Loccumer Pelikan 4/2019
Mensch und Tier
Mensch und Tier
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praktisch 31<br />
MARTINA STEINKÜHLER<br />
Hat Gott auch an die Tiere<br />
gedacht?<br />
Ein Weg durch die Bibel mit Lieblingstieren.<br />
Stationenarbeit für Grundschulkinder<br />
Vorüberlegungen zum Thema<br />
Ein Blick auf die Umschläge von Kinderbibeln<br />
beantwortet die titelgebende Frage: Natürlich<br />
hat Gott an die Tiere gedacht; von jedem ein<br />
Paar durfte mit in die Arche. Und doch ist die<br />
Frage komplexer. Menschen dürfen sich – nach<br />
Aussage der Bibel – mit Gott auf „Du“ und<br />
„Du“ fühlen, z.B. wenn sie beten. Die Psalmen<br />
machen es deutlich. Und die Tiere? Gott zeigt<br />
sich Menschen, spricht mit ihnen, nimmt sie<br />
in die Verantwortung und verheißt ihnen Segen.<br />
In den Mose- und Erzelterngeschichten ist<br />
das zu erleben. Und die Tiere? In Jesus erfahren<br />
Menschen Gottes Nähe; sie träumen mit<br />
ihm von einem Himmelreich, in dem Gott und<br />
Mensch miteinander Schalom haben. Und die<br />
Tiere?<br />
Kinder, die Tiere lieben, treibt das um: Sie<br />
fragen nach dem Verbleib der Tiere in Krieg<br />
und Untergang, fragen nach einer Taufe für Tiere<br />
und nach einem Tier-, Haustier-, Kuscheltierhimmel.<br />
Ganz elementar: Wer mich liebt, der<br />
liebt doch auch, was ich liebe, nicht wahr? Unbedingt<br />
einleuchtend, dachte ich, als ich im Kindergottesdienst<br />
mit solchen Fragen und Erwartungen<br />
konfrontiert war – und machte mich<br />
daran, Belege zu suchen.<br />
Nun ist es mit der Bibel ja so: Ich finde immer<br />
und – ein bisschen um die Ecke gedacht – für<br />
fast alles Belege, auch für ganz widersprüchliche<br />
Thesen. Anders – ernsthafter und theologischer<br />
– formuliert: Die Bibel ist ein Buch der<br />
versöhnten Gegensätze. Sie versammelt eine<br />
ungeheure Lebensweisheit; vor allem weiß sie,<br />
was Menschen, denke ich, wieder neu lernen<br />
müssen: Das Wichtige im Leben hat zwei Pole,<br />
die zueinander gehören wie Ying und Yang<br />
(also, das ist natürlich eine andere Tradition!):<br />
Der Mensch ist gut und böse; Gott ist fern<br />
und nah; Jesus ist Gott und Mensch, gestorben<br />
und auferstanden; Natur ist kostbar und profan.<br />
Tiere sind Gottes gesegnete Geschöpfe wie die<br />
Menschen und wurden am selben Tag geschaffen<br />
(Gen 1,24-28) – und: Tiere sind dem Menschen<br />
untergeordnet (Gen 1,28). Tiere sind dem<br />
Menschen zu Gefährten bestimmt (Gen 2,19)<br />
– und sie genügen ihm nicht dauerhaft als Gegenüber<br />
(Gen 2,20). Tiere sind nicht als Speise<br />
der Menschen vorgesehen (Gen 1,29), und: Unter<br />
Vorbehalt darf er sie essen (Gen 9,3f.). Tiere<br />
werden nach Gottes Anweisung geopfert (z.B.<br />
Gen 22,13); und: Lieber als Opfer hat Gott Achtsamkeit,<br />
Zuneigung und Treue (z.B. Hos 6,6).<br />
Es finden sich viele Stellen, an denen die<br />
Bibel wertschätzend von Tieren spricht, ihnen<br />
aktive Rollen zugesteht oder ihre Passivität respektiert.<br />
Es gibt Stellen, in denen Tiere als Bilder<br />
verwendet werden, dem Menschen zum Sinnbild<br />
oder Vorbild. Und es gibt Stellen, da zählen<br />
Tiere schlicht gar nichts – in Krieg, Zerstörung,<br />
Vernichtung; das sind die gleichen Stellen,<br />
an denen auch Menschenleben nichts zählen. 1<br />
1<br />
Vielsagend anders ist das am Ende der Jona-Geschichte:<br />
Da plädiert Gott für Gnade mit den Menschen<br />
– und umso mehr mit den Tieren!, vgl. Jona<br />
4,11: „Und mich sollte nicht jammern Ninive, eine so<br />
große Stadt, in der mehr als 120.000 Menschen sind,<br />
die nicht wissen, was rechts und links ist, dazu auch<br />
viele Tiere?“<br />
<strong>Loccumer</strong> <strong>Pelikan</strong> | 4/ <strong>2019</strong>