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Berliner Kurier 13.10.2019

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17<br />

Die Schauspielerin (44)über ihreLiebe zum<br />

Film, ihren Sohn und darüber,was in<br />

Hollywood nach wie vor im Argen liegt<br />

Sie ist winzig, gerade etwas<br />

über 1,50 Meter groß. Aber<br />

sie strahlt Größe aus. Eva<br />

Longoria (44) sitzt in einem<br />

Sessel am Strand des Hotel<br />

Martinez in Cannes. Seit anderthalb<br />

Jahren ist sie Mutter. Ihre<br />

Babypause hat sie längst beendet,<br />

jetzt ist sie im Kino im Familienabenteuer<br />

„Doraund die goldene<br />

Stadt“ (Start 10. Oktober) zu sehen,<br />

eine Live-Action-Version<br />

der kultigen Zeichentrickserie.<br />

KURIER: Sie haben zwei Monate<br />

nach der Geburt Ihres Sohnes<br />

für „Dora und die goldene<br />

Stadt“ vor der Kamera gestanden?<br />

Eva Longoria: Ich musste einfach.<br />

In Deutschland kennt man<br />

„Dora“ kaum, was ist ihr Stellenwert<br />

in der hispanischen<br />

Kultur?<br />

Der Cartoon war immer schon<br />

Kult in unserer Gemeinschaft,<br />

vielleicht sogar eine globale Ikone.<br />

Mich riefen sogar meine<br />

Freunde aus London an und<br />

freuten sich, dass ich Doras<br />

Mutter Elena spiele.<br />

Daher<br />

war ich<br />

wirklich,<br />

wirklich<br />

aufgeregt. Das Drehbuch ist<br />

auch eine sehr gelungene Adaption<br />

des Cartoons.<br />

Wie haben Sie den Dreh mit Ihrem<br />

Kind organisiert?<br />

Die Sache mit dem Stillen war<br />

manchmal nicht einfach. Aber<br />

insgesamt war es am einfachsten,<br />

meine Familie einzupacken und<br />

nach Australien zu fliegen. Ich<br />

nehme meinen Sohn seitdem auf<br />

jede Reise mit. Er macht mir das<br />

Reisen aber auch einfach, weil<br />

Santiago so ein unkompliziertes<br />

Baby ist.<br />

Wie hat sich Ihr Leben verändert?<br />

Ich glaube, als mir am Set von<br />

„Dora“ das erste Mal wieder die<br />

Haare und ein Make-upgemacht<br />

wurden, sah mich mein Baby an,<br />

als wollte er sagen „Wer ist diese<br />

Frau? Wo ist meine Mutter?“ Ich<br />

kann mit ganzen Herzen sagen,<br />

dass es wahr ist, was die anderen<br />

erzählen: Das Leben hat sich<br />

schon deshalb so geändert, weil<br />

man das Kind so sehr liebt. Wenn<br />

ich ihn sehe, fühlt es sich an, als<br />

würde mein Herz außerhalb meines<br />

Körpers schlagen.<br />

Denken Sie jetzt anders?<br />

Ja, ich mache mir jetzt viel größere<br />

Sorgen um die Zukunft! Ich<br />

habe das Gefühl, die ganze Welt<br />

retten zu müssen, damit mein<br />

Sohn besser aufwachsen kann. Es<br />

mag naiv klingen, und ich war davor<br />

auch schon politisch engagiert,<br />

aber jetzt hat das noch mal<br />

eine ganz neue Dimension bekommen.<br />

Wir müssen vor allem<br />

die Umwelt für unsere Kinder<br />

retten.<br />

Wann haben Sie sich in die<br />

Schauspielerei verliebt?<br />

Nach dem College. Ich hatte ein<br />

Stipendium bekommen, um in<br />

Los Angeles an einem Modelund<br />

Talentwettbewerb teilzunehmen.<br />

Das war kurz vor Beginn<br />

meines Masterstudiums,<br />

ich wollte Bewegungswissenschaften<br />

studieren und mich<br />

auf Sportverletzungen spezialisieren.<br />

Aber dann gewann<br />

ich den Wettbewerb.<br />

Das ist 20 Jahre her.<br />

Wie ging es weiter?<br />

Ich habe als Statistin angefangen.<br />

Mit der Zeit wurden<br />

mir immer größere Rollen<br />

angeboten. Später fing ich<br />

an, als Produktionsassistentin<br />

zu jobben. Ich habe in<br />

dieser Zeit sehr viel gelernt.<br />

Ich weiß heute genau,<br />

wer welchen Job zu<br />

erledigen hat und merke<br />

sofort, wenn jemand seine<br />

Arbeit nicht macht.<br />

Heute sind Sie Schauspielerin,<br />

Produzentin und<br />

Regisseurin.<br />

Ich habe über zehn Jahre<br />

lang bei „Desperate Housewives“<br />

mitgespielt. Damals<br />

war es die größte<br />

Serie der Welt. Ich<br />

musste nicht viel mehr<br />

machen, als am Set meinen<br />

Text aufzusagen.<br />

Aber ich wollte über<br />

kreative Prozesse mitentscheiden,<br />

z.B. bestimmen,<br />

welcher meiner<br />

Takes verwendet<br />

wird oder Mitspracherecht<br />

beim Casting von<br />

neuen Kollegen haben.<br />

Ich habe auch die Zeit<br />

genutzt, um noch mehr<br />

über das Filmhandwerk zu lernen.<br />

Ich habe darauf geachtet,<br />

wie die Kameras und das Licht<br />

positioniert werden und auf jedes<br />

Detail, was technisch passierte –<br />

auch hinter der Kamera.<br />

Könnten Sie sich „Desperate<br />

Housewives“ auch auf der<br />

Leinwand als Kinoversion vorstellen?<br />

Ich weiß nicht, wir hatten oft ja<br />

nicht mal das Skript für den<br />

nächsten Drehtag in der Hand –<br />

ich möchte nicht wissen, wie es<br />

dann erst mit einem Filmskript<br />

gehen würde! (Lacht) Aber im<br />

Fernsehen waren wir Pioniere.<br />

Nicht nur, weil es in dieser Serie<br />

um Frauen ging, sondern sogar<br />

um ältere Frauen. Das war ein<br />

Meilenstein, mal moderne Frauen<br />

in den Mittelpunkt zu stellen.<br />

Für mich hat sich dadurch das<br />

Gesicht des Fernsehens verändert.<br />

Jetzt achte ich natürlich darauf,<br />

dass ich auch andere Frauen<br />

fördere.<br />

Haben Sie einen moralischen<br />

Kompass, der Ihnen im Job den<br />

Weg zeigt?<br />

Er hängt sehr von den Projekten<br />

ab. Bei der TV-Serie „Grand Hotel“<br />

war es mein Ziel, zu zeigen,<br />

dass Mexikaner durchaus auch<br />

wichtige Rollen in der Gesellschaft<br />

übernehmen können und<br />

nicht nur Dienstmädchen sind,<br />

die gebrochen Englisch sprechen.<br />

Außerdem konnte ich in der Serie<br />

vielen lateinamerikanischen Kollegen<br />

einen Chance geben. Wie<br />

oft werden Mexikaner nur als<br />

Hausmädchen oder Drogendealer<br />

gezeigt! Gegen diese Stereotypen<br />

wollte ich angehen.<br />

Haben weibliche Regisseure eine<br />

andere Arbeitsweise?<br />

Ich denke schon. Frauen würden<br />

eine Sex-Szene ganz anders<br />

inszenieren als Männer. Ich sage<br />

nicht, dass wir Frauen besser<br />

sind, wir machen es einfach nur<br />

anders. Es tut dem Filmgeschäft<br />

sehr gut, auch mal andere Perspektiven<br />

einzunehmen.<br />

Warum ist es immer noch so<br />

schwer für Frauen, im Filmgeschäft<br />

Fuß zu fassen?<br />

Meiner Meinung nach liegt das<br />

daran, dass es auch noch immer<br />

Die Schauspielerin<br />

mit Sohn Santiago.<br />

Der Kleine<br />

ist bei jedem<br />

Dreh dabei.<br />

Männer sind, die in<br />

den entscheidenden<br />

Positionen sitzen. Sie<br />

leiten die Filmstudios.<br />

Diese Positionen<br />

müssten auch diverser besetzt<br />

werden, mit Frauen und Menschen<br />

mit unterschiedlichen kulturellen<br />

Hintergründen.<br />

Würden Sie sich dafür anbieten?<br />

Klar, ich würde gerne ein Studio<br />

leiten. (Lacht) Dann könnte ich<br />

noch ein anders Problem anpacken,<br />

nämlich, dass Frauen keine<br />

zweite Chance bekommen. Falls<br />

ein Film kein Erfolg wird, war es<br />

das für gewöhnlich für eine Frau,<br />

sie wird nicht mehr engagiert.<br />

Männer kriegen dagegen öfter eine<br />

zweite Chance. Selbst nach<br />

Flops werden ihnen noch die<br />

tollsten Projekte angeboten. Da<br />

fasst man sich wirklich oft an den<br />

Kopf.<br />

Wie haben Sie gemerkt, dass<br />

Sie weniger verdienen als Ihre<br />

männlichen Kollegen?<br />

Das war knifflig. Es hieß immer:<br />

„Willst du den Job nun oder<br />

nicht?“ Natürlich wollte ich arbeiten!<br />

Aber meine Agentin war<br />

nicht blöd, die hat schnell herausgefunden,<br />

dass bei denselben Filmen<br />

die Männer mehr verdienen.<br />

So kam es raus. Aber grundsätzlich<br />

gibt es in jeder Branche überall<br />

auf der Welt das Problem, dass<br />

Frauen für die gleiche Arbeit weniger<br />

gezahlt bekommen als<br />

Männer, auch bei Zahnärzten<br />

oder Anwälten. Da muss sich gesellschaftlich,<br />

aber auch bei der<br />

Gesetzgebung ganz viel ändern.<br />

Sie sind in einer großen Familie<br />

aufgewachsen. Welche Ihrer<br />

drei Schwestern steht Ihnen<br />

besonders nah?<br />

Meine älteste Schwester Elizabeth.<br />

Sie ist geistig behindert,<br />

aber war schon immer das Licht<br />

unserer Familie. Sie ist sehr witzig<br />

und in jeder Hinsicht einfach<br />

erstaunlich. Ich habe ihr zu Ehren<br />

in unserer Heimatstadt San<br />

Antonio eine Charity gegründet,<br />

„Eva’s Heroes“, die Kinder mit<br />

geistigen Behinderungen unterstützt.<br />

Diese Stiftung ist nur aus<br />

der Erfahrung mit meiner<br />

Schwester entstanden. Es ist gut,<br />

denen etwas zurückgeben zu<br />

können, die uns so sehr unterstützt<br />

haben.<br />

Interview: Mariam Schaghaghi

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