschlüssel sollte man<br />
bei Vertrauten deponieren.<br />
Foto: dpa<br />
Der Ratgeber für<br />
Markt und Wirtschaft<br />
Damit möchte keiner rechnen.<br />
Aber mitunter sind bei<br />
einem Unfall die Verletzungen<br />
so gravierend, dass der<br />
Betroffene Körperteile verliert.<br />
Auch Sinnesorgane<br />
oder innere Organe könnten<br />
dauerhaft nicht mehr funktionieren.<br />
Die private Unfallversicherung<br />
springt in so einem<br />
Fall ein – wie viel sie<br />
zahlt, richtet sich unter anderem<br />
nach der sogenannten<br />
Gliedertaxe.<br />
Was genau ist diese Gliedertaxe?<br />
Damit bemessen private<br />
Versicherer den Invaliditätsgrad<br />
nach einem Unfall –bezogen<br />
auf den „Gesamtkörper“.<br />
„Von diesem Invaliditätsgrad<br />
hängt ab, in welcher Höhe eine<br />
Leistung auf Basis der vereinbarten<br />
Versicherungssumme<br />
ausgezahlt wird“, erklärt Claudia<br />
Frenz vom Bund der Versicherten.<br />
Der Versicherer ordnet<br />
Gliedmaßen, Sinnesorganen<br />
und den inneren Organen<br />
für deren Verlust oder dauernde<br />
Invalidität feste Prozentsätze<br />
zu.<br />
Sind die Bemessungswerte<br />
bei allen Anbietern gleich?<br />
Nein. „Jeder Unfallversicherer<br />
bestimmt seine Gliedertaxe<br />
selbst“, erklärt Elke Weidenbach<br />
von der Verbraucherzentrale<br />
Nordrhein-Westfalen.<br />
Aber viele Versicherer richten<br />
sich nach Empfehlungen des<br />
Gesamtverbands der Deutschen<br />
Versicherungswirtschaft<br />
(GDV).<br />
Danach gilt bei Verlust oder<br />
vollständiger Funktionsunfähigkeit<br />
eines Auges ein Invaliditätsgrad<br />
von 50 Prozent, bei<br />
einem Fuß von 40 Prozent. Der<br />
Verlust des Geruchssinns<br />
macht zehn Prozent und des<br />
Gehörs auf einem Ohr 30 Prozent<br />
aus. Die Richtwerte des<br />
GDV sind Mindestempfehlungen.<br />
„Einige Versicherer legen<br />
höhere Werte in ihren Versicherungsklauseln<br />
fest“, sagt<br />
Weidenbach.<br />
Was gilt bei Teilverlust? Ein<br />
vollständig funktionsunfähiger<br />
Arm bedeutet einen Invaliditätsgrad<br />
von mindestens 70<br />
Prozent. Ist er um ein Zehntel<br />
in seiner Funktion beeinträchtigt,<br />
ergibt das einen Invaliditätsgrad<br />
von sieben Prozent –<br />
also einem Zehntel von 70 Prozent.<br />
„Abzüge gibt es auch<br />
dann, wenn Krankheiten oder<br />
Gebrechen am Verlust oder der<br />
Funktionsunfähigkeit mitgewirkt<br />
haben“, erklärt GDV-Expertin<br />
Beate Weiße. Grundlage<br />
dafür ist ein medizinisches Gutachten.<br />
Wie berechnet sich letztlich<br />
die gezahlte Summe? Angenommen,<br />
es geht um die Invaliditätssumme<br />
von 100000 Euro.<br />
Nun ist ein Daumen bei einem<br />
Unfall vollständig verloren gegangen<br />
oder zu 100 Prozent beeinträchtigt.<br />
Die vertraglich<br />
vereinbarte Gliedertaxe dafür<br />
beträgt 20 Prozent. Die Entschädigung<br />
beläuft sich demnach<br />
auf 20000 Euro. „Bei einer<br />
Gebrauchsminderung des<br />
Daumens von 50 Prozent wird<br />
von den genannten 20 Prozent<br />
nur die Hälfte, also 10000 Euro,<br />
an Entschädigung gezahlt“, erklärt<br />
Weidenbach.<br />
Addieren sich bei mehreren<br />
Verletzungen die Invaliditätsgrade?<br />
Ja, wenn sie an unterschiedlichen<br />
Gliedmaßen<br />
auftreten, etwa rechtes Handgelenk,<br />
linkes Bein und ein Auge.<br />
Dann legt ein medizinischer<br />
Gutachter den Invaliditätsgrad<br />
für jede Verletzung fest. „Von<br />
jedem Invaliditätsgrad werden<br />
eventuelle Krankheiten oder<br />
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BERLINER KURIER, Freitag, 4. Oktober 2019<br />
Wie viel ist<br />
ein Bein wert?<br />
Werein Bein verliert, kann je<br />
nach Police Zahlungen seiner<br />
Unfallversicherung erhalten.<br />
Die Versicherungen berechnen den Invaliditätsgrad eines Unfallopfers mit der Gliedertaxe<br />
Vorschädigungen abgezogen<br />
und dann die Ergebnisse addiert“,<br />
erläutert Weiße. Der Invaliditätsgrad<br />
kann aber nicht<br />
mehr als 100 Prozent betragen.<br />
Wie hoch sollte die Invaliditätsgrundsumme<br />
sein?<br />
„Wichtig ist, sich individuell<br />
beraten zu lassen“, rät Weiße.<br />
Bei der Kalkulation sollte man<br />
die aktuellen Lebensverhältnisse<br />
und bereits bestehende Versicherungsverträge<br />
berücksichtigen.<br />
„Bei Berufstätigen<br />
kann man sich an dem Alter<br />
und dem Einkommen orientieren“,<br />
sagt Frenz. Bei Personen<br />
bis 30 Jahren sollte die Grundinvaliditätssumme<br />
ungefähr<br />
das Sechsfache des Bruttojahreseinkommens<br />
betragen,<br />
bei bis 40-Jährigen das Fünffache<br />
und bis 50-Jährigen das<br />
Vierfache.<br />
Wie wichtig ist die Progression?<br />
Vereinbaren Versicherer<br />
und Kunde eine Progression,<br />
steigen die Versicherungsleistungen<br />
bei höheren Invaliditätsgraden<br />
deutlich an. Bei<br />
Vollinvalidität komme ein Vielfaches<br />
der Versicherungssumme<br />
zusammen, bemerkt Weidenbach.