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Berliner Kurier 07.12.2019

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Bilder:visitBerlin, Foto:DagmarSchwelle; visitBerlin; Foto:Günter Steffen; BBU<br />

Eine offene Atmosphäre, in der jeder nach<br />

seiner Façon leben kann, macht Berlin zum<br />

beliebten Reiseziel. Dass müsse so bleiben, um<br />

die Stadt für Besucher wie Einwohner weiterhin<br />

lebenswert zu machen, sagt BBU-ChefinKern.<br />

IM GESPRÄCH MIT<br />

MAREN KERN<br />

Maren Kern istChefin desVerbandesBerlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen e. V. (BBU), desgrößten und ältestenwohnungswirtschaftliche<br />

Verbandesder Hauptstadtregion.<br />

Berlinist eines der Top-Reiseziele in Europa. Wie<br />

sollsichdie Stadtentwickeln,damitsie attraktiv für<br />

Gästeund lebenswert fürdie Einwohnerbleibt?<br />

Am wichtigsten ist eine offene Atmosphäre,<br />

glaube ich. Die Menschen müssen sich hier<br />

weiterhin willkommen fühlen. Im Auge zu<br />

behalten ist die Infrastruktur. Interessant<br />

fände ich, wenn es auch beim Tourismus eine<br />

engere Kooperation zwischen Berlin und<br />

Brandenburg gäbe, weil man ja geschichtlich<br />

sehr eng miteinander verzahnt ist.<br />

Wasschätzen Sie an unserer Stadt?<br />

Dass hier alle nach ihrer Façon leben können.<br />

<strong>Berliner</strong>findet sich ein Stück weit immer<br />

wieder neu. Im Zuge ihrer sehr wechselvollen<br />

Geschichte hat die Stadt oft Unglaubliches<br />

geleistet –wie das Zusammenwachsen<br />

in den letzten 30 Jahren. Deshalb bin ich<br />

überzeugt, dass wir ihr derzeitiges Wachstum<br />

bewältigen können, mit allem was dazugehört<br />

–mehr Wohnungen, mehr und bessere<br />

Infrastruktur,eine stärkere Verwaltung.<br />

Maren Kern<br />

Berlin wird im Jahr 2030 voraussichtlich 430.000<br />

Einwohner mehr haben als noch im Jahr 2010.Wie<br />

reagieren die Wohnungsunternehmen darauf?<br />

Ganz klar: mit Neubau. Unsere Mitgliedsunternehmen<br />

wollen in den nächsten fünf<br />

Jahren rund 45.000 neue Mietwohnungen<br />

bauen, ein Zuhause für mehr als 100.000<br />

Menschen. Allerdings stammen diese Planungen<br />

aus der Zeit, als noch nicht über einen<br />

„<strong>Berliner</strong> Mietendeckel“ nach-gedacht<br />

wurde. Wir nehmen an, dass der die Investitionsmöglichkeiten<br />

unserer Mitglieder um<br />

eine Milliarde Euro pro Jahr verringern würde.<br />

Das wären fast 6.200 neue Wohnungen<br />

pro Jahr.<br />

Bleiben die Mieten für Ur-<strong>Berliner</strong> und Hinzugezogene<br />

mit geringerem Einkommen bezahlbar?<br />

Berlin ist zum Glück eine der günstigsten<br />

Metropolen in Deutschland und Europa.<br />

Die Mieten sind mit durchschnittlich 6,72<br />

Euro laut Mietspiegel vom Mai 2019 nicht<br />

nur deutlich niedriger als in Hamburg,<br />

München oder Köln, sondern auch als in<br />

Freiburg oder Heidelberg. Bei unseren Unternehmen<br />

–sie stehen mit ihren 715.000<br />

Wohnungen für 43 Prozent des <strong>Berliner</strong><br />

Mietwohnungs-bestandes – liegen die<br />

Durchschnittsmieten mit 6,15 Euro sogar<br />

ein ganzes Stück unter dem Durchschnitt.<br />

Weil nicht genug neu gebaut wird, können<br />

schwarze Schafe die Lage ausnutzen,umbei<br />

neuen Verträgen abstruse Mieten zu verlangen.<br />

Hier muss die Mietpreisbremse durchgesetzt<br />

werden.<br />

Welche Rolle spielen die Genossenschaften?<br />

Berlin ist mit seiner mehr als 130 Jahre zurückreichenden<br />

Genossenschaftstradition<br />

und seinem Bestand von rund 200.000 Genossenschaftswohnungen<br />

so etwas wie die<br />

„Genossenschaftshauptstadt“. Wir haben<br />

einige der ältesten und auch der größten<br />

Genossenschaften in Deutsch-land. Seit jeher<br />

leisten sie einen ganz wichtigen Beitrag<br />

zur Wohnraumversorgung breiter Bevölkerungsschichten<br />

– mit Bestandsmieten von<br />

5,60 im Durchschnitt. Die Politik müsste<br />

viel mehr dafür tun, damit auch sie deutlich<br />

mehr bauen können. Derzeit sind es rund<br />

600 Wohnungen pro Jahr,bauen würden sie<br />

gerne 2.000. Das geht nur mit entsprechenden<br />

Rahmenbedingungen –womit wir wieder<br />

beim „Mietendeckel“ wären. Außerdem<br />

brauchen sie mehr bezahlbares Bauland.<br />

Wie schätzen Sie die Entwicklung auf dem Immobiliensektor<br />

in denkommenden Jahren ein?<br />

Das ist im Moment kaum vorherzusagen.<br />

Da sind nicht nur der Mietendeckel, sondern<br />

auch die Enteignungsdiskussion oder Forderungen,<br />

dass die Grundsteuer nicht mehr auf<br />

die Betriebskos-ten umgelegt werden soll. Das<br />

würde zuLasten nicht nur des Neubaus, sondern<br />

auch beispiels-weise des Klimaschutzes<br />

gehen. Das kann nicht Ziel der Politik sein.<br />

DasInterview führte Angelika Giorgis

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