advantage Nr 5 November 2019
Vorteil in Wirtschaft und Leben
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64 <strong>advantage</strong><br />
——— Duell mit spitzer Feder ———<br />
SUV statt Suff<br />
Früher bekämpfte man den Suff, heute das SUV. Der eine pflegt den schlanken<br />
ökologischen Fußabdruck des City-Rades, für den andern beginnt Bodenhaftung bei 285/55/20.<br />
Wie wird des weitergehn?<br />
Peter Schöndorfer<br />
Imposant, männlich, teuer – so wirkt<br />
die mittlerweile medial schwer in Verruf<br />
geratene Fahrzeuggattung der SUV<br />
auf die meisten Menschen und wird genau<br />
deshalb entweder vergöttert oder verteufelt.<br />
Selbstverständlich geht es den SUV-Gegnern dabei ausschließlich<br />
um Sprit- und Platzverbrauch; der Hinweis darauf, dass kaum<br />
Menschen diese Autos kritisieren, die sie sich auch leisten könnten,<br />
würde von den ausnahmslos guten und wahren Motiven der<br />
rein umweltbedingten Ablehnung ablenken.<br />
Wie in vielen anderen unbequemen Fragen unserer Zeit bestimmt<br />
auch hier der Standort den Standpunkt. Dabei geht es um die<br />
Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe - zum Beispiel jener der<br />
militanten Radfahrer, bei denen die „fetten Panzer“ besonders<br />
schlecht ankommen – ebenso wie um die geografischen Lebensumstände.<br />
Denn zugegeben kann man in den ausgedehnten<br />
3D-Landschaften der österreichischen Alpen ein ausreichend<br />
motorisiertes, allradgetriebenes Auto deutlich eher als Garant für<br />
ein erfülltes und langes Landleben rechtfertigen als in Wien, um<br />
die Büffelsalami vom Naschmarkt standesgemäß in den 19.<br />
Bezirk zu transportieren.<br />
Vielleicht geht es aber bei der ökologisch korrekten sozialen Ächtung<br />
des SUV gar nicht um das Auto, sondern um den Fahrer.<br />
Steht in Wahrheit nicht das bunte Blech den anderen Verkehrsteilnehmern<br />
oder Stadtbewohnern im Weg, sondern vielmehr<br />
die ungeniert zur Schau gestellte ökonomische Besserstellung der<br />
Person hinterm Lenkrad? Ist es doch nur der blanke Neid, der<br />
sich hinter dem vorgeblichen Kampf um den Meeresspiegel oder<br />
Bruder Baum in der engen City verbirgt?<br />
Früher hieß es, die persönliche Freiheit des Einzelnen reiche so<br />
weit, wie sie nicht in jene anderer Menschen eingreife. Über das<br />
Thema Umwelt, Luft und Klima werden nun endlich alle Menschen<br />
Brüder – eine irritierende Vorstellung, schön und schrecklich<br />
zugleich. Geht es wirklich andere Leute etwas an, welches<br />
Auto man sich kauft? „Wie hört des auf, wie wird des weitergehn?“,<br />
fragte sich der große Wolfgang Ambros – wenn auch aus<br />
anderen Gründen – schon 1977.<br />
Und heute wissen wir’s immer noch nicht. |<br />
Über den Abgaswolken<br />
Gilbert Waldner<br />
Heißt es eigentlich der SUV oder<br />
das SUV? Ich würde vorschlagen<br />
DER. Heißt ja auch DER Panzer<br />
mit DEM Geschützturm. Wie hat sich dieser<br />
Fahrzeugtyp, der vorgibt, ein Geländewagen<br />
zu sein (aber keiner ist), überhaupt durchsetzen können?<br />
Gerade in den Städten, wo der Platz begrenzt und kostbar ist? Die<br />
Dinger passen auf keinen Parkplatz, stehen mitten in die Straßen<br />
und Fahrradwege hinein. In den meisten Tiefgaragen sind sie<br />
sowieso unmanövrierbar. Sie brauchen deutlich mehr Sprit, stoßen<br />
noch deutlicher mehr klimaschädliches CO 2 aus und sind<br />
überhaupt sowas von unkorrekt.<br />
Und doch… Bei Männern mag man es noch mit dem „Ich hab‘<br />
den größeren“ abtun, aber bei Frauen? Vielleicht versuchen wir es<br />
hier mal mit „Ich hab‘ den sichereren und ich hab‘ die Übersicht.“<br />
Tatsächlich geht ein Unfall mit einem SUV als Unfallgegner allein<br />
schon wegen des schieren Gewichts für den flachen Kleinwagen<br />
ziemlich schlimm aus. Auf den schau ich ja runter. Wenn wir<br />
zusammenkrachen, dann fährt der Autozwerg da irgendwo unter<br />
mir durch.<br />
Ja, über den Abgaswolken, da muss die Freiheit wohl grenzenlos<br />
sein (für die Jüngeren unter ihnen, das ist eine Paraphrase auf ein<br />
Lied von Reinhard Mey). Freie Fahrt für freie SUVs. Es ist im<br />
Sinne des Klimaschutzes schon gnadenlos, wie wir es immer wieder<br />
schaffen, die technologischen Vorteile der Effizienzsteigerung<br />
von windschlüpfrigen Karosserien und spritsparenden Motoren<br />
durch derartige Elefanten im klimapolitischen Porzellanladen zu<br />
konterkarieren. Zwar geht es jetzt mitunter auch einige Nummern<br />
kleiner, die schwachbrüstigeren Brüder der großen SUVs<br />
sind aber immer noch keine Schmalspur-Versionen. Wegen der<br />
übergroßen Pneus kostet der Komplettsatz Winterräder auch hier<br />
mittlerweile solide zwei Monatsgehälter eines Durchschnittsverdieners.<br />
Außerdem bauen die gewaltigen Radkästen so weit in<br />
den Innenraum, dass man bei einem von außen groß wirkenden<br />
Vehikel mit dem Platzangebot eines Kleinwagens vorliebnehmen<br />
muss.<br />
Daher mein Appell: Leute, schwingt Euch aufs Rad! Da habt Ihr<br />
auch eine höhere Sitzposition und hört wenigstens, was rund um<br />
Euch vorgeht. Am Radweg zumindest ist das auch noch ein relativ<br />
sicheres und gesundheitsförderndes Sich-Fortbewegen. |