advantage Nr 5 November 2019
Vorteil in Wirtschaft und Leben
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58 <strong>advantage</strong><br />
——— I n t e r v i e w ———<br />
mit Wirtschaftskammerpräsident Jürgen Mandl<br />
„Etappensieg für Kleinunternehmen“<br />
In der Zeit vor der Nationalratswahl konnte die Wirtschaftskammer noch die<br />
erste Etappe der ursprünglich geplanten Steuerreform durchs Parlament bringen.<br />
Durch Steuervorteile und bürokratische Erleichterungen ersparen sich Kärntens<br />
Klein- und Mittelbetriebe mindestens sieben Millionen Euro – jedes Jahr,<br />
erklärt Wirtschaftskammerpräsident Jürgen Mandl im Interview.<br />
Die neue Werbelinie der Kammer<br />
verspricht: „Ihr nächstes Handy zahlt<br />
das Finanzamt“. Was soll das heißen?<br />
Was wir sagen – nur in verständlicher Sprache.<br />
„Die Erhöhung der Wertgrenze für<br />
geringwertige Wirtschaftsgüter von 400 auf<br />
800 Euro pro Jahr“ wäre die genaue Formulierung.<br />
Aber hinter diesem terminus technicus<br />
versteckt sich eine spürbare Erleichterung<br />
für kleine und mittlere Unternehmen:<br />
Das bedeutet nämlich, sie können das neue<br />
Smartphone, den Laptop, den kreuzschonenden<br />
Schreibtischsessel, den ordentlichen<br />
Bürodrucker und andere betriebliche Anschaffungen<br />
bis zu 800 Euro ab 1.1.2020<br />
zur Gänze im Anschaffungsjahr von der<br />
Steuer absetzen.<br />
WK-Präsident Jürgen Mandl.<br />
Foto: Helge Bauer<br />
Was konnten Sie noch erreichen?<br />
In der speziellen Situation vor der Wahl ist es<br />
uns gelungen, auch noch die Kleinunternehmergrenze<br />
auf 35.000 Euro zu erhöhen und<br />
die Steuerpauschalierung auszuweiten. Rund<br />
300.000 betroffene österreichische Unternehmerinnen<br />
und Unternehmer bis zu<br />
einem Jahresumsatz von 35.000 Euro können<br />
in Zukunft pauschal 45 Prozent des<br />
Umsatzes als Betriebsausgaben bei der Steuer<br />
geltend machen. Für reine Dienstleistungsunternehmen<br />
gilt ein Satz von 20 Prozent.<br />
Zusätzlich können noch Pflichtbeiträge zur<br />
Sozialversicherung abgezogen werden. Damit<br />
fallen Einkommenssteuererklärung, Wareneingangsbuch<br />
und Anlagenkartei für die<br />
betroffenen Unternehmerinnen und Unternehmer<br />
praktisch weg. Das scheint auf den<br />
ersten Blick vielleicht nicht so aufregend,<br />
spart aber 50.000 Steuererklärungen und<br />
eine Million Arbeitsstunden, die nicht für<br />
Bürokratie aufgewendet werden müssen.<br />
Und was bringt das konkret?<br />
Für ganz Österreich bedeutet das eine Steuererleichterung<br />
für Ein-Personen- und kleine<br />
Betriebe von etwa 75 Millionen Euro, auf<br />
Kärnten entfallen rund sieben Millionen<br />
Euro, die sich KMU ab dem nächsten Jahr<br />
ersparen. Da ist die Senkung der Krankenversicherungsbeiträge<br />
noch gar nicht mitgerechnet.<br />
Aus meiner Sicht ein klarer Etappensieg<br />
für Kleinunternehmen, den wir<br />
natürlich zum Anlass nehmen, um weitere<br />
Erleichterungen auf Schiene zu bringen.<br />
Die Industrie profitiert davon kaum.<br />
Deshalb setzen wir uns stark dafür ein, dass<br />
auch der zweite Teil der ursprünglich geplanten<br />
Steuerreform kommt. Die Lohnund<br />
Einkommensteuertarife müssen gesenkt<br />
werden, damit für alle mehr Netto vom<br />
Brutto bleibt. Das bringt eine Entlastung<br />
der Arbeiternehmer sowie vieler Unternehmer<br />
und stärkt die Kaufkraft. Wir beharren<br />
auch auf unserer Forderung nach Senkung<br />
der Körperschaftssteuer: Mit 25 Prozent<br />
liegen wir deutlich über dem Schnitt in<br />
Europa. Und wir wollen einen Freibetrag<br />
auf Investitionen in Gebäude, Fahrzeuge<br />
und Maschinen in Höhe von 20 Prozent,<br />
bei Klima- und Umweltschutz sogar 30 Prozent.<br />
Daran werden wir die künftige Regierung<br />
messen. |