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Die Schauspielerin (44)über ihreLiebe zum<br />
Film, ihren Sohn und darüber,was in<br />
Hollywood nach wie vor im Argen liegt<br />
Sie ist winzig, gerade etwas<br />
über 1,50 Meter groß. Aber<br />
sie strahlt Größe aus. Eva<br />
Longoria (44) sitzt in einem<br />
Sessel am Strand des Hotel<br />
Martinez in Cannes. Seit anderthalb<br />
Jahren ist sie Mutter. Ihre<br />
Babypause hat sie längst beendet,<br />
jetzt ist sie im Kino im Familienabenteuer<br />
„Doraund die goldene<br />
Stadt“ (Start 10. Oktober) zu sehen,<br />
eine Live-Action-Version<br />
der kultigen Zeichentrickserie.<br />
KURIER: Sie haben zwei Monate<br />
nach der Geburt Ihres Sohnes<br />
für „Dora und die goldene<br />
Stadt“ vor der Kamera gestanden?<br />
Eva Longoria: Ich musste einfach.<br />
In Deutschland kennt man<br />
„Dora“ kaum, was ist ihr Stellenwert<br />
in der hispanischen<br />
Kultur?<br />
Der Cartoon war immer schon<br />
Kult in unserer Gemeinschaft,<br />
vielleicht sogar eine globale Ikone.<br />
Mich riefen sogar meine<br />
Freunde aus London an und<br />
freuten sich, dass ich Doras<br />
Mutter Elena spiele.<br />
Daher<br />
war ich<br />
wirklich,<br />
wirklich<br />
aufgeregt. Das Drehbuch ist<br />
auch eine sehr gelungene Adaption<br />
des Cartoons.<br />
Wie haben Sie den Dreh mit Ihrem<br />
Kind organisiert?<br />
Die Sache mit dem Stillen war<br />
manchmal nicht einfach. Aber<br />
insgesamt war es am einfachsten,<br />
meine Familie einzupacken und<br />
nach Australien zu fliegen. Ich<br />
nehme meinen Sohn seitdem auf<br />
jede Reise mit. Er macht mir das<br />
Reisen aber auch einfach, weil<br />
Santiago so ein unkompliziertes<br />
Baby ist.<br />
Wie hat sich Ihr Leben verändert?<br />
Ich glaube, als mir am Set von<br />
„Dora“ das erste Mal wieder die<br />
Haare und ein Make-upgemacht<br />
wurden, sah mich mein Baby an,<br />
als wollte er sagen „Wer ist diese<br />
Frau? Wo ist meine Mutter?“ Ich<br />
kann mit ganzen Herzen sagen,<br />
dass es wahr ist, was die anderen<br />
erzählen: Das Leben hat sich<br />
schon deshalb so geändert, weil<br />
man das Kind so sehr liebt. Wenn<br />
ich ihn sehe, fühlt es sich an, als<br />
würde mein Herz außerhalb meines<br />
Körpers schlagen.<br />
Denken Sie jetzt anders?<br />
Ja, ich mache mir jetzt viel größere<br />
Sorgen um die Zukunft! Ich<br />
habe das Gefühl, die ganze Welt<br />
retten zu müssen, damit mein<br />
Sohn besser aufwachsen kann. Es<br />
mag naiv klingen, und ich war davor<br />
auch schon politisch engagiert,<br />
aber jetzt hat das noch mal<br />
eine ganz neue Dimension bekommen.<br />
Wir müssen vor allem<br />
die Umwelt für unsere Kinder<br />
retten.<br />
Wann haben Sie sich in die<br />
Schauspielerei verliebt?<br />
Nach dem College. Ich hatte ein<br />
Stipendium bekommen, um in<br />
Los Angeles an einem Modelund<br />
Talentwettbewerb teilzunehmen.<br />
Das war kurz vor Beginn<br />
meines Masterstudiums,<br />
ich wollte Bewegungswissenschaften<br />
studieren und mich<br />
auf Sportverletzungen spezialisieren.<br />
Aber dann gewann<br />
ich den Wettbewerb.<br />
Das ist 20 Jahre her.<br />
Wie ging es weiter?<br />
Ich habe als Statistin angefangen.<br />
Mit der Zeit wurden<br />
mir immer größere Rollen<br />
angeboten. Später fing ich<br />
an, als Produktionsassistentin<br />
zu jobben. Ich habe in<br />
dieser Zeit sehr viel gelernt.<br />
Ich weiß heute genau,<br />
wer welchen Job zu<br />
erledigen hat und merke<br />
sofort, wenn jemand seine<br />
Arbeit nicht macht.<br />
Heute sind Sie Schauspielerin,<br />
Produzentin und<br />
Regisseurin.<br />
Ich habe über zehn Jahre<br />
lang bei „Desperate Housewives“<br />
mitgespielt. Damals<br />
war es die größte<br />
Serie der Welt. Ich<br />
musste nicht viel mehr<br />
machen, als am Set meinen<br />
Text aufzusagen.<br />
Aber ich wollte über<br />
kreative Prozesse mitentscheiden,<br />
z.B. bestimmen,<br />
welcher meiner<br />
Takes verwendet<br />
wird oder Mitspracherecht<br />
beim Casting von<br />
neuen Kollegen haben.<br />
Ich habe auch die Zeit<br />
genutzt, um noch mehr<br />
über das Filmhandwerk zu lernen.<br />
Ich habe darauf geachtet,<br />
wie die Kameras und das Licht<br />
positioniert werden und auf jedes<br />
Detail, was technisch passierte –<br />
auch hinter der Kamera.<br />
Könnten Sie sich „Desperate<br />
Housewives“ auch auf der<br />
Leinwand als Kinoversion vorstellen?<br />
Ich weiß nicht, wir hatten oft ja<br />
nicht mal das Skript für den<br />
nächsten Drehtag in der Hand –<br />
ich möchte nicht wissen, wie es<br />
dann erst mit einem Filmskript<br />
gehen würde! (Lacht) Aber im<br />
Fernsehen waren wir Pioniere.<br />
Nicht nur, weil es in dieser Serie<br />
um Frauen ging, sondern sogar<br />
um ältere Frauen. Das war ein<br />
Meilenstein, mal moderne Frauen<br />
in den Mittelpunkt zu stellen.<br />
Für mich hat sich dadurch das<br />
Gesicht des Fernsehens verändert.<br />
Jetzt achte ich natürlich darauf,<br />
dass ich auch andere Frauen<br />
fördere.<br />
Haben Sie einen moralischen<br />
Kompass, der Ihnen im Job den<br />
Weg zeigt?<br />
Er hängt sehr von den Projekten<br />
ab. Bei der TV-Serie „Grand Hotel“<br />
war es mein Ziel, zu zeigen,<br />
dass Mexikaner durchaus auch<br />
wichtige Rollen in der Gesellschaft<br />
übernehmen können und<br />
nicht nur Dienstmädchen sind,<br />
die gebrochen Englisch sprechen.<br />
Außerdem konnte ich in der Serie<br />
vielen lateinamerikanischen Kollegen<br />
einen Chance geben. Wie<br />
oft werden Mexikaner nur als<br />
Hausmädchen oder Drogendealer<br />
gezeigt! Gegen diese Stereotypen<br />
wollte ich angehen.<br />
Haben weibliche Regisseure eine<br />
andere Arbeitsweise?<br />
Ich denke schon. Frauen würden<br />
eine Sex-Szene ganz anders<br />
inszenieren als Männer. Ich sage<br />
nicht, dass wir Frauen besser<br />
sind, wir machen es einfach nur<br />
anders. Es tut dem Filmgeschäft<br />
sehr gut, auch mal andere Perspektiven<br />
einzunehmen.<br />
Warum ist es immer noch so<br />
schwer für Frauen, im Filmgeschäft<br />
Fuß zu fassen?<br />
Meiner Meinung nach liegt das<br />
daran, dass es auch noch immer<br />
Die Schauspielerin<br />
mit Sohn Santiago.<br />
Der Kleine<br />
ist bei jedem<br />
Dreh dabei.<br />
Männer sind, die in<br />
den entscheidenden<br />
Positionen sitzen. Sie<br />
leiten die Filmstudios.<br />
Diese Positionen<br />
müssten auch diverser besetzt<br />
werden, mit Frauen und Menschen<br />
mit unterschiedlichen kulturellen<br />
Hintergründen.<br />
Würden Sie sich dafür anbieten?<br />
Klar, ich würde gerne ein Studio<br />
leiten. (Lacht) Dann könnte ich<br />
noch ein anders Problem anpacken,<br />
nämlich, dass Frauen keine<br />
zweite Chance bekommen. Falls<br />
ein Film kein Erfolg wird, war es<br />
das für gewöhnlich für eine Frau,<br />
sie wird nicht mehr engagiert.<br />
Männer kriegen dagegen öfter eine<br />
zweite Chance. Selbst nach<br />
Flops werden ihnen noch die<br />
tollsten Projekte angeboten. Da<br />
fasst man sich wirklich oft an den<br />
Kopf.<br />
Wie haben Sie gemerkt, dass<br />
Sie weniger verdienen als Ihre<br />
männlichen Kollegen?<br />
Das war knifflig. Es hieß immer:<br />
„Willst du den Job nun oder<br />
nicht?“ Natürlich wollte ich arbeiten!<br />
Aber meine Agentin war<br />
nicht blöd, die hat schnell herausgefunden,<br />
dass bei denselben Filmen<br />
die Männer mehr verdienen.<br />
So kam es raus. Aber grundsätzlich<br />
gibt es in jeder Branche überall<br />
auf der Welt das Problem, dass<br />
Frauen für die gleiche Arbeit weniger<br />
gezahlt bekommen als<br />
Männer, auch bei Zahnärzten<br />
oder Anwälten. Da muss sich gesellschaftlich,<br />
aber auch bei der<br />
Gesetzgebung ganz viel ändern.<br />
Sie sind in einer großen Familie<br />
aufgewachsen. Welche Ihrer<br />
drei Schwestern steht Ihnen<br />
besonders nah?<br />
Meine älteste Schwester Elizabeth.<br />
Sie ist geistig behindert,<br />
aber war schon immer das Licht<br />
unserer Familie. Sie ist sehr witzig<br />
und in jeder Hinsicht einfach<br />
erstaunlich. Ich habe ihr zu Ehren<br />
in unserer Heimatstadt San<br />
Antonio eine Charity gegründet,<br />
„Eva’s Heroes“, die Kinder mit<br />
geistigen Behinderungen unterstützt.<br />
Diese Stiftung ist nur aus<br />
der Erfahrung mit meiner<br />
Schwester entstanden. Es ist gut,<br />
denen etwas zurückgeben zu<br />
können, die uns so sehr unterstützt<br />
haben.<br />
Interview: Mariam Schaghaghi